Taylor Jackson 03 - Judasmord
Doppelbett halb verdeckt. Ganz vorsichtig durchquerten sie alle den Raum. Niemand wollte verantwortlich dafür sein, irgendein Beweisstück zu zerstören, das sie vielleicht finden würden. Das Zimmer wargut zwölf Meter breit; das Bett stand mittig vor der rückwärtigen Wand, sodass zu jeder Seite knapp viereinhalb Meter Platz blieben. Die Leiche lag in dem südlichen Quadranten des Zimmers. Taylor hörte, dass Tim sich Notizen machte, während sie zur anderen Seite des Raumes gingen.
Corinne Wolff war barfuß. Sie hatte die Knie zur Brust gezogen und lag halb auf der Seite, halb auf dem Bauch. Ihre schokoladenfarbenen Augen standen offen, doch sie sahen nichts mehr. Die Iriden sahen wie klebriger Kaffee aus. Ihr braunes Haar war verklebt von Blut, das aus einer offensichtlichen Wunde auf ihrer Stirn gesickert war. Ihr Kiefer war gebrochen und ragte auf obszöne Weise Richtung Decke. Der gesamte Körper war irgendwie schief; ihre Arme ausgestreckt, als hätte sie versucht, den Fall zu bremsen, sich dann aber doch anders entschieden. Sie trug einen Slip und einen Sport-BH, über ihre Leibesmitte war eine pinkfarbene Decke gebreitet. Eine dicke Blutpfütze, ungefähr sechzig Zentimeter lang und dreißig Zentimeter breit, umgab ihren Kopf und ihren Oberkörper. Ein kleines Plüschtier war in ihre Armbeuge gesteckt worden. Fußspuren führten um den Körper herum, von ihm weg, zu ihm hin. An Corinnes Seite war das Blut verwischt worden.
Taylor und Sam traten näher. „Oh Mann“, flüsterte Sam. „Das arme Ding.“
„Corinne oder Hayden?“
„Beide.“
Taylor war sich nicht sicher, was sie mehr störte, der in Corinnes Armbeuge steckende Teddybär, die über ihre Halbnacktheit gebreitete Decke oder das Arztset aus Plüsch, das neben ihrem Kopf stand. Ihre Tochter, die nicht verstanden hatte, was passiert war, hatte versucht zu helfen. Sie hatte es geschafft, ein großes Spielzeugpflaster auf den Handrücken ihrer Mutter zu legen. Hayden hatte versucht, sie heil zu machen. Und dann hatte sie sich neben sie gelegt und sich dabei ganz mit Blut besudelt.
Sie machten die notwendigen Fotos und Videoaufnahmen, dann war Sam dran. Sie zog die Decke zurück und sah die Anzeichen für die Schwangerschaft.
„Oh mein Gott, ich hasse das.“ Sie tastete den Leichnam ab. „Sie ist kalt und beweglich. Das Blut ist in den Teppich gesickert und klebrig. Den genauen Todeszeitpunkt kann ich erst sagen, wenn ich währendder Autopsie eine Temperaturmessung vorgenommen habe, aber das sollte dir einen ersten groben Zeitrahmen geben. Rigor Mortis hat sich komplett aufgelöst. Livor Mortis hat eingesetzt. Die Verfärbungen stimmen mit einem Körper überein, der seit Eintritt des Todes in derselben Position gelegen hat. Sie ist seit mindestens sechsunddreißig Stunden tot. Ich würde sagen, sie ist direkt hier getötet worden, in diese Position gefallen und hat sich nicht mehr bewegt. Wie weit ist die Schwangerschaft fortgeschritten, weißt du das? Sieht nach einem Vier-, vielleicht Fünfmonatsbauch aus.“
„Ich weiß es nicht. Parks hat gesagt, dass sie schwanger war, aber nicht, wann es so weit sein sollte. Mindestens sechsunddreißig Stunden sagst du? Gott, das kleine Mädchen war die ganze Zeit über mit seiner toten Mutter hier im Haus. Armes Baby.“
Sam fuhr mit ihrer Untersuchung fort. „Mit einer Mutter, die gewaltsam erschlagen worden ist. Stumpfe Gewalteinwirkung auf die Extremitäten und den Kopf. Ihr Kiefer ist ganz sicher gebrochen, ihr fehlen einige Zähne.“ Sam beendete ihre oberflächliche Untersuchung und machte sich auf ihrem kleinen Block ein paar Notizen. „Das ist eine echte Sauerei, T.“
„Wem sagst du das. Ich kann leider keine herumliegende Tatwaffe entdecken. Du vielleicht?“
„Nein. Und die Verletzungen sind zu schwer, um allein von Fäusten verursacht worden zu sein. Tim, hörst du das? Du musst die Augen nach der Tatwaffe offen halten.“
„Ja, Dr. Loughley.“
„Okay, Leute, an die Arbeit.“ Sam und Tim gingen ihren Pflichten nach, während Keri alles für die Nachwelt festhielt. Taylor trat ans Fenster. Die cremefarbenen Lamellen der Jalousien waren mit Blutspritzern befleckt und hingen auf Halbmast. Sie schaute auf die unter ihr liegende Straße. Die Nachbarn standen immer noch im Grüppchen zusammen auf dem gegenüberliegenden Rasen und sprachen leise miteinander. Sie sah nichts, was fehl am Platz wirkte, erkannte niemanden, der mehr als ein rein nachbarschaftliches Interesse an
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