Taylor Jackson 03 - Judasmord
nicht.“
„Gar nichts?“
Mrs Manchini überlegte einen Moment. Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu erinnern. „Die Lichter waren an. Mrs Wolff schaltet sie morgens immer ab, aber sie haben das ganze Wochenende über gebrannt.“
„Und das war ungewöhnlich?“
„Ja.“
Ah, ein weiterer Punkt, der den Zeitrahmen eingrenzte. Perfekt.
„Wann haben Sie Mrs Wolff das letzte Mal gesehen?“
„Oh. Nun, ich kann mich nicht genau erinnern. Heute ist Montag, und am Montag ist mein Buchklub. Ja, das stimmt. Ich kann mich nicht erinnern, Corinne heute gesehen zu haben, und ich sehe sie normalerweise in ihrem Garten, wenn sie die Begonien gießt. Sie hat so einen schönen Garten, ja, den hat sie. Es ist ein bisschen zu früh für diese Blumen, aber was weiß ich schon? Ich habe sie am Freitag gesehen. Freitag ist mein Gartenklub, ja, der ist freitags.“ Sie rang weiter ihre Hände.
Ihr Wiederholungstick ging Taylor langsam auf die Nerven. Außerdem würde die Frau sich noch ein Handgelenk verstauchen, wenn sie ihre Hände nicht langsam mal stillhielt. „Um welche Uhrzeit am Freitag, Ma’am?“
„Oh, nun. Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen. Irgendwas gegen zwanzig nach drei am Nachmittag, wenn ich mich erinnern müsste, aber ich möchte Sie auf keine falsche Fährte führen, falls ich nicht hundertprozentig richtig liege, nein, das möchte ich wirklich nicht.“
„Sie machen das sehr gut.“
Die Frau nickte einmal, und ein scheues Lächeln huschte angesichts des Kompliments über ihr Gesicht. Taylor hatte das Gefühl, dass die Frau nicht sonderlich oft Komplimente bekam, und sprach in sanfterem Ton weiter.
„Was hat Corinne am Freitag um zwanzig nach drei getan, Mrs Manchini?“
„Mit der kleinen Hayden gespielt. So ein hübsches Kind, ja, das ist sie.“
„Im Vorgarten oder hinter dem Haus?“
„Oh, ja, natürlich. Sie waren in dem seitlichen Garten. Ich glaube, Mrs Wolff hat eine Wildblumenmischung ausgestreut; sie wollte die Stelle um die Abfalleimer etwas hübscher gestalten, ja, das wollte sie.“
Aber Mrs Manchini beobachtete ihre Nachbarn nicht, alles klar. „War noch jemand bei ihr?“
„Außer Hayden? Nein, ich habe niemanden gesehen.“
„Wie steht es mit Mr Wolff?“
Das brachte Taylor einen direkten, wenn auch flüchtigen Blick ein.
Die Frau rieb nun ihre Hände aneinander. Die Unterhaltung machte sie nervös. Und Nervosität war immer interessant.
„Oh, ich kenne ihn nicht sehr gut. Ein attraktiver Mann, ja, das ist er. Aber er ist zu unsereinem nicht sonderlich offen, nein, das ist er wirklich nicht.“
„Hatten die beiden Ihres Wissens irgendwelche Probleme?“
„Was? Nein. Nein, überhaupt keine. Sie schienen sehr glücklich zu sein. Sehr zufrieden, ja, das waren sie.“
„Und Sie haben niemanden in der Nähe des Hauses gesehen. Was ist mit Samstag?“
„Nein, ich habe am Samstag niemanden gesehen. Ich würde jetzt gerne zu meinen Gästen zurückgehen, wenn ich darf.“
„Nur noch ein paar Fragen, Mrs Manchini. Sind sie tagsüber hier im Haus?“
„Ja, ja, das bin ich. Ich bin vor langer Zeit aus dem Postdienst ausgeschieden. Heutzutage bleibe ich gerne für mich. Ich lese und gucke fern und gehe zu meinem Buchklub und arbeite ein wenig im Garten, ja, das mache ich. Ich habe viele Freunde … viele Freunde.“
„Das ist schön, Mrs Manchini. Laden die Wolffs oft Gäste ein?“
„Oh, natürlich. Sie sind jung und beliebt, das sind sie wirklich.Aber nicht mehr als alle anderen in dieser Straße auch. Ich lebe hier seit vierzig Jahren, ja, das tue ich, und ich habe die Nachbarn kommen und gehen sehen. Alle scheinen hier sehr glücklich zu sein, ja, das sind sie.“ Sie hörte auf, ihre Hände zu reiben, und legte sie in ihren Schoß. Die Knöchel waren ganz rot und knotig. In Verbindung mit der wehmütigen Aussage schien nun ihr wahres Alter durch. Mrs Manchini war eine einsame alte Frau.
„Okay, Ma’am, gehen wir zu den anderen zurück. Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie Ihr Haus so bereitwillig zur Verfügung stellen. Ich bin mir sicher, dass die Harris’ Ihre Hilfe sehr zu schätzen wissen. Ich habe später vielleicht noch ein paar Fragen an Sie. Wäre das okay?“
Die Frau erhob sich langsam vom Bett; die Sprungfedern quietschten.
„Sicher, natürlich. Wann immer Sie mich brauchen, ich bin gleich hier, ja, das bin ich.“
Taylor folgte der mausgrauen Mrs Manchini zurück in das große Zimmer. Hier hatte sich nicht viel
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