Taylor Jackson 03 - Judasmord
den Vorgängen zeigte.
Sam stand auf, beugte sich über die Leiche und wandte sich dann an Taylor. „Das wird ein langer Tag. Ich muss noch ein paar Dinge aus dem Van holen. Hast du Lust, ein bisschen frische Luft zu schnappen?“
„Oh ja.“
Mit einem letzten Blick auf das Opfer ging Taylor aus dem Schlafzimmer und die Treppe hinunter.
Als sie beide die Haustür erreichten, stellte Taylor die Frage, die ihr durch den Kopf ging, seit sie die Leiche von Corinne Wolff das erste Mal gesehen hatte.
„Wo zum Teufel ist ihr Ehemann?“
4. KAPITEL
Die Familie Harris hatte bei den Nachbarn der Wolffs Zuflucht gefunden.
Fritz nickte Taylor zu, als sie hereinkam. Fünf Leute saßen in dem Zimmer, starrten vor sich hin, weinten. Father Ross, der Polizeikaplan, hielt eine Frau im Arm, die Anfang fünfzig zu sein schien und rötliche Haare hatte. Die Frau schluchzte an seiner Schulter. Das war wohl die Mutter. Abgesehen von ihrem Weinen war es in dem Zimmer totenstill.
Eine dunkelhaarige junge Frau fing Taylors Blick auf. Eine Mischung aus Abscheu und Sehnsucht huschte über ihr Gesicht, wurde aber sofort von einer undurchdringlichen Ausdruckslosigkeit ersetzt. Taylor kannte diesen Blick. Die Leute hassten es, sie zu sehen; sie war der Herold des Todes. Aber sie hatte auch die Antworten, die Hinweise, die Gründe. Sie brauchten sie. Taylor schätzte die Frau auf achtundzwanzig, vielleicht dreißig. Sie sah die Ähnlichkeit mit dem Opfer.
Und sie sah noch etwas anderes in ihren Zügen, schob es jedoch beiseite.
Sie war das absolute Gegenteil von dieser Frau. Taylor war groß, honigblond, mit grauen Augen, vollen Lippen und breiten Schultern; die andere Frau war zwischen eins sechzig und eins fünfundsechzig groß, dunkelhaarig und sehr athletisch. Ihr Körper strahlte etwas unglaublich Gesundes, Vitales aus. Sie war nicht wirklich hübsch, aber Männer würden ihr Gesicht sicherlich als interessant bezeichnen. Sie schenkte Taylor einen weiteren Blick, dessen Bedeutung dieses Mal schwerlich zu überlesen war.
Taylor war beunruhigt. Sie mochte es gar nicht, das Objekt der Aufmerksamkeit einer anderen Frau zu sein. Diese Frau machte sie zwar nicht direkt an, aber sie ließ sie ihr Interesse spüren. Entzückend. Was sollte das?
„Ich bin Lieutenant Taylor Jackson von der Mordkommission der Metro Police. Mein herzliches Beileid zu Ihrem Verlust, Ma’am.“
Die dunkelhaarige Frau lächelte nicht, reichte ihr aber die Hand. „Ich bin Michelle Harris. Corinne ist meine Schwester.“
Taylor war überrascht; die Stimme der Frau war tief und rauchig, mit diesem sexy Knistern, auf das Männer so abfuhren. Beinahe so wie Taylor selbst.
Michelle deutet auf die weinende Frau bei Father Ross. „Das ist meine Mutter, Julianne Harris.“ Dann stellte sie die weiteren Anwesenden vor.
„Mein Vater Matthew Harris. Meine Schwester Nicole Harris. Carla Manchini, Corinnes Nachbarin. Wir warten noch auf meinen Bruder Derek, er müsste in Kürze eintreffen. Wissen Sie, wer meiner Schwester das angetan hat?“
„Unglücklicherweise noch nicht. Wir stehen noch ganz am Anfang unserer Ermittlungen, Mrs Harris.“
„Miss, bitte.“
Taylor neigte kurz den Kopf und wiederholte dann: „Miss Harris. Tut mir leid. Wo ist die Tochter Ihrer Schwester?“
Nicole, die kleinere der beiden Schwestern, antwortete. Ihre Stimme war kräftiger, als Taylor erwartet hatte. „Sie macht im Gästezimmer ein Nickerchen. Das arme Ding war total erschöpft. Als die Sanitäter sagten, mit ihr wäre alles in Ordnung, haben wir sie gebadet, gefüttert und hingelegt. Körperlich scheint bei ihr alles okay zu sein.“
„Warum, Lieutenant? Hayden hatte doch gar nichts damit zu tun.“ Michelles Ton war scharf, herausfordernd. Taylor verzieh ihr, immerhin war gerade ihre Schwester gestorben. Dennoch ignorierte sie die Frau für den Augenblick und wandte sich der anderen Schwester zu.
„Nicole, richtig?“
Das Mädchen nickte.
„Haben Sie die Kleidung des Kindes der Polizei übergeben? Wir müssen sie als Beweisstücke behandeln.“
Sie nickte. „Der Kriminaltechniker war bei uns, als wir sie umgezogen haben. Wir haben alles genau so gemacht, wie er es gesagt hat.“
„Das ist gut. Vielen Dank für Ihre Hilfe. Sergeant Fitzgerald wird mir helfen, Ihre Aussagen aufzunehmen. Mrs Manchini, ich würde gerne allein mit Ihnen sprechen. Können wir in ein anderes Zimmer gehen?“
„Wollen Sie nicht zuerst mit mir sprechen?“, fragte
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