Tea-Bag
französische Ölgesellschaft verkauft worden. Die großen Gewinne aus den angolanischen Ölquellen, für die das Unternehmen die Nutzungsrechte besaß, sollten in die Medienbranche investiert werden. Die Direktoren der Ölgesellschaft hatten die Sache mit Olof Lundins Ablehnung des Rauchverbots auf ihren Tisch bekommen. Schließlich hatte man sich auf einen Kompromiß geeinigt, der darauf hinauslief, daß in seinem Zimmer eine starke Belüftungsanlage installiert wurde. Für die Kosten hatte er allerdings persönlich aufzukommen.
Jesper Humlin entfernte ein paar Manuskripte von einem Stuhl und nahm inmitten der Rauchschwaden Platz. In dem Zimmer war es eiskalt, da die Belüftungsanlage mit voller Kraft Luft von draußen ansog. Olof Lundin trug Mütze und Handschuhe.
- Wie verkauft sich das Buch?
- Welches von ihnen? Jesper Humlin seufzte.
- Das letzte.
- Erwartungsgemäß.
- Was heißt das?
- Nicht so gut wie erwartet.
- Vielleicht könntest du dich etwas deutlicher ausdrücken?
- Wir erwarten nicht, daß sich eine Gedichtsammlung mit mehr als höchstens 1000 Exemplaren verkauft. Das entspricht unserer Erwartung. Bis heute haben wir von deinem letzten Buch 1100 Exemplare verkauft
- Dann hat es sich also über Erwarten verkauft?
- Eigentlich nicht.
- Kannst du das erklären?
- Was verstehst du daran nicht?
- Wenn von einem Buch mehr verkauft wird, als ihr erwartet, kann das nicht bedeuten, daß es gleichzeitig die Erwartungen nicht erfüllt hat.
- Wir erwarten natürlich immer, daß unsere Erwartungen zu niedrig angesetzt sind.
Jesper Humlin schüttelte den Kopf und zog die Jacke enger um den Körper. Er fror. Olof Lundin schob ein paar Papierhaufen auf dem Schreibtisch beiseite, so daß er freie Sicht auf Jesper Humlin hatte.
- Wie geht es mit dem neuen Buch?
- Ich habe gerade erst eins veröffentlicht. Ich bin keine Fabrik.
- Wie geht es mit dem Buch, das du bald zu schreiben beginnen wirst?
- Das weiß ich nicht.
- Ich hoffe natürlich, daß es gut gehen wird.
- Das hoffe ich auch.
- Ich möchte dir gerne einen Rat geben.
- Welchen?
- Schreib es nicht.
Jesper Humlin starrte seinen Verleger an.
- Ist das dein Rat?
- Ja.
- Du meinst, ich soll das Buch nicht schreiben, von dem du hoffst, daß ich gut damit vorankommen werde?
Olof Lundin zeigte vielsagend zur Decke.
- Die Direktoren sind besorgt.
- Soll ich vielleicht eine Gedichtsammlung über Öl schreiben?
- Mach dich nur lustig. Aber ich habe sie dauernd am Hals. Sie wollen einen besseren Ertrag sehen.
- Was bedeutet das?
- Ein Buch, das sich nicht garantiert in mindestens 50000 Exemplaren verkauft, sollte nicht veröffentlicht werden.
Jesper Humlin staunte.
- Wie viele von den Büchern, die du publizierst, verkaufen sich in 50000 Exemplaren?
- Keines, antwortete Olof Lundin munter.
- Wird der Verlag also seine Tätigkeit einstellen?
- Keineswegs. Vielmehr werden wir anfangen, Bücher zu publizieren, die sich in 50000 Exemplaren verkaufen.
- In der schwedischen Literaturgeschichte dürfte es kaum vorgekommen sein, daß eine Gedichtsammlung in einer Erstauflage von 50000 Exemplaren erschienen ist.
- Gerade deshalb rate ich dir, das Buch nicht zu schreiben, das du dir vorgestellt hast. Von dem ich natürlich hoffe, daß es gut werden wird.
Jesper Humlin bekam allmählich Magenschmerzen von dem, was Olof Lundin sagte. War er im Begriff, auf der schwarzen Liste zu landen? Einer von den Autoren zu werden, die der Verlag loswerden wollte?
- Willst du, daß ich den Verlag verlasse?
- Aber nein. Warum solltest du den Verlag verlassen? Habe ich nicht immer betont, daß du einer der zeitgenössischen Ecksteine des Verlags bist?
- Es gefällt mir nicht, als ein Mensch aus Zement beschrieben zu werden. Außerdem verkaufe ich nicht 50000 Gedichtsammlungen. Das weißt du genausogut wie ich.
- Gerade deshalb möchte ich nicht, daß du das Buch schreibst, das du im Sinn hast. Ich möchte, daß du etwas anderes schreibst.
- Was?
- Einen Kriminalroman.
Jesper Humlin fand plötzlich, daß Olof Lundins Gesicht in dem dichten Rauch, der durchs Zimmer wirbelte, eine unangenehme Ähnlichkeit mit den Zügen von Viktor Leander annahm.
- Ich bin Poet. Ich schreibe keine Kriminalromane. Ich will das nicht. Meiner künstlerischen Integrität ist es zu danken, daß man mir Respekt zollt. Außerdem weiß ich nicht, wie man es macht.
Olof Lundin stand auf, schob mit dem Fuß ein paar Manuskripte zur Seite, setzte sich in das Rudergerät und
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