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Tea-Bag

Tea-Bag

Titel: Tea-Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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ihre Schulter berührte, holte sie mit dem Arm aus und traf ihn mitten ins Gesicht. Der Schaffner, der gerade vorbeikam, blieb abrupt stehen.
    - Was geht hier vor?
    - Nichts. Ich habe sie nur geweckt.
    Mißtrauisch musterte ihn der Schaffner, ehe er seinen Rundgang fortsetzte.
    - Ich mag es nicht, wenn man mich anfaßt, sagte sie.
    - Ich wollte dich nur wecken.
    - Ich war wach. Ich tue nur so, als ob ich schlafe. Dann träume ich besser.
    Sie nahmen ein Taxi nach Stensgården. Das Boxtraining war noch nicht zu Ende. Als sie hereinkamen, blieb Tea-Bag stehen

Seilen stand Pelle Törnblom. Er machte ihnen ein Zeichen, daß sie in sein Büro gehen sollten. Aber Tea-Bag wollte nicht. Mit den Augen folgte sie dem Schlagabtausch. Pelle Törnblom blies in eine Trillerpfeife, und die Jungen entfernten sich aus dem Ring.
    - Tea-Bag, sagte Pelle Törnblom. Ein guter Name. Woher kommst du? Das ist mir noch nicht richtig klar.
    Gespannt wartete Jesper Humlin auf die Antwort.
    - Nigeria.
    Jesper Humlin merkte sich ihre Antwort für zukünftige Fälle. - Vor ein paar Jahren hatte ich ein paar Boxer aus Nigeria, sagte Pelle Törnblom. Einer davon hat sich einfach in Luft aufgelöst. Es hieß, er besitze übernatürliche Kräfte, sein Vater sei eine Art Zauberer. Na ja. Gegen Knockouts hatte er jedenfalls keine Medizin. Der andere lernte eine Finnin kennen und lebt jetzt in Helsinki.
    Tea-Bag zeigte auf ein Paar Boxhandschuhe, die auf einem Schemel lagen.
    - Kann ich sie mal probieren?
    Pelle Törnblom nickte. Er half ihr in die Handschuhe. Dann begann sie phrenetisch auf einen Sandsack einzudreschen. Ihre Steppjacke war noch immer bis zum Hals geschlossen. Der Schweiß strömte ihr übers Gesicht.
    - Sie ist schnell, flüsterte Pelle Törnblom. Aber ich möchte wissen, für wen der Sandsack eigentlich steht.
    - Wie meinst du das?
    - Sie schlägt auf einen Menschen ein. Mit den Jahren habe ich dann doch ein bißchen Einblick in das menschliche Verhalten gewonnen. Viele von den Jungs, die zum Boxen herkommen, verprügeln dabei ihre Väter oder Onkels oder wer es nun ist, auf den sie wütend sind. Dreimal wöchentlich kommen sie her und verprügeln jemanden. Obwohl es die Sandsäcke sind, auf die sie einschlagen.

Abrupt hörte Tea-Bag auf. Pelle Törnblom nahm ihr die Handschuhe ab und drehte sich zu Jesper Humlin um.
    - In fünf Minuten erwartet dich da unten ein Fernsehteam.
    Rasch überlegte Jesper Humlin, ob er Tea-Bag dazubitten sollte. Es wäre das Natürlichste. Aber er entschied sich, das Interview alleine zu geben. Ein Fernsehinterview bedeutete eine wohltuende Injektion für sein momentan etwas angekratztes Selbstbewußtsein.
    - Warte hier, sagte er zu Tea-Bag. Ich bin bald wieder da. Pelle Törnblom runzelte die Stirn.
    - Willst du sie nicht mitnehmen?
    - Ich glaube, es ist besser, wenn ich allein mit dem Journalisten rede.
    - Es geht doch in erster Linie um die Mädchen? Warum sollst du die Hauptrolle spielen?
    - Es geht nicht um irgendeine Hauptrolle. Es geht darum, daß ich einen Plan habe, wie ich diese Sache aufziehen will.
    Tea-Bag hatte sich auf einen Schemel gesetzt. Jesper Humlin machte kehrt und ging die Treppe hinunter, ohne Pelle Törnblom die Möglichkeit zur Fortsetzung des Gesprächs zu geben.
    Das Fernsehteam war schon zur Stelle. Es bestand aus drei Personen, Kameramann, Tontechniker und Reporter. Alle drei waren Frauen. Und außerdem sehr jung.
    - Sie warten auf mich, wie ich vermute?
    - Eigentlich nicht. Wo sind die Mädchen?
    Jesper Humlin geriet aus dem Konzept. Das Mädchen, das ihm geantwortet hatte, sprach mit hörbarem Akzent und machte keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung darüber, daß er allein gekommen war.
    - Ich heiße Azar Petterson, sagte sie. Ich werde das Interview führen. Aber wir haben uns das natürlich so gedacht, daß die Mädchen dabei sind.

- Bis auf weiteres versuche ich, die ganze Sache möglichst diskret zu behandeln. Sonst besteht die Gefahr, daß das, was wir hier vorhaben, so viel Aufmerksamkeit bekommt, daß wir nicht in Ruhe arbeiten können.
    Azar sah ihn mißbilligend an.
    - Was soll ich Sie fragen?
    Jesper Humlin wurde langsam nervös.
    - Das sollten Sie doch wohl selbst entscheiden.
    Azar zuckte die Achseln und wandte sich an ihre Mitarbeiterinnen.
    - Wir machen ein kurzes Interview, sagte sie zu dem stämmigen Mädchen, das die Kamera hielt. Dann kommen wir ein andermal wieder und reden mit den Mädchen.
    Jesper Humlin war jetzt sehr nervös. Es war noch nie

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