Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
Vizepräsident zu werden.
Die A&M University, Agricultural and Mechanical University, ist ein heller, großer Campus in College Station, einer Kleinstadt fast in der Mitte des
Texas Triangle
, am George Bush Drive (benannt nach dem Älteren). Hier befinden sich auch das Barbara Bush Parent Center und die George Bush Presidential Library in einem vergleichsweise schlichten, aber formschönen Gebäude aus hellem Marmor. Zu den Förderern der Bücherei gehören die Herrscher von Kuwait und die Familie von Bandar bin Sultan bin Abdul-Aziz Al Saud, dem früheren saudischen Botschafter in den USA. In einem Saal laufen Filme über das Leben von Bush. In einer Ausstellung über chinesische Kunst hängen Plakate, welche die »ewige Freundschaft mit China« preisen.
Die A&M wurde 1876 für die Söhne von Farmern und Ranchern eröffnet, die dort Viehzucht, Landwirtschaft und Militärwesen studierten. Seit den sechziger Jahren sind Schwarze und Frauen zugelassen, aber die A&M blieb konservativ. Über die
Aggies
, ihre Studenten, werden gerne Witze gemacht (»Warumtragen Aggies Schuluniformen aus Polyester? Weil es weit und breit keine jungfräuliche Schafwolle mehr gibt.«).
Auch Perry ist ein
Aggie
. 1968, während Schwarze um ihre Rechte kämpften und die Innenstädte brannten, war er
Yell Leader
an der Uni, eine Art männlicher Cheerleader bei Sportwettkämpfen, der mit Gebrüll das Team anfeuerte. In den Semesterferien ging er Bibeln verkaufend von Tür zu Tür. Er war auch Mitglied des universitätseigenen Corps of Cadets, einer Art paramilitärischer Truppe der Uni. Beim Corps habe er jene Disziplin gelernt, die ihm geholfen habe, das Studium zu beenden und zur Airforce zu gehen, sagte er bei seiner Antrittsrede als Gouverneur: »Ich war nicht besonders geeignet für ein Leben außerhalb des militärischen Apparats.« Denn Perry schlug gerne über die Stränge, vor allem, wenn er sich an jemandem rächen wollte: Einmal – so berichtete die ›Texas Tribune‹ – sperrte er in den Weihnachtsferien Hühner in die Stube eines Kommilitonen, über den er sich geärgert hatte. Der Gestank blieb wochenlang in den Räumen. Ein anderes Mal warf er wasserfeste Feuerwerkskörper in die Toiletten, die explodierten, sobald ein Erzfeind das WC benutzte. »Perry suchte sich die, die er nicht mochte, sorgfältig aus«, sagte John Sharp, ein Kommilitone und späterer Senator, der ›Texas Tribune‹. »Wenn es dich traf, dann konntest du sicher sein, dass dich jeder andere ebenfalls hasste.«
Ich wohne bei Patrick und David, zwei Professoren, die an der A&M lehren und im nahen Städtchen Bryan wohnen. Heute ist hier eine
Gallery Night
, wo Galerien in alten Lofts ausstellen und Wein ausschenken. Texas hat auch eine liberale, manchmal gar anarchistische Tradition. Ann Richards, als Gouverneurin die Vorgängerin von George W. Bush, war liberale Demokratin. Janis Joplin kommt aus Texas, der Musiker Woody Guthrie, der Sänger Kinky Friedman, der Journalist Dan Rather und die Kolumnistin Molly Ivins, die Bush den Spitznamen »shrub« verpasste, Gebüsch. Houston hat sogar eine offen lesbisch lebende Bürgermeisterin, Annise Danette Parker.
David versucht, für mich einen Republikaner zum Gespräch aufzutreiben, aber hier im Szeneviertel findet er nur einen Libertären,den er kennt, Brad. Brad sagt, er sei gegen die Demokraten, weil die für
big government
stünden. David meint, Bush habe den Regierungsapparat doch noch viel mehr aufgeblasen. Brad verzieht das Gesicht, als habe er Zahnschmerzen, und sagt, ja, das habe ihm an Bush auch nicht gefallen. Wer sein Lieblingspräsident war, interessiert mich. »Bill Clinton.« Dann schneit Andy herein, der aus Deutschland emigriert ist und Biologie lehrt. »Wir haben hier viel Lebensqualität, ein schönes, großes Haus, aber die Religiosität geht mir auf den Keks«, sagt er. So gebe es Kollegen, die in ihren Dissertationen Jesus für seine Hilfe dankten. »Und einige A& M-Professoren akzeptieren die Evolutionstheorie nicht.« Sie verlangten, dass in den Lehrbüchern an der Uni und in Schulen die biblische Schöpfungsgeschichte als gleichwertig dargestellt werde. »Für einen Wissenschaftler ist das unmöglich.«
Nicht in Texas. Im September 2009 hat das zuständige Board of Education tatsächlich angefangen, eine Überarbeitung der Schulbücher zu diskutieren. Und während Tea Partier und Waffen tragende NR A-Mitglieder in Austin draußen vor der Tür demonstrierten, setzte
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