Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
abgreifen wollen, versuchen, derartige Gesetze durchzusetzen, in den Bundesstaaten und in Washington. Das sind vor allem Rand Paul, Ron Paul und Michele Bachmann sowie Jim DeMint, Senator aus South Carolina, der für ein Verbot der Abtreibung ist, selbst wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Zudem haben mehr als zwanzig Staaten – von Iowa bis Florida – Abtreibungen nach der zwanzigsten Woche verboten und gleichzeitig eine obligatorische Beratung und längere Wartezeiten eingeführt. Für Frauen auf dem Land heißt das, sie müssen mehrmals in die nächste Großstadt fahren, womöglich Hunderte von Meilen.
In Alaska, Mississippi, Oklahoma, South Dakota und West Virginia müssen die Berater den Frauen erzählen, Abtreibung verursache Brustkrebs. In Oklahoma, North Dakota, Idaho, Missouri, Kentucky und Utah dürfen private Krankenversichererkeine Abtreibung mehr bezahlen. Virginia will 17 von 21 Abtreibungskliniken schließen, angeblich aus baurechtlichen Gründen. Und auch Scott Walker in Wisconsin lehnt Abtreibung kategorisch ab. Er will es außerdem Apothekern freistellen, ob sie die Pille verkaufen, und er will die Abgabe von Verhütungsmitteln an Minderjährige verbieten.
Doch der konservative Rollback der Tea Party beschränkt sich nicht nur auf Verhütung und Abtreibung. Mississippi hat Sexualerziehung in den Schulen eingeführt, die bei der Aufklärung in Fragen der Verhütung einzig auf Abstinenz setzt. In Georgia wird gar ein Gesetz debattiert, wonach nicht nur illegale Abtreibungen, sondern auch Fehlgeburten, bei denen »menschliches Zutun« im Spiel war, mit dem Tod oder lebenslanger Haft bestraft werden sollen. Und selbst wenn Frauen Kinder bekommen, passt das manchen christlichen Politikern nicht: Mike Huckabee kritisierte die Schauspielerin Natalie Portman, weil sie mit dem Vater ihres Kindes nicht verheiratet ist.
Gegen die Schwulenehe ziehen die Tea Partier und die Religiösen Rechten genauso zu Felde, am liebsten wollen sie die bundesweit verbieten. Dazu soll ein Verfassungszusatz dienen, den auch Rick Perry unterschreiben will. Plötzlich spielen also Schwüre, für
states’ rights
einzutreten, keine Rolle mehr. Dabei haben gerade Republikaner in dieser Hinsicht mit vielen Skandalen zu kämpfen: Da gab es Larry Craig, Senator aus Idaho, der auf einer Flughafentoilette beim »Füßeln« mit einem Zivilpolizisten erwischt wurde; dann den Evangelikalenführer Ted Haggard, der sich von einem Mann »massieren« ließ; Bob Allen, einen Abgeordneten aus Florida, der einem Zivilpolizisten im Park anbot, ihn gegen Entgelt oral zu befriedigen; sowie Mark Foley, der anzügliche SMS an junge männliche Büroboten im Kongress sandte. Und im Weißen Haus arbeitete unter Bush ein Reporter mit Pseudonym Jeff Gannon, der nie so recht nachweisen konnte, wo er veröffentlichte, aber gleichzeitig Callboy war.
Auch über Perry heißt es immer mal wieder, er sei schwul und überkompensiere nur. Ein anonymer Aktivist – womöglich einer seiner Konkurrenten – hat per Anzeige jedem Mann Geld geboten,der von einer sexuellen Begegnung mit Perry berichten könne.
Es ist gut möglich, dass Perry gar nicht so fromm ist. Bis 1995 besaß er Anteile an einer Videofirma, die Hardcorepornos herstellt. Es gibt Gerüchte, dass seine Frau gedroht habe, ihn wegen Untreue zu verlassen (was Perry bestreitet). Und Fred Zeidman, ein Anwalt aus Houston, der Perry lange kennt, meinte, als er nach dessen Frömmigkeit befragt wurde: »Von uns kann sich keiner daran erinnern, dass er jemals besonders gläubig war.« Er fügte milde hinzu: »Aber vielleicht ist es uns bloß nicht aufgefallen.«
Und auch die »Civil War re-enacter« in Madisonville sind nicht sonderlich beeindruckt von den Kreuzzügen ihres Gouverneurs. »Wieso verbringen unsere Politiker so viel Zeit damit, die Schwulenehe zu bekämpfen?«, fragt Dyson spitz. »Wie viele Jobs schafft das eigentlich?« Dann muss er los, um gegen die Feds zu Felde zu ziehen. Ich ärgere mich später, dass ich ihn nicht gefragt habe, ob ich mal auf seinem Pferd Midnight reiten darf, aber wer weiß, ob ich in Texas überhaupt krankenversichert wäre.
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