Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
vorgeworfen wurde, hinter der kommunistischen Revolution zu stecken. Dies gipfelte in Razzien, den nach dem damaligen Generalstaatsanwalt benannten
Palmer Raids
von 1919 und 1920, als Tausende von Sozialisten und Anarchisten eingesperrt und Hunderte deportiert wurden. Darunter war Emma Goldman, die vorbestraft war, weil sie zum Widerstand gegen die Wehrpflicht aufgerufen hatte, außerdem hatte sie Material zur Empfängnisverhütung verteilt. Eines der prägenden Ereignisse dieser Zeit ist das umstrittene Todesurteil gegen die beiden italienischen Anarchisten Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti.
Auch deutschstämmige Amerikaner fanden sich plötzlich im Fadenkreuz, als Amerika mit dem Eintritt in den Ersten Weltkrieg von einer antideutschen Welle erfasst wurde. In Iowa wurde die deutsche Sprache verboten, in Ohio wurden deutsche Schulen geschlossen. Das Städtchen »Berlin« in Michigan wurde in »Marne« umbenannt. Deutsche Straßennamen wurden anglisiert und statt »Sauerkraut« hieß es nun »liberty cabbage«. Wagner wurde nicht mehr gespielt, deutsche Zeitungen, deutschsprachige Gottesdienste wurden verboten, ja sogar deutsches Bier. Rund 6000 deutsche und österreichische Immigrantenwurden als »Spione« inhaftiert, einige davon zum Tode verurteilt oder auch gelyncht. Alleine in Montana erhielten 75 deutsche Immigranten teils lebenslängliche Haftstrafen, weil sie sich gegen den Kriegseintritt der USA ausgesprochen hatten. Viele anglisierten nun ihre Namen und behaupteten, Iren zu sein. Gleichzeitig wurde den Deutschen von den amerikanischen Eugenikern, deren Pseudowissenschaft damals auf ihrem Höhepunkt war, ihre »Weißheit« abgesprochen. »Deutsches Blut wurde von ›größtenteils nordisch‹ auf ›mehrheitlich alpin‹ herabgestuft«, erklärt Painter.
Die Hysterie legte sich nach dem Krieg. Die Feindseligkeit der Nativisten richtete sich nun wieder gegen Immigranten aus Süd- und Osteuropa. Denn diese stellten mittlerweile die Mehrheit. Jedes Jahr landeten Hunderttausende von russischen Juden in Ellis Island an, die vor den Pogromen geflohen waren, dazu Hunderttausende aus Polen, aus Sizilien, vom Balkan, aber auch aus Südasien, vor allem den Philippinen. 1920 gab es schon mehr als hundert Millionen Amerikaner, und es mehrten sich die Stimmen, die Immigration von Nicht-so-richtig-Weißen nun endlich zu unterbinden. Unter dem Druck von Wählern, die sich über einen nicht enden wollenden Strom »Krankheitskeime tragender Krimineller« beschwerten, schränkte der Kongress 1924 mit dem
Johnson-Reed-Act
erstmals die Einwanderung massiv ein.
Nach einem komplizierten System wurden Quoten erlassen, welche Einwanderer kommen durften. Engländer und Skandinavier, Iren und Deutsche waren willkommen, in wesentlich geringerem Maße galt das für Italiener, Slawen und Juden. Asiaten wurde die Immigration gänzlich untersagt. Das hatte Folgen. Waren bis 1924 noch 200 000 Italiener im Jahr ins Land gekommen, wurden danach nur noch knapp 4000 jährlich eingelassen, gut 2000 Russen und allenfalls ein paar Tausend Juden. Die höchste Quote hatten die Deutschen mit etwas mehr als 50 000 Zuwanderern. Erstmals fing die Polizei auch an, Illegale aufzugreifen und abzuschieben – das hatte es bisher nur gegeben, wenn diese straffällig oder politisch auffällig geworden waren. Damals wurde auch der Begriff »Immigrant« erstmalig rechtlichdefiniert und von dem des Ausländers abgegrenzt, der sich nur temporär in den USA aufhält.
Nach dem Schwarzen Freitag von 1929 und der Weltwirtschaftskrise sank die Bereitschaft, Immigranten aufzunehmen, noch weiter. Und ab Ende 1941, als die USA in den Zweiten Weltkrieg eingetreten waren, wurden die Schotten vollständig dicht gemacht; Immigranten aus Japan, Deutschland und Italien wurden sogar interniert. Alleine in Ellis Island waren mehr als 7000
enemy aliens
eingesperrt. Spannungen zwischen englisch- und deutschstämmigen Amerikanern flackerten wieder auf, als anglophile Journalisten Stimmung gegen Deutschland machten, wenngleich bei Weitem nicht so dramatisch wie im Ersten Weltkrieg.
Der Zweite Weltkrieg schuf in den USA einen Assimilationsdruck, der genauso stark war wie der durch den Bürgerkrieg. Da mit dem Kriegseintritt Amerikas Millionen von Amerikanern den Wohnort wechseln mussten – zu einer Militärbasis oder zu einer Fabrik, wo sie gebraucht wurden –, gab es immer mehr Ehen zwischen Immigranten verschiedener Herkunft. Der Militärdienst
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