Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
freien Staates notwendig ist, darf das Recht der Bürger, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden.« Nicht nur tut sie so, als habe Revere den Briten den Verfassungsartikel zum Waffenbesitz entgegengeschleudert, es geht um mehr: Linke interpretieren den Text so, dass es organisierte Milizen geben dürfe, so wie etwa die National Guard. Rechte hingegen interpretieren ihn so, dass Individuen und Privatpersonen Waffen tragen dürfen. Und ebendiese Worte legt Palin dem revolutionären Reiter in den Mund.
Nun war Revere kein Vertreter der NR A-Waffenlobby , und die revolutionären Kämpfer – ganz gleich, wie man den Verfassungszusatz heute interpretiert – sahen sich damals gewiss nicht als private Individuen mit Gewehren, sondern als Rebellenarmee. Wohl aber treten Sarah Palins Wähler für freien Waffenbesitz ein. Konservative Aktivisten versuchten sogar, den Wikipedia-Eintrag zu Paul Revere im Sinne Palins umzuschreiben,dies wurde aber von der Wikipedia-Community verhindert. Palin beschwerte sich nach der Debatte, die Medien hätten ihr eine »Gotcha-Frage« gestellt, eine schwierige Frage, nur um sie hereinzulegen. Die Frage war gewesen: »Was haben Sie denn heute so gemacht?«
Kurz nach der Bustour – die sie abbrach, weil sie angeblich in Alaska in eine Jury berufen worden war – taucht Palin wieder auf, diesmal in Pella, Iowa, zur Premiere von ›The Undefeated‹. Zufällig hat auch die Tea Party in diesen Wochen eine Bustour durch Iowa organisiert, aber daran nimmt sie nicht teil. Entweder ist es ihr zu mühselig oder die Jury in Alaska ruft schon wieder.
Noch während der Film läuft, versammeln sich die halbe Stadt und Medien aus den ganzen USA vor dem Pella Opera House. Zwei junge Frauen protestieren gegen Palin, weil die immer so boshafte Dinge sage, und ein leicht verrückter Kalifornier, der ein Palin- T-Shirt trägt, ruft laut dazwischen: »Sarah Palin ist meine Meryl Streep, mein Harry Potter, mein Steven Spielberg, meine Julia Roberts!« Zwei Pfarrer warten in erster Reihe, einer hat ein behindertes Kind dabei. Als Palin endlich aus dem Opera House kommt, genießt sie die Aufmerksamkeit. Aber die Fragen der Medien, ob sie kandidiere, beantwortet sie nicht. Sie unterstütze den Film, sagt sie, weil der das Bild geraderücke, das die »lamestream media« von ihr gezeichnet haben. ›The Undefeated‹ stellt sie als Kämpferin gegen die Ölindustrie, die
old boys
in Alaska, dar. Nur rund 100 000 Amerikaner werden den Film sehen. Sie wird gefragt, wie ihr denn ihr neues Zuhause gefalle (sie hatte angekündigt, nach Arizona überzusiedeln). Palin lächelt, fast verlegen. »Ich bin noch gar nicht umgezogen«, sagt sie. Dann schiebt sie hinterher: »So wichtig ist das gar nicht. Viele Familien in Alaska haben einen zweiten Wohnsitz in einem warmen Bundesstaat, für den Winter.« Bloß nicht das Image der Wolfsjägerin beschädigen.
Palin polarisiert. Das macht sie beliebt bei der Tea Party, es wird ihr aber schaden, wenn sie von einer Mehrheit gewählt werden will. Und deshalb hat sie wohl erklärt, sie werde auf eineKandidatur verzichten. Diesmal. Aber dass sie keinen kaltlässt, ist eine Qualität, die sie dorthin katapultiert hat, wo sie tatsächlich hinwill: ins Fernsehen. Sie hatte bereits ihre erste eigene Fernsehshow, ›Real American Stories‹ (wo sie »echte Amerikaner« vorstellt, die weder Latte macchiato noch Sushi mögen) sowie die Miniserie ›Sarah Palin’s Alaska‹. Nach ihrem Bestseller ›Going Rogue – An American Life‹ ist ein zweites Buch in Vorbereitung und auch Tochter Bristol liebäugelt mit dem Reality-TV.
Aber Sarah Palin wird auch selbst zum Sujet von Filmen und Büchern. Zuletzt schrieb Joe McGinnis über sie; er behauptete, die Gouverneurin habe als junges Mädchen Kokain genommen und mit dem schwarzen Basketballstar Glen Rice geschlafen. Kaum hatte sich die Aufregung darüber gelegt, legte ihr Beinahe-Schwiegersohn Levi Johnston mit einem Buch nach, in dem nun wirklich alle Familiengeheimnisse verraten werden sollten. Sarah Palin wird, daran führt kein Weg vorbei, ein Star, eine Diva des Medien- und Entertainmentkomplexes, den sie zu verachten vorgibt. Sie hat ihren Namen schon mal patentieren lassen, für »Politik, Erziehung und Entertainment«. Nur ein neuer Gig fehlt noch. Aber vielleicht bietet ihr ja Trump eine Hauptrolle in ›Celebrity Apprentice‹ an. Trump ließ übrigens neulich durchblicken, vielleicht werde
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