Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
den er mit »Ben Jealous« unterschrieb, das ist der Name des Präsidenten der NAACP. In dem Brief hieß es: »Lieber Herr Lincoln, wir Farbigen haben beschlossen, dass wir dieses ganze Emanzipations-Dings nicht baumwollen. Freiheit heißt für uns, dass wir tatsächlich arbeiten, selber denken und die Konsequenzen dafür tragen müssen, anstatt Geld von der Wohlfahrt zu bekommen. Das kann man von uns Farbigen nicht verlangen – und wir fordern, dass es aufhört.«
Für Mark Williams sind derartige Affronts nichts Fremdes: Er hatte von Barack Obama und dem demokratischen Präsidenten Jimmy Carter als »Nazis« gesprochen, Carter eine »Schwuchtel« genannt sowie Obama einen »Rassisten« und »indonesischen Moslem, der sich vom Wohlfahrtsgauner zum Gesalbten gewandelt hat«. Zuletzt verglich er Obama mit Stalin und dem kambodschanischen Diktator Pol Pot. Aber erst mit dem Brief an Lincoln war das Fass übergelaufen: Williams musste als Pressesprecher des Tea Party Express zurücktreten. Er maulte daraufhin, seine Gegner hätten seine lediglich humoristisch gemeinten Worte instrumentalisiert, um der Tea Party zu schaden.
Ähnlich beleidigend wurde Marilyn Davenport, eine Tea-Party-Aktivistin aus Orange County. Orange County ist ein konservativer weißer Landkreis südlich von Los Angeles, wo auch Orly Taitz politisch aktiv ist, die »Königin der Birther«. Davenport verschickte eine E-Mail an andere Republikaner, mit einem Foto von Obama als Schimpansenbaby und dem Kommentar: »Jetzt wissen wir, warum es keine Geburtsurkunde gibt.« Als das Foto an eine breitere Öffentlichkeit gelangte, entschuldigte sie sich. Sie habe das schlicht amüsant gefunden; dass Obama halb schwarz sei, sei ihr gar nicht bewusst gewesen. Kaum hatte sich die Aufregung darüber gelegt, nannte Doug Lamborn, ein Republikaner aus Colorado, Obama ein »tar baby«, ein Teerbaby, das niemand anfassen wolle, aus Angst, kleben zu bleiben. (»Tar Baby«ist ursprünglich eine Figur aus einer Kindergeschichte, heutzutage wird dieser Begriff jedoch auch als rassistische Beleidigung gebraucht.)
Allerdings agiert nur eine kleine Minderheit der Tea Partier offen rassistisch. Was die meisten eher umtreibt, ist eine Abneigung gegen staatliche Sozialausgaben, zumal sie nach Ansicht vieler vornehmlich Afroamerikanern zugutekommt. Der Fox-News-Moderator John Stossel brachte die libertäre Meinung zu diesem Thema auf den Punkt, als er sagte, früher sei es gerechter zugegangen, als die koreanischen Immigrantenorganisationen für die Wohlfahrt der Koreaner gesorgt hätten, die irischen für die Wohlfahrt der Iren und die polnischen für die polnischen Immigranten, anstatt diese Fürsorge einem Zentralstaat zu überlassen.
Für manche Tea Partier ist aber nicht nur der Wohlfahrtsgedanke falsch, sondern bereits das mühsam erkämpfte Verbot der Diskriminierung. Zu diesen zählt Rand Paul, Senator von Kentucky, der im Mai 2010 erklärt hatte, die Rassentrennung in den Restaurants des Südens wäre besser mithilfe des freien Marktes abgeschafft worden anstatt mit Gesetzen. Zuvor hatte er geschrieben, zumindest private Betriebe müssten es sich aussuchen dürfen, ob sie Schwarze bedienten. Nach einem Aufschrei der Empörung ruderte er zurück. Nein, versicherte er der Presse, er wolle den
Civil Rights Act of 1964
nicht außer Kraft setzen; denn die Situation in den Südstaaten sei nach 120 Jahren Rassentrennung ja doch so dramatisch gewesen, dass eine Intervention der Bundesregierung notwendig gewesen sei.
Manche konservative Weiße drehen den Spieß auch um und beschuldigen Afroamerikaner, Rassisten zu sein. Das macht besonders Glenn Beck gerne. Auf Fox News nannte er den Präsidenten einen Rassisten und fügte hinzu, Obama hasse Weiße, er hasse sogar seine weiße Großmutter. Der rechte Radiomoderator Rush Limbaugh beschuldigte Obama ebenfalls, ein Rassist zu sein, der die Amerikaner nötigen wolle, Reparationen an die Nachkommen der schwarzen Sklaven zu zahlen, als Rache für die Sklaverei. »Wenn die davon reden, dass sie ihr Land wiederzurückhaben wollen«, meint ›New York Times‹-Kolumnist Frank Rich, »dann sprechen sie in Wirklichkeit über die Privilegien der Weißen.«
Kristallelefanten im »Big Easy«
Von Birmingham aus fährt der Greyhound nach New Orleans, Louisiana. Wer diesen Bus nimmt, zählt zu den Ärmsten der Armen. Die meisten Passagiere haben Übergewicht und schlechte Zähne, viele sind schwarz, aber sie sind alle höflich
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