Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
und bemühen sich, ruhig zu sein. Nur zwei schwarze Frauen mit einem lange schreienden Baby zanken sich, aber auch das leise. Alle sehen ziemlich abgekämpft aus. Eine junge Frau erzählt mir, sie vertreibe Spielzeug und ziehe deshalb durch das Land. Ein Musikpromoter sucht für Bands Auftrittsmöglichkeiten. Beide hassen den Greyhound. Nicht nur sei das mühselig, manchmal fielen die Busse auch aus oder blieben am Wegesrand liegen. Es ist verwunderlich, wie viele Menschen mit dem Greyhound fahren, denn die Bahn kostet fast dasselbe und ist wesentlich bequemer. Der Bus macht in Montgomery eine halbstündige Pause, in einem Imbiss gibt es fettiges Essen. Die Kassiererin ruft sofort nach der Security, nur weil ein Mann sich etwas seltsam benimmt. Ich bekomme langsam das Gefühl, Teil eines Gefangenentransports zu sein, der in den nächsten Knast führt. Am frühen Morgen rollt der Bus hinter der Union Station in New Orleans ein.
Louisiana gehört ebenfalls zum
Deep South
, aber es ist anders als alle anderen Staaten, vielleicht aufgrund seiner langen Geschichte unter den Franzosen und den Spaniern. In dem Ölstaat, der für Korruption berüchtigt ist, gab es in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts unter dem demokratischen Gouverneur Huey Long eine populistische Bewegung. Der begnadete Redner, der noch linker war als Roosevelt, vertrat das Motto, »Share Our Wealth«, teilt unseren Wohlstand. Er wollte die Reichen exponentiell besteuern, um jedem Bürger ein garantiertesGrundeinkommen zu zahlen. Das ist eine No-go-Zone für die Tea Party, aber Rand Paul hält Huey Long trotzdem für ein Vorbild. Long, der sich mit dem antisemitischen Pfarrer Father Coughlin zusammentat, wurde 1935 erschossen.
New Orleans ist weniger segregiert als alle anderen Städte des Südens, im
Big Easy
leben Schwarz und Weiß in denselben Vierteln. Laut Nicholas Lemann von der Columbia School of Journalism, der aus New Orleans stammt, liegt das zwar eher daran, dass die weißen Hausbesitzer früher ihre schwarzen Sklaven in ihrer Nähe haben wollten. Trotzdem: In New Orleans gibt es eine gemeinsame Kultur, Weiße begeistern sich für Jazz und Blues, die in den Clubs gespielt werden, und auch die Schwarzen feiern den Mardi Gras, den Faschingsdienstag, mit seinen Umzügen und Bällen. Auch die kreolische Küche eint Schwarz und Weiß. New Orleans ist überhaupt anders als Amerika: Hier ist es legal, Alkohol auf der Straße zu trinken, an der Bourbon Street liegen Nachtclubs wie »Rick’s Cabaret«, wo halb nackte junge Mädchen vor der Tür eine Zigarettenpause machen (der Stripclub gehörte einst Jack Ruby, dem Mörder von Lee Harvey Oswald). Mit »Storyville« hatte die Stadt eines der berühmtesten Rotlichtviertel Amerikas. Und mit David Vitter hat sie einen Politiker, der mit einer Prostituierten erwischt wurde, dazu nur »Na, und?« sagte und trotzdem wiedergewählt wurde – als Garant einer »positiven, konservativen« Veränderung. Vitter ist ein Anhänger der Tea Party, die sei, sagte er, »der Sprit«, der die Republikaner antreibe.
In New Orleans findet im Juli 2011, in der glühenden, feuchten Hitze, die Leadership Conference der Republikaner statt; ein Schaulaufen für die Präsidentschaftswahlen. In den eisgekühlten Hallen des Hilton haben die üblichen Verdächtigen ihre Stände aufgebaut: die Heritage Foundation, die Liberty University (ein christliches College, gegründet von Jerry Falwell) und eine Anti-Abtreibungsgruppe, die Buttons mit Babyfüßchen darauf verteilt. FreedomWorks verschenkt schicke bunte Mappen, in denen erklärt wird, wie man in den
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die Botschaft verbreiten kann, dass Mitt Romney des Teufels ist. Es gibt T-Shirts , auf denen »Fox News Fan« und »Capitalism« im Schriftzug von Coca-Cola steht, auch solche mit Marx, Lenin und Obama. Ich könnte mir einen Ohrring aus rot-weiß-blauen Kristallen in Form eines Elefanten kaufen, dem Symbol der GOP, oder auch die Klapperschlangenfahne, Michele-Bachmann-DVDs im Dreierpack für 45 Dollar und, als Höhepunkt, Ronald Reagan als Ölgemälde, für zwei Riesen. Am Eingang befindet sich der Stand einer Werbefirma, die
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Kam pagnen
organisieren kann, falls einem das Talent dazu fehlt oder die Zeit.
Mittendrin signiert Rick Perry, der Gouverneur von Texas, sein Buch. Es heißt ›Fed Up!: Our Fight to Save America from Washington‹, Wir haben es satt! Unser Kampf zum Schutz vor Washington, und ist nicht zufällig eine Anspielung
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