Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
der Manege, wo sonst die Cowboys reiten und die Pferde ausschlagen, während vor dem Stadion Männer das Schofar blasen, das traditionelle jüdische Horn. Die meisten sind leger gekleidet, in Jeans und T-Shirts , oft in Stars-and-Stripes-Outfit. Manche tanzen oder singen oder heben die Hände. Nicht alle sind weiß, aber viele. Pfarrer streifen herum und halten die Besucher zum Beten an. Der Event ist ökumenisch, aber in der Mehrheit sind Evangelikale. Alles wird auf riesigen Bildschirmen simultan übertragen, nicht nur im Stadion, sondern in mehr als tausend Kirchen in ganz Texas. Für Perry ist es eine unbezahlbare Reklame.
Der betende Cowboy
Um 10:27 Uhr erscheint der Superstar: Rick Perry; auf der gigantischen Leinwand ist er immens vergrößert. Stehende Ovationen. »Das Einzige, was wir mehr lieben als unser Land, ist Christus«, ruft er. Dann fängt er an, aus der Bibel zu zitieren. Das Buch Joel: »Kehrt um zu mir von ganzem Herzen, mit Fasten, Weinen und Klagen.« Er sieht »Angst in den Märkten und in den Hallen der Regierung« und er betet für Obama, für alle Gouverneure, das Militär, die Generäle und noch eigens für ein paar Soldaten in Afghanistan, die erst ein paar Tage zuvor gefallen sind. »Unsere Nation hat vergessen, wer uns erschaffen hat und wer uns beschützt!«
Auch Gouverneur Sam Brownback aus Kansas ist hier, während Rick Scott, Staatschef von Florida, Videogrüße sendet. Mehr Gouverneure kommen nicht. Dafür aber Pastor John Hagee, dessen Cornerstone Church in einem Vorort von San Antonio liegt. Sie zählt zu den
megachurches
, in die Zehntausende von Gemeindemitgliedern passen. Hagee, der Amerika eine »jüdisch-christliche Nation unter Gott« nennt, betet für die »Führer in Washington« und darum, dass die »Wolke aus Chaos und Konfusion«, die Washington verdunkelt habe, verfliege. Er betet auch für Gouverneur Perry, der den Mut habe zu beten, »so wie Abraham Lincoln in den dunkelsten Zeiten des Bürgerkrieges« (allerdings auf der anderen Seite).
Hagee ist ein christlicher Zionist, dessen Kirche viel Geld für Israel spendet. Aber er hat auch einmal gesagt, Gott habe Hitler gesandt, um die Juden zu zwingen, nach Israel zurückzukehren. Die Evangelikalen des Südens, von denen viele aus den
segregationists
, den Befürwortern der Rassentrennung, erwachsen sind, sind heute die eifrigsten Unterstützer von Israel. Das liegt daran, dass sie die Bibel wörtlich nehmen, vielleicht aber auch – so vermutet Walter Russell Read vom Council on Foreign Relations –, weil sie in den Israelis ihre Großväter wiedererkennen, die gegen die Indianer gekämpft haben. Umgekehrt solidarisieren sich viele Indianerstämme mit den Palästinensern. Derweilgibt es draußen vor dem Stadion Proteste, schwule Aktivisten sind darunter und Mitglieder der Bürgerrechtsorganisation ACLU (American Civil Liberties Union), deren Cessna mit dem Banner »Gouverneur: Halte die Trennung zwischen Staat und Kirche aufrecht« über dem Gelände kreist. Die Veranstaltung drinnen wird von der American Family Association (AFA) mit einer Million Dollar finanziert. Die AFA setzt sich mit allen Mitteln gegen Abtreibung, Pornographie und Schwulenrechte und eigentlich gegen Sex überhaupt ein; den Kampf führt sie über das Radio, das Internet, das Fernsehen (sogar mit Auftritten bei einem verhassten Feind wie CNN) und auf DVDs, die sie verteilt. Das Southern Poverty Law Center in Alabama hat die AFA als
hate group
aufgelistet, denn sie ist selbst für eine konservative christliche Organisation extrem. AFA hat gefordert, strafrechtlich gegen einen schwulen Abgeordneten von Arizona vorzugehen, sie hat behauptet, die Verfassungsrichterin Elena Kagan sei lesbisch, und sie hat zum Boykott von Pepsi, McDonald’s, Ford und Disney aufgerufen, weil die schwulenfreundlich seien. Ihr kalifornischer Direktor Scott Lively behauptet in seinem Buch ›Pink Swastika‹, Rosa Hakenkreuz, Hitler und viele Nazis seien schwul gewesen. Und: Die NSDAP sei in einer Schwulenbar in München gegründet worden. Diese kruden Thesen werden über die Website WorldNetDaily. com eifrig weiterverbreitet. Die AFA hat aber auch gegen einen öffentlichen Auftritt von Hindus protestiert – da in der Verfassung stehe, Amerika sei eine Nation unter Gott, nicht unter mehreren Göttern – und gegen Moslems. Bei den Tea Party Rallys am Tax Day 2009, wo auch Perry auftrat, war die AFA einer der Sponsoren.
Perry, ein gebürtiger Methodist,
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