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Techno der Jaguare

Techno der Jaguare

Titel: Techno der Jaguare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manana Tandaschwili , Jost Gippert
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ging ich hinaus und rief aus der Telefonzelle meinen Geliebten an, um ihm zu sagen, dass ich morgen käme. Welche Freude … Aber er ging nicht ran. Wozu hat dieser Kerl überhaupt ein Handy?
    »Was machen wir heute Abend?«, fragte der Barbar, als ich zurückkam und mich an meinen Platz begeben wollte.
    Den letzten Abend sollte ich mir schon gönnen, dachte ich und lächelte ihn so sanft, wie ich konnte, an, um ihn zu ermutigen. Tatjana hatte mir das beigebracht, sie hatte es immer besser draufgehabt als ich, obwohl sie steinalt gewesen war.
    »Es schüttet wie aus Kübeln, lass uns doch in die Bar gehen.«
    Ich sagte: »Gut.« Ich hatte auch keine Lust, ins Dionysos zu hetzen.
    Ich warf mich in Schale. Ich hatte es mal wieder übertrieben und so lange in der Badewanne gelegen, dass ich den Kopf aus dem Fenster stecken musste, ich glühte förmlich. Zu meinem einzigen Kleid passten die Schnürstiefel zwar nicht, aber ich beschloss, mich alternativ zu geben – eine andere Möglichkeit gab es sowieso nicht. Dafür flocht ich mir tolle Zöpfe! Ich muss eigentlich schon ganz hübsch ausgesehen haben, denke ich.
    In der Hotelbar trafen wir Christina, sie hockte auf dem Barhocker. Ich war nicht sonderlich erfreut darüber. Auf einmal wurde mir klar, dass ich müde war, am nächsten Tag eine ewig lange Fahrt vor mir hatte und ein kleines und lustiges Mädchen wie Christina niemals verletzen könnte – warum auch? Und doch, ausgerechnet heute wollte die kleine Christina sich betrinken …
    »Wo ist denn dein Freund?«, fragte ich. Ich wusste, dass er schon weggefahren sein musste, aber dennoch.
    »Weg.«
    »Wohin?«
    »Keine Ahnung. Weg, für immer.«
    »Wo ist er denn hin?«, warf jetzt mein Typ ein. Von wegen meiner, aber na ja. »So ein Mädchen wie dich verlässt man doch nicht einfach!«
    Einen so schnellen Sinneswechsel habe ich noch nie erlebt. Christina lachte ihn so glücklich an, dass es mir das Herz zusammenzog. Vielleicht strahlte ich ja auch so wie eine polierte Münze, wenn mein Geliebter mir etwas Nettes sagte, das mag schon mal vorgekommen sein.
    »Warte, noch nicht trinken!« Christina griff nach meiner Hand. »Erst anstoßen und in die Augen schauen. Sonst wirst du schlechten Sex haben!«
    »Was meinst du damit?«, fragte der Mann.
    »Womit?«
    »Schlechten Sex.«
    Muss ich dir das wirklich erklären, mein Lieber? Natürlich habe ich ihm nichts erklärt. Ich habe ihm auch nicht in die Augen geschaut, weil ich begriff: Mit dem werde ich keinen Sex haben, weder guten noch schlechten.
    Und dann sagte er, dass ich doch morgen früh aufstehen müsse, während er und Christina ja ausschlafen könnten, und dass ich eine lange Fahrt vor mir hätte, und ich sagte: »Du hast recht«, ging auf mein Zimmer und trank weiter. Ich würde mein ganzes Geld hierlassen müssen …
    Als es dämmerte, ging ich hinunter, in der Hoffnung, niemand würde mehr dort sein. Sie saßen noch am selben Tisch.
    »Bingo!«, rief Christina.
    »Bingo!«, rief er. »Weißt du, was sie auf der Brust hat?«
    »Weiß ich«, erwiderte ich. – »Ein Piercing.«
    »Woher weißt du das?«
    »Aus der Sauna, du Dummkopf«, quietschte Christina.
    Dann begleiteten sie mich zum Bahnhof. Der Mann schleppte meine Tasche, Christina plapperte ununterbrochen.
    »Du hattest recht …«
    »Womit?« – Womit konnte ich nur recht gehabt haben?
    »Es hat sich wirklich gelohnt, mit ihm.«
    Ich musste lachen, sagte aber nichts. Der Kopf tat mir fürchterlich weh. Macht nichts, dachte ich, im Zug kann ich schlafen.
    Das Ende der Liebesgeschichte
    In derselben Nacht rief er an.
    »Komm zu mir«, sagte er.
    »Bist du übergeschnappt?«, erwiderte ich.
    »Ach was, ich habe die Familie nach Likani geschickt.«
    Wenn Tatjana noch gelebt hätte, hätte sie mich bestimmt angezischt: »Meinen Glückwunsch!«
    Ich habe mich so schnell gewaschen, bin so schnell gelaufen, dass ich jetzt noch staune – bin ich mutig! »Bleib ruhig, Tatjana«, sagte ich und flitzte los.
    Wenn ich zurückblicke – warum bin ich so gerannt, was habe ich mir dabei gedacht –, bin ich genauso zurückgerannt, wie ich hingerannt bin: wieder hatte er gesagt, er komme gleich, und war dann doch nicht gekommen. So saß ich auf dem schönen Bett seiner schönen Frau, und er kam nicht. Ich kann nur hoffen, dass er sich irgendwo in seiner Wohnung schlafen gelegt hatte, nur – was hatte ich davon?
    Die Schnürstiefel zog ich erst im Treppenhaus an, zur Tür lief ich barfuß, auf Zehenspitzen. Als

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