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Techno der Jaguare

Techno der Jaguare

Titel: Techno der Jaguare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manana Tandaschwili , Jost Gippert
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ohne Schokolade geht bei mir gar nichts. Und er soll nette Eltern haben. Ganz wichtig, oder eben nicht mehr mit ihnen reden, wie ich. Das geht auch. Ich will dann mit ihm nach Kroatien und Kasachstan und nach Bulgarien und nach Afrika und Indien und … Ich schreibe am besten Reiseführer und muss immer reisen, und er macht das Gleiche, nicht bei einem anderen Verlag, kein Bock auf so einen Konkurrentenmist, nein. Er ist mein Kollege, nein, nein, er macht Fotos, während ich Berichte schreibe über Osteuropa und Länder mit der höchsten Ansteckungsgefahr für alle möglichen Krankheiten, und er muss immer mit – ich schreibe, er knipst. Gefährliche Länder, nicht so weichgespülte Ausflugsziele für Senioren. Ich bin dann beim Verlag die, die man für gefährliche Ziele einsetzt, und ihn auch. Ja, so ein Dreamteam, und wenn wir keine Kinder kriegen, weil ich davon ausgehe, weil, weil ab 35 ist es ja auch nicht mehr so einfach, dann nehmen wir ein süßes Baby aus einem der Länder mit, einen süßen Jungen, dessen Eltern an Malaria oder Aids gestorben sind. Und wir geben dem dann ein super Leben, und er darf dann auch immer mit. Ich habe dann auch so einen bunten, gestreiften Schal, womit man die Babys an sich bindet. Locker und unverkrampft. So beiläufig fast.
    Im Schlafzimmer, das zum Fangraum der Schatten wird.
    laura  Ich … ich …
    lena    Du musst nicht sprechen. Ich bin da.
    laura  Ich will …
    lena    Ist schon okay. Ich habe mit Agnes gesprochen.
    laura  Kommt er … nachts …
    lena    Ja, das tut er.
    laura  Das ist gut.
    lena    Ja, er tut die Dinge, die du mir gesagt hast. Ganz genau so. Wie selten Menschen einen doch überraschen können …
    laura  Und gefällt es dir …
    lena    Hör auf.
    laura  Das tut es … Ist ja auch nicht schlimm. Schließlich musst du es eine Weile mit ihm aushalten …
    lena    Ich habe schon Schlimmeres ausgehalten.
    laura  Ja, das glaube ich dir …
    lena    Ich glaube, er merkt, dass mit dir etwas nicht stimmt …
    laura  Wehe, du sagst was … Ich habe Migräne. Basta.
    lena    Ja, ich weiß.
    laura  Ich werde mit Agnes sprechen …
    lena    Agnes wird es schaffen.
    laura  Nein, wird sie nicht, tröste mich nicht mit so einem Blödsinn, die Frau habe ich geboren. Aber du bringst sie dazu, dass sie … Und ich will, dass sie aufhört, sich wie eine Nutte an alle Verlierer zu verkaufen.
    lena    Das wird sie. Ich verspreche es dir.
    laura  Was du mir alles versprichst … Ich habe mich nicht geirrt in dir. Immerhin … Das hätte ich mir nicht leisten können – einen Irrtum, so kurz vorm Abkratzen. Na ja, du kannst ja all die Versprechen einlösen und mir kleine Päckchen in den Himmel schicken. Fragt sich nur, in welcher Stufe des Fegefeuers ich dann schmore … Jetzt wird alles seinen Gang gehen, und alles wird so, wie es zu sein hat. Zu sein hatte und nie war. Jetzt wird es so. Und ich … Vielleicht ist mein Tod das Beste, was Agnes in ihrem Leben bisher passiert ist.
    lena    Hör auf damit.
    laura  Mach die Vorhänge zu, mach die verdammten Vorhänge …
    lena    Soll ich vielleicht die Morphiumdosis erhöhen?
    laura  Nein, das sollst du nicht. Ich will nicht mundtot sein, ich habe schließlich noch ein Recht darauf, zu sprechen. Das hat man mir noch nicht genommen. Ich kann noch denken und sprechen, und du solltest auch zuhören, weil … weil …
    Das Telefon klingelt. Lena geht ran.
    laura  Was ist? War er es? Ruft er dich schon an? Hallo? Was ist los, verdammt? Kannst du bitte deine Lippen öffnen und mir mitteilen …
    lena    Alexander hatte einen Unfall. Wir sollen ins Krankenhaus kommen … Er hatte einen Unfall. Und sie wollen, dass seine Familienangehörigen da hinkommen … und … sich verabschieden oder was auch immer.
    laura  Ist er tot?
    lena    Es sieht so aus, dass er es nicht schaffen wird …
    laura  Das kann er mir doch nicht antun. Das kann mir dieses Arschloch nicht antun. Das kann er mir nicht antun …
    Laura lacht. Lacht. Lacht.
    11.
    Ein Bett. Laura darin. Lena gibt Laura mit einem Silberlöffel die Medizin, die sie nicht mehr zu sich nehmen will. Agnes sitzt daneben und betrinkt sich. Die Vorhänge sind zu.
    Der Anrufbeantworter geht an.
    Guten Tag, Dr. Grawert aus der Reanimation. Ich habe bereits mehrfach versucht, Sie zu erreichen. Es geht um den Abtransport des Verstorbenen. Wir brauchen dringend eine Unterschrift

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