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Teckla

Teckla

Titel: Teckla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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beschreiben. Und erst da, ich schäme mich, es zuzugeben, erst da dachte ich an mein Vieh, das während der Nacht gestorben war, so wie ich beinahe. Jetzt konnte ich nichts mehr für die Tiere tun.
    Und was habe ich dann gemacht, Baronet? Lach nur, aber mein erster Gedanke war, daß ich meiner Meisterin die Pacht für das Jahr nicht würde zahlen können, also mußte ich los und mich ihrer Gnade unterwerfen. Gewiß würde sie, so dachte ich, meine Lage verstehen. Also marschierte ich los zu ihrer Behausung – nach Süden.
    Ah! Ich sehe, du bist dahintergekommen. Genau wie ich selbst nach ein paar Schritten. Im Süden stand ihr Schloß, und im Süden hatte der Ursprung der Flammen gelegen. Ich blieb stehen und überlegte eine ganze Weile, ging aber schließlich weiter, denn ich konnte nirgendwo anders hin.
    Viele Meilen lang war der Weg, und alles, was ich dabei sehen konnte, waren ausgebrannte Häuser und verkohltes Land und schwarze Wälder, die bis heute nicht bereinigt worden sind. Keine Seele ist mir begegnet auf diesem Marsch. Ich kam an den Ort, wo ich geboren wurde und den größten Teil meines Lebens verbracht hatte, und ich sah, was davon übrig war.
    Ich vollzog die Riten für sie, so gut ich konnte, und ich glaube, ich war zu betäubt, um zu begreifen. Als ich damit fertig war, marschierte ich weiter, ich schlief auf leeren Feldern, gewärmt nur vom Boden, der noch vor Hitze glühte nach der Feuersbrunst, die über ihn gezogen war.
    Ich kam an der Behausung an, und zu meiner Überraschung schien sie unversehrt. Aber das Tor war verschlossen, und niemand antwortete auf meine Rufe. Ich wartete draußen Minuten, Stunden, schließlich den Rest des Tages und der Nacht. Ich war vollkommen ausgehungert und rief von Zeit zu Zeit nach jemandem, doch es kam keine Antwort.
    Am Ende lag es, glaube ich, mehr am Hunger als an etwas anderem, daß ich über die Mauern kletterte. Das war nicht schwierig, weil niemand mir in die Quere kam. Ich sah einen verbrannten Stamm, der lang genug war, zerrte ihn zur Mauer und benutzte ihn als Leiter.
    Kein lebendiges Wesen war im Hof. Ich sah ein halbes Dutzend Leichen in Dzurtracht. Ich stand da und zitterte, dabei verfluchte ich meine Dummheit, weil ich nichts zu essen aus dem Wasserspeicher mitgenommen hatte.
    Letztendlich habe ich wohl eine Stunde dagestanden, bevor ich mich einzutreten traute, doch schließlich habe ich es getan. Ich habe die Speisekammer gefunden und gegessen. Langsam, im Verlauf der Wochen, habe ich den Mut aufgebracht, die Behausung zu durchsuchen. Währenddessen habe ich in den Stallungen geschlafen und es nicht einmal gewagt, mich in den Quartieren der Dienerschaft aufzuhalten. Bei meiner Suche stieß ich auf noch mehr Leichen, die ich verbrannte, so gut ich konnte, aber wie ich schon sagte, ich kannte nur wenige der Riten. Die meisten waren Teckla – manche erkannte ich wieder, einige hatte ich einst als Freunde bezeichnet –, die gegangen waren, der Meisterin zu dienen, und nun für immer von uns gegangen. Was aus meiner Meisterin geworden ist, habe ich nie in Erfahrung bringen können, denn ich glaube nicht, daß eine der Leichen die ihre war.
    Und dann habe ich im Schloß geherrscht, Baronet. Ich habe das Vieh gefüttert mit dem Getreide, das dort gehortet war, und es nach meinem Bedarf geschlachtet. Ich habe in der Kammer der Meisterin geschlafen, ihr Essen gegessen und, was das wichtigste war, ihre Bücher gelesen. Sie hatte Bände, die Zauberkunst beschrieben, Baronet. Eine ganze Bücherei davon. Und Geschichte und Erdkunde und Erzählungen. Ich habe viel gelernt. Ich habe Zauberei betrieben, was mir eine neue Welt eröffnet hat, und die Beschwörungen, die ich vorher kannte, kamen mir jetzt wie Spielzeug vor.
    Fast ein Jahr ist so vergangen. Im tiefen Winter war es dann, da hörte ich, wie jemand das Seil mit der Türglocke zog. Die alte Furcht, die mein Erbe als Teckla ist und über die du, mein Lord Jhereg, gewiß mit Freuden hohnlachst, kehrte da zurück. Ich zitterte und suchte ein Versteck.
    Aber dann überkam mich etwas. Vielleicht war es die Magie, die ich erlernt hatte; vielleicht war es, weil alles, was ich gelesen hatte, mich unbedeutend erscheinen ließ, so daß Furcht albern wirkte; vielleicht war es einfach die Tatsache, daß ich das Feuer überlebt und das wahre Ausmaß von Schrecken kennengelernt hatte. So habe ich mich nicht versteckt. Statt dessen bin ich die große Wendeltreppe dessen herabgeschritten, was ich inzwischen als

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