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Teckla

Teckla

Titel: Teckla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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um. Überall im Zimmer standen Reihen ledergebundener Bücher, die meisten schwarz, manche braun. Ich konnte keinen Titel lesen, aber einer der Autoren hieß Padraic Kelly.
    Er deutete mit dem Kopf auf einen unbequemen Holzstuhl und setzte sich auf einen anderen hinter einen wackelig aussehenden Tisch. Ich zeigte auf das Buch und fragte: »Hast du das geschrieben?«
    Er folgte meinem Finger. »Ja.«
    »Worum geht es?«
    »Es ist die Geschichte des Aufstandes von zweihunderteinundzwanzig.«
    »Wo war der?«
    Er betrachtete mich eingehend, ob ich einen Witz gemacht hatte, und sagte dann: »Genau hier, in Süd-Adrilankha.«
    »Oh«, machte ich. Dann ein Räuspern. »Liest du auch Gedichte?«
    »Ja«, antwortete er.
    Ich seufzte still. Eigentlich hatte ich nicht herkommen und große Reden schwingen wollen, aber es gab kein anderes Gesprächsthema. Also wozu warten? Ich sagte: »Cawti hat mir ein bißchen erzählt, was ihr so macht.« Er nickte und wartete. »Es gefällt mir nicht«, sagte ich, und seine Augen verengten sich. »Ich mag es nicht, daß Cawti da mit drinsteckt.« Er starrte mich weiterhin an, ohne etwas zu erwidern.
    Ich lehnte mich zurück und schlug die Beine übereinander. »Aber gut. Ist ja nicht mein Leben. Wenn sie auf diese Weise ihre Zeit verschwenden will, kann ich nichts dagegen tun.« Ich verstummte, falls er irgendwas einwerfen wollte. Das war nicht der Fall, also fuhr ich fort: »Was mich stört, ist diese Geschichte mit dem Leseunterricht – das hat Franz doch gemacht, oder?«
    »Das, und anderes«, antwortete er schmallippig.
    »Nun gut, ich biete dir einen Handel an. Ich finde heraus, wer Franz getötet hat und warum, wenn du diesen Unterricht sein läßt oder einen anderen Lehrer dafür suchst.«
    Er ließ mich die ganze Zeit nicht aus den Augen. »Und wenn nicht?«
    Langsam wurde ich wütend, wahrscheinlich, weil er mich unruhig machte, und das mag ich nicht. Ich biß die Zähne zusammen und unterdrückte den Drang, ihm die Meinung zu sagen. Schließlich preßte ich hervor: »Bring mich nicht dazu, dir zu drohen. Ich drohe nicht gerne.«
    Er beugte sich über den Tisch, und seine Augen waren noch enger zusammengekniffen als sonst, die Lippen fest aufeinandergepreßt. Er sagte: »Du kommst hier herein im Gefolge des Todes von einem Mann, der als Märtyrer –«
    »Erspare mir das.«
    »Ruhe! Ich habe Märtyrer gesagt, und das meine ich auch. Er hat für das gekämpft, woran er geglaubt hat, und dafür ist er getötet worden.«
    Eine Weile starrte er mich geradewegs an, dann fuhr er ruhiger, aber dennoch schneidend fort. »Ich weiß, mit was du deinen Lebensunterhalt verdienst«, sagte er. »Die Tiefen, in die du hinabgesunken bist, sind dir nicht mal im Ansatz klar.«
    Ich legte die Hand auf den Griff des Dolches, zog ihn aber nicht. »Sehr richtig«, entgegnete ich. »Die Tiefen, in die ich hinabgesunken bin, sind mir nicht mal im Ansatz klar. Und es wäre doch sehr dumm von dir, mich darauf hinzuweisen.«
    »Sag mir nicht, was dumm ist und was nicht. Das kannst du nicht beurteilen, und alles andere auch nicht, das außerhalb der Erfahrungen deiner winzigen Welt passiert. Dir kommt doch nicht mal der Gedanke, daß es vielleicht falsch sein könnte, den Tod zu verkaufen, als sei er eine Ware auf dem Marktplatz.«
    »Nein«, sagte ich. »So ist es. Und wenn du jetzt fertig bist –«
    »Aber du bist es nicht alleine. Überleg mal, Lord Mörder: Wieviel der Handlungen eines einzelnen geschieht aus seinem eigenen Willen, ohne daß er muß? Das akzeptierst du, ohne darüber nachzudenken oder es zu hinterfragen, oder? Dabei müssen Ostländer und Teckla die Hälfte ihrer Kinder verkaufen, damit sie die anderen ernähren können. Du glaubst das nicht, oder weigerst du dich nur, es zur Kenntnis zu nehmen?«
    Er schüttelte den Kopf, und ich merkte, daß seine Zähne unter den Wangen aufeinandermahlten und die Augen so zusammengekniffen waren, daß ich mich fragte, ob er überhaupt noch etwas sehen konnte. »Was du machst – tiefer kann die Menschheit nicht sinken. Ich weiß nicht, ob du es machst, weil du keine Wahl hast oder weil du so verkorkst bist, daß es dir sogar gefällt, aber das ist auch egal. In diesem Haus triffst du auf Frauen und Männer, die stolz sind auf das, was sie tun, weil sie wissen, daß daraus eine bessere Zukunft entsteht. Und du mit deiner verschlagenen, zynischen Art weigerst dich nicht nur, es dir anzusehen, sondern versuchst auch noch, uns vorzuschreiben, wie wir

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