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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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geachtet wurde, dass sie nicht ohne Kissen auf der Bank im Garten saß, konnte sich daraus eine richtiggehende Entzündung entwickeln. Auf einen externen Zettel schrieb er die Anweisung, Frau Winter nicht aus den Augen zu lassen, wenn sie sich im Park aufhielt.
    Bei Herrn Karl war die Sache schon etwas problematischer, denn trotz regelmäßiger Untersuchungen hatte die nun unplanmäßige Untersuchung einen Anstieg seiner Insulinwerte zutage gebracht, was nur bedeuten konnte, dass er sich nicht an seinen Ernährungsplan hielt. In der Anweisung für das Personal stand: Zimmerdurchsuchung. Besonderes Augenmerk auf ihn während der Essenzeiten richten! Beobachtung während des Gemeinschaftstages. Außerdem Bewegung, Bewegung, Bewegung!
    „Mein Termin muss verschoben werden!“, hüstelte ihn eine alte Frau, um Aufmerksamkeit heischend, an.
    Verwundert sah er kurz nach oben. „Wer sind Sie?“, fragte er knapp und hackte weiter schonungslos in seine Tastatur.
    „Esther Friedrichsen aus dem dritten Stock.“
    „Aha. Und um welchen Termin geht es?“
    Esther Friedrichsen verdrehte die Augen. „Es geht um meinen Vorsorgetermin, der sehr ungelegen kommt, da gleich Frühstückszeit ist.“
    „So, so.“ Balthasar Sebastian Rohrasch betrachtete die alte Dame mit einem weiteren Seitenblick. Zu korpulent befand er, aber dem Anschein nach trotzdem gesund. „Und wann sagen Sie, ist Ihr Termin?“
    „Jetzt! Aber jetzt ist auch Frühstückszeit!“
    Sie klang darüber fast schon besorgt, weshalb er ihr nun doch seine ganze Aufmerksamkeit schenkte. Besorgte alte Menschen konnten leicht die Fassung verlieren, wusste er. Das wiederum konnte zu unkontrollierbaren körperlichen Reaktionen führen. Das wusste er ebenfalls dank seiner Recherchen. Vorsorglich öffnete er die Akte „Friedrichsen“ auf seinem Bildschirm: Arthrose und Übergewicht. Keine gute Kombination. Und da stand sie vor ihm und ereiferte sich darüber, dass sie zu spät zu ihrem Frühstück kommen würde. Seltsam, seltsam! Rohrasch zog die Augenbrauen zusammen, was seine Brille wieder etwas tiefer rutschen ließ.
    „Ein alter Mensch wie ich ist an sein pünktliches Mahl gewöhnt“, versuchte Esther, ihr Anliegen zu erklären. „Genauso wie an die Gesichter, mit denen ich am Tisch sitze. Das verstehen Sie doch, oder?“
    Balthasar Sebastian Rohrasch blieb verdutzt die Sprache weg. Er sah das Mütterchen mit seinen riesigen Augen an. „Vielleicht nicht so ganz“, sagte er zaghaft. „Was meinen Sie mit Gesichtern?“
    „Ich will meine gewohnten Unterhaltungen mit den gewohnten Menschen zu gewohnter Uhrzeit führen!“ Beinahe hätte sie mit ihrem Fuß aufgestampft. Sie bemühte sich, sich zu beruhigen und setzte sich vor Rohrasch Schreibtisch auf einen Stuhl. „Sie meinen es sicherlich gut“, fuhr sie ruhiger fort, „aber etwas mehr Rücksicht auf die Gewohnheiten der Bewohner hätten Sie schon haben können.“
    Balthasar Sebastian Rohrasch grübelte. War das der Grund, warum die Loibl gestorben war? Weil sie nicht mehr die gewohnten Unterhaltungen mit den gewohnten Leuten führen konnte?
    Das Schweigen des Heimleiters ließ Esther ebenfalls verstummen. Worüber er nachdachte, wusste sie nicht, doch sie hoffte darauf, dass er bereit wäre, ihren Termin zu verschieben. Optimistisch schaute sie ihm dabei zu, wie er die Termine seiner Schützlinge durchging. Immer wieder klopfte er auf seine Tastatur ein, hielt inne, um dann weiter zu klopfen.
    Danach wandte er sich Esther wieder zu. Ernst war sein Gesicht. Er faltete die Hände über seinem Schreibtisch und schüttelte den Kopf. Die Prüfung hatte ergeben, dass er keinen anderen Termin zur Verfügung hatte. Bereitwillig erklärte er auch den Grund dafür. „Sehen Sie Frau Friedrichsen, die Terminvergabe wurde der berechneten Dauer einer Untersuchung angepasst. Ebenso an den Schweregrad mancher Vorerkrankungen. Würde ich Ihren Termin verschieben, wären alle Folgenden ebenso verschoben. So ein Wirrwarr kann ich nicht riskieren.“
    Esther verzog das Gesicht und guckte auf die Uhr. Jetzt begann das Frühstück.
    „Ihre Untersuchung dauert doch nicht lange“, versuchte er, Esther Enttäuschung zu besänftigen.
    „Ob es nun fünf Minuten sind oder eine halbe Stunde, zu spät ist zu spät!“ Mit der Entscheidung ganz und gar unzufrieden, erhob sich Esther. „Was sind Sie nur für ein verbohrter Mensch“, brummelte sie, während sie in Richtung Tür schlurfte. „Wie kann man nur so auf die planmäßige

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