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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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eine Frau mit müden Augen entgegen. Wie man das Leben nimmt, so steht es in deinem Gesicht, hatten ihre Eltern sie in ihrer Jugend gelehrt. Vor Elfriedes Tod hätte sie gesagt, dass sie Leichtigkeit und Freude ausstrahlte, doch nun schaute ihr ein faltiges, altes Gesicht entgegen mit einem traurigen Zug um den Mund.
     
    Das Ehepaar Paulsen lag bereits im Bett und fand keinen Schlaf. Sollten sie verhaftet werden, versprachen sie sich, würden sie auf den jeweils anderen warten. Frieda weinte und machte sich große Sorgen um ihren Reinhold. Sie kannte ja den Knastalltag aus unzähligen Krimis. Wie würde es ihrem armen Mann nur ergehen? Doch Reinhold nahm sie zärtlich in den Arm und zog seine kleine Frau an sich. Er wäre schließlich einmal Seefahrer gewesen und könne sich ganz gut verteidigen, wenn es denn sein müsse. Aber würde das Frieda auch können? Darum machte er sich die weitaus größeren Sorgen. So fielen sie dann, einander umklammert, in einen unruhigen Schlaf.
    Ingrid hingegen betrachtete das alles etwas gelassener. Mysteriöse Todesfälle hatte sie schon oft genug erlebt, aber dieser hier hatte so gar nichts Mysteriöses, das war einfach nur ein Unfall. Sicherlich tragisch, aber so war das nun mal mit dem Tod. Der fragte vorher nicht, wie man gerne zu sterben gedenke. Kurze Zeit später war sie auch schon eingeschlafen.
    Drei der Vier schliefen bereits, da lag Esther Friedrichsen in ihrem Bett und stierte immer noch an die Decke. Viele Gedanken rasten ihr im Kopf herum. Immer wieder drehte sie sich von einer Seite auf die andere. Stand auf und legte sich wieder hin. Wann würde der Tod von Frau Weber festgestellt werden? Wann würde das Unvermeidliche eintreten?
    Sobald der Tod von Frau Weber bekannt  werden würde, würde die Polizei sie mitten in der Nacht aus dem Bett reißen, ihr Handschellen anlegen und sie unter den Blicken der anderen Bewohner den Gang entlangschleifen. Hinaus in die Nacht, und dann würden sie in einem kalten Vernehmungszimmer verhört werden, von Hunger und Durst gezeichnet, an den Stuhl gekettet. Ihre Fantasie ging gehörig mit ihr durch. Für die nächsten 25 Jahre würden sie das Sonnenlicht sicherlich nicht mehr zu Gesicht bekommen und dem täglichen Knastwahnsinn hilflos ausgeliefert sein. Lange dachte sie darüber nach. Wie es wohl sein würde, im Knast zu sterben? Hatte sie überhaupt von dort aus die Möglichkeit, sich auf dem Friedhof, gegenüber von St. Benedikta beerdigen zu lassen? Ihr war sehr viel daran gelegen, das hatte sie doch bereits auch schon so festgelegt.
    Irgendwann sank auch sie in einen tiefen traumlosen Schlaf. Und so bekam auch keiner mit, dass der Tod von Frau Weber in den frühen Morgenstunden festgestellt wurde. 
     

23
     
     
    Balthasar Sebastian Rohrasch war über das Ableben von Frau Weber bereits informiert worden. Die Nachricht traf ihn ins Mark, denn so plötzlich hatte er gar nicht damit nicht gerechnet. Für seine Statistik war das ein höchst unerfreulicher Umstand.
    Hätte Frau Weber denn nicht noch einen Monat damit warten können?, schimpfte er vor sich hin. In dem Fall wäre er gegenüber dem Mozarthaus jetzt schon einen Senior vorne gewesen. Doch so lag er nun gleichauf. Verdammte Axt, das laufende Jahr lief etwas aus dem Ruder! Seine Finger flogen über die Tastatur, um sein Programm der voraussichtlichen Lebenserwartungen zu öffnen.
    Das selbstgefällige Grinsen von Professor Dr. Dr. Knopf konnte er förmlich vor seinem inneren Auge sehen. Seine dämlichen Worte schier hören, die er von sich geben würde, wenn er das erfuhr. „Machen Sie sich doch nichts daraus, Herr Kollege! Es ist doch nichts Ungewöhnliches, dass alte Menschen ein Altersheim nicht lebend verlassen.“
     
     
    ****
     
     
    Als Esther Friedrichsen erwachte, fühlte sie sich matt. Durch die zugezogenen Vorhänge blinzelte die Sonne herein, gedämmt konnte sie Vogelgezwitscher vernehmen. Schwer fiel ihr das Aufstehen, dennoch tat sie es, da der Druck in der Blase unangenehm war. Langsam schlurfte sie in ihr Badezimmer und ließ sich nieder. Danach setzte sie sich Teewasser auf. Sie trank immer eine Tasse Tee, bevor sie sich an den Frühstückstisch setzte. Angespannt lauschte sie nach verdächtigen Geräuschen, die vom Gang her zu ihr ins Zimmer drangen. Doch Ungewöhnliches konnte sie, obwohl sie ihr Ohr an die Tür gedrückt hatte, nicht hören. Eine seltsame Ruhe machte sich in ihr breit. War es möglich, dass der Tod von Frau Weber noch gar nicht

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