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Tee und Toast

Tee und Toast

Titel: Tee und Toast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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sah sie noch
hübsch aus. Ich möchte mich nicht in der gleichen Situation gesehen haben, aber
Glorias Züge waren regelmäßig, und selbst ihre Haut, die im Regen glänzte, war
glatt und rein. Aber sie machte ein erschreckend wütendes Gesicht.
    Die Kinder starrten das arme
Mädchen mit offenen Mäulern an. Wir redeten alle zur gleichen Zeit.
    »Gloria, Sie sind ja bis auf
die Haut durchnäßt«, sagte ich erschrocken.
    »Großer Gott, Mädchen, wo sind
Sie denn gewesen ?« versuchte es mein Mann, aber es
klang nicht viel besser.
    »Bitte, tropfen Sie das Brot
nicht voll«, meinte Larry hastig und gefühllos. »Stellen Sie sich hierher .«
    Sam bemerkte schwach, daß sie
sich doch am besten gleich umziehen solle — ein besonders weiser Rat, da im
Küchenzelt ja schließlich keine Kleidungsstücke gelagert waren.
    Julian unterschied sich von uns
durch die Frage, wo denn Ward abgeblieben sei und warum er das Gewitter nicht
habe kommen sehen, und Alison murmelte: »Arme Gloria, schade um die hübschen
Sandalen .«
    Onkel Richard trat am tiefsten
ins Fettnäpfchen. »Meine Süße«, fragte er, »warum bist du denn draußen
herumgelaufen ?«
    Das war zuviel. In diesem
Moment haßte uns Gloria alle. Sie haßte Larry, die nur ans Brot dachte, sie
haßte Alison, sie haßte mich und vor allem Richard O’Neill, der sie in dieses
Unglück gebracht hatte.
    Sie tat mir in der Seele leid.
    Doch wurde mein Mitleid sofort
etwas abgeschwächt, denn sie wurde in Sekundenschnelle zur Furie. »Warum ich
draußen rumgelaufen bin? Oh, du alter Narr! Glaubst du zum Vergnügen? Ich
wollte euch endlich einmal nicht mehr sehen. Ich wollte weg von diesem
schrecklichen Zeltlager, seinen Schweinen, Moskitos und Hunden — ja, und seinen
hassenswerten Menschen. Oh, warum habe ich überhaupt die Stadt verlassen? Warum
habe ich dir geglaubt, als du behauptet hast, ich würde glücklich sein bei
Larry? Ich war todunglücklich .«
    Es folgte tödliche Stille. Ich
fühlte mich ziemlich schuldig. Wir hatten uns alle gegen Gloria gestellt.
Natürlich war es ihr Fehler, daß sie eine so unerträgliche Person war, aber
trotzdem brauchten wir nicht sonderlich stolz auf uns zu sein. Ich wußte, daß
die Männer das gleiche dachten. Paul rutschte auf seinem Kistchen herum, und
Sam räusperte sich verlegen. Nur Julian, der Szenen haßte, brachte es fertig,
ein Gesicht zu machen, als berühre ihn die Angelegenheit überhaupt nicht. Aber
der arme, dumme Onkel Richard versuchte Gloria zu beruhigen.
    Er streckte nervös die Hand aus
und wollte ihr die Schulter tätscheln, zog sie aber sofort wieder zurück, als
sie ihm fast ins Gesicht sprang. »Rühr mich nicht an! Ihr seid alle gegen mich.
Ich bin nicht fein und sportlich genug für euch. Aber ich muß über eure Witze
nicht lachen und hasse eure übertriebene Tierliebe. Ich möchte mit keinem von
euch befreundet sein, und das gilt auch für dich, Richard O’Neill. Oh! wie ich
von euch allen genug habe !« Und mit dramatischer Geste
zog sie ihren teuren Ring vom Finger und warf ihn auf den Boden.
    Betretenes Schweigen. Fast
unbewußt dachte ich, das ist das erste Mal, daß Gloria Onkel Richards richtigen
Namen gebraucht. Es bestand also kein Zweifel, daß dies das Ende war.
    Und so war es auch. »Ich möchte
nach Hause«, sagte Gloria. »Nicht auf eine dieser gräßlichen Farmen. Zurück in
die Stadt.«
    Ich glaube, daß Onkel Richard
sich schuldig fühlte; sonst hätte er nicht weiterhin versuchen können, dem
aufgebrachten Mädchen mit vernünftigen Argumenten zu kommen. »Aber das ist doch
gar nicht möglich«, meinte er schwach. »Das Motorboot kommt nicht vor Dienstag .«
    Gloria steckte den Kopf aus dem
Zelt. Es regnete nur noch schwach, aber alles sah trostlos aus. Alles war
schlammbedeckt. Sie blickte einen Moment nachdenklich in den grauen Nachmittag
hinaus, dann ging sie wortlos aus dem Zelt.
    Wir konnten kein Wort finden.
Selbst Larry hatte es die Rede verschlagen. Onkel Richards Schnupfen schien
plötzlich schlimmer zu werden. Er schneuzte sich die Nase. Es hätte eine
Lebewohlfanfare für Gloria sein können.
    Lydia Forbes brach das
Schweigen. »Es hat fast aufgehört zu regnen«, sagte sie sehr ruhig. »Sollten
wir nicht versuchen, ein Feuer anzuzünden, um uns und unsere Sachen zu trocknen ?«
    Die Männer traten sofort in
Aktion und suchten im Busch alles zusammen, was noch einigermaßen brennbar
aussah. Julian opferte seine zwei letzten Ausgaben der »Times«, die er zwischen
Decken

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