Tee und Toast
klopfte Reti dankbar auf die Schulter. Aber wie
sollten wir in einer Stunde fertig sein? Die Flut stand schon ziemlich hoch,
und bis wir die Zelte abgebaut und alles zusammengepackt haben würden, war das
Wasser vielleicht schon wieder zu weit zurückgegangen.
Aber es ist erstaunlich, was
man zustande bringt, wenn man will. Alles half zusammen, und jeder hatte nur
eine Angst — noch weitere vierundzwanzig Stunden an diesem wundervollen Strand
verbringen zu müssen. Wir wollten nur weg von hier. Wir wollten Gloria von
Larry und Onkel Richard trennen und wenn möglich mit Vivian Ward vereinen.
Danach, hofften wir alle im stillen, würden wir die beiden sicherlich nie
wieder zu Gesicht bekommen.
Auch Gloria schien den gleichen
Wunsch zu hegen, denn zum erstenmal, seit wir sie kannten, zeigte sie, daß sie
schnell und geschickt sein konnte, wenn sie wollte. Sie half zwar nicht, den
Inhalt des Küchenzeltes in Kisten und Schachteln zu verstauen, aber sie huschte
geschäftig herum, packte ihre Sachen zusammen und verschwand anschließend in
Vivians Zelt und machte sich dort nützlich. »Wir scheinen zwei liebende Herzen
vereint zu haben«, sagte Larry über ihre Schulter hinweg. »Auf dieser guten Tat
werde ich mich eine ganze Weile ausruhen können .«
Die Männer bauten die Zelte ab,
rollten die Decken und Schlafsäcke zusammen und schleppten alles hinunter an
den Strand. Wir arbeiteten schweigend und fieberhaft. Es war ein prachtvoller
Tag, aber niemand hatte einen Blick für den tiefblauen Himmel, und keiner
erwähnte, wie schön es wäre, noch ein letztes Mal schwimmen zu gehen. Wir
packten wie die Irren und schauten nur ab und zu aufs Meer hinaus, um zu sehen,
ob das Boot im Anzug war.
Wir waren noch nicht ganz
fertig, als es ankam. Das Verladen unserer unzähligen Bündel und Schachteln
brauchte seine Zeit, und inzwischen räumte Sam den Lagerplatz auf, der so
verwüstet aussah, als hätten die Hottentotten hier gehaust. Mit der letzten
Flutwelle stachen wir schließlich in See, und Kiri schickte einen Stoßseufzer
der Erleichterung zum Himmel. Wir taten es ihm nur zu gern nach.
Die Kinder waren die einzigen,
denen es leid tat, von hier weg zu müssen. Ich war heilfroh, daß sie eigentlich
gar nicht richtig mitbekommen hatten, wie wenig rosig die Stimmung in den
letzten vierundzwanzig Stunden gewesen war. Man konnte nicht behaupten, daß wir
im Moment alle jauchzten vor Ausgelassenheit, aber wir befanden uns zumindest
auf der Heimfahrt.
Gloria hatte seit dem
Augenblick, wo sie Onkel Richard den Ring vor die Füße geworfen hatte,
praktisch kein Wort mit ihm gesprochen. Wir fragten uns, was wohl in ihrem
Köpfchen vorgehen und was ihr nächster Schachzug sein
mochte.
Doch das sollten wir erfahren,
als wir den Anlegeplatz erreichten. Die Dämmerung brach ein, und jeder war
damit beschäftigt, das Gepäck auseinanderzuklauben. Doch nicht Gloria und
Vivian. Sie waren schlau genug gewesen, ihres schön getrennt von unserem
verstaut zu haben. Sie luden es ohne Mühe in den Kofferraum von Wards Wagen und
überließen uns unserem Schicksal.
Nun schien Richard O’Neill
aufzuwachen. Er kam mit beunruhigtem Gesicht zu mir. »Schau dir das an, Susan«,
sagte er. »Was macht denn Gloria? Sie hat doch kein Geld .« Und zu meinem Entsetzen zog er fünf Pfundnoten aus seinem Portefeuille und
holte den Brillantring aus seiner Tasche. »Bitte, tu mir den Gefallen und gib
ihr das. Sie kann den Ring ja verkaufen. Der Stein ist wertvoll. Ich weiß
nicht, wie sie finanziell gestellt ist, aber ich möchte auf keinen Fall, daß
sie ohne Geld dasteht — und sag ihr, daß sie nur zu schreiben braucht, wenn sie
in Schwierigkeiten ist .«
Ich hatte nicht gerade Lust
dazu, ihr die Scheine und vor allem den Ring in die Hand zu drücken. Doch ich
wußte, daß sie so schnell wie möglich auf und davon wollte, wahrscheinlich noch
heute nacht. Ich zögerte, aber Onkel Richard blickte mich mit einem
aufmunternden und zugleich etwas bitteren Lächeln an. »Mach dir keine Gedanken.
Sie wird das Geld und den Ring schon nehmen. Sie hat mir den Ring in der Wut
vor die Füße geschmissen und wird sich sogar freuen, ihn wiederzubekommen .«
Es bestand kein Zweifel, daß
Gloria Realistin war. Sie wollte gerade in Vivian Wards Wagen steigen, als sie
sich noch einmal umdrehte und auf mich zukam.
»Auf Wiedersehen, Susan. Wir
werden lange vor euch dasein, und das wird mir genug Zeit geben, meine Sachen
zu packen und das Weite zu suchen. Grüßen
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