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Tee und Toast

Tee und Toast

Titel: Tee und Toast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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eintauschen kann, sobald er vergessen hat, daß er sie einem mitgebracht hat.«
    Richard O’Neill hatte ein großzügiges Herz und einen unfaßbar schlechten Geschmack. Er schenkte wahnsinnig gern, aber seine Geschenke waren im allgemeinen schlimm.
    In diesem Augenblick hörten wir Onkel Richards Wagen die Einfahrt heraufkommen, und Gloria trat aus dem Badezimmer, hübsch angezogen und zurechtgemacht, aber sie sah nicht so glücklich aus, wie man es eigentlich hätte annehmen sollen. Doch sie spielte recht glaubhaft Theater. Kurz darauf kam Onkel Richard auf das Haus zu, von Larry und Gloria untergehakt.
    Ich weiß nicht, welche von den beiden Frauen sich weniger wohl in ihrer Haut fühlte, auf jeden Fall kam mir das fröhliche Lächeln auf ihren Gesichtern recht gezwungen vor. Auch Onkel Richard schien von der Wiedersehensfreude nicht allzu überwältigt zu sein. Vielleicht fing er tatsächlich an, an seiner Wahl etwas zu zweifeln.
    Er begrüßte mich sehr herzlich und ließ mich nicht um alles in der Welt nach Hause fahren. »Warte wenigstens«, sagte er, »bis ich ein ganz bestimmtes Päckchen aus dem Koffer geholt habe.« Es bestand also kein Zweifel, daß Onkel Richard wieder einmal alles und jeden beschenkte.
    Doch diesmal waren wir ehrlich erstaunt, denn er hatte einen geradezu wundervollen Geschmack entwickelt. Larry und ich blickten uns fassungslos an, als er die lustigen Spielsachen für die Kinder auspackte, und schließlich auch noch kleine Shorts und Hemdchen zum Vorschein kamen, die noch dazu wie angegossen paßten.
    »Onkel Richard, du bist ein Schatz«, rief Larry und umarmte ihn stürmisch. »Du bist der klügste und netteste Mann, den ich kenne. Wie machst du es nur immer, für jeden genau das Richtige mitzubringen?«
    Onkel Richard strahlte vor Freude. »Um ehrlich zu sein, meine Liebe, hat mir jemand dabei geholfen. Im gleichen Hotel wohnte eine alte Dame — eine Engländerin, mit der ich mich anfreundete. Als ich ihr sagte, daß ich Geschenke für meine Familie kaufen wollte, fragte sie mich nach dem Alter von jedem von euch und wollte wissen, wie ihr ausseht. Dann nahm sie die ganze Angelegenheit in die Hand. Ich war heilfroh. >Vielen Dank, Madam<, sagte ich. >Ich habe vollstes Vertrauen zu Ihrem Geschmack. Nur ein Geschenk würde ich gern selbst kaufen.<«
    Larry und ich hielten die Luft an und beteten zu Gott, daß wir nicht die Auserwählten waren. Und wir hatten Glück.
    Ich war selig. Die unbekannte, alte Dame hatte für mich eine todschicke Stola ausgesucht und sehr elegante Strümpfe. Ich hätte ihr um den Hals fallen können, um so mehr als mir Mr. O’Neills letztes Weihnachtspaket einfiel, in dem er für mich sündhaft teure schwarze, straßbestickte Handschuhe mitgeschickt hatte, die ich nicht für Geld und gute Worte tragen würde. Für Larry hatte die alte Engländerin einen geradezu genialen Einfall gehabt. Onkel Richard hatte immer eine Fotografie seiner Nichte bei sich, und danach hatte sie ihre Wahl getroffen: ein antikes, silbernes Halsband und eine kleine silberne Armbanduhr. Larry stand wie vom Schlag gerührt, und Gloria machte neidische Augen. »Aber Onkel Richard! Du bist ja wahnsinnig geworden. Das ist entschieden zuviel. Schenk doch die Uhr Gloria. Ihre geht sowieso immer falsch.« Larry hatte es sich nicht verkneifen können, damit anzudeuten, daß ihr Gast meistens zu spät zum Essen erschien.
    Gloria wurde rot vor Zorn, und man konnte es ihr nicht gerade verübeln. Dann wurde sie plötzlich blaß, und ihre Nasenflügel begannen zu beben. Ein Zeichen, wie Larry mir erzählt hatte, daß sich ein Sturm in ihr zusammenbraute. Aber sie konnte sich gerade noch beherrschen und lachte gezwungen. »Kommt nicht in Frage«, protestierte sie. »Die Uhr gehört Ihnen, Larry. Sie beweist außerdem, daß mein lieber Dickie schon gewußt hat, was er Ihnen mit einem hilflosen Mädchen wie mir aufbürdet.« Und damit hatte sie sich recht geschickt gerächt und Larrys Geschenk zu einer Bezahlung für gehabte Mühen degradiert.
    Onkel Richard war trotz seiner oft holprigen Bemerkungen ein recht feinfühliger Mensch und merkte genau, wie gespannt die Stimmung war. »Und nun zu meinen speziellen Geschenken«, sagte er schnell und betont heiter. »Zu denen, die ich selbst ausgesucht habe. Ich glaube, meine alte Freundin war nicht sonderlich begeistert davon, aber sie ist in manchem vielleicht ein bißchen zu konservativ. Eben eine Engländerin. >Ich weiß schon, was meiner süßen kleinen

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