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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Pferdedecke? Iih - sowas würde ich nie - ach du liebe Zeit, den Poncho kenn' ich doch! Wenn man vom Teufel spricht! Max, das kann nur Tigger sein. Geh um Himmels willen etwas langsamer. Wir dürfen sie auf keinen Fall überholen.«
    Da Tigger sich sehr zügig fortbewegte, ließ sich dies leicht vermeiden. Als sie die Geschäfte erreichten, sahen sie, wie Tigger auf der anderen Straßenseite in ein Café stürmte und sich mit dem Rücken zum Fenster auf einen Stuhl fallen ließ.
    Es war nur eines von vielen Cafés hier in der Gegend. Sarah fragte sich, warum Osmond Loveday wohl täglich den weiten Fußmarsch machte, nur um auf dem Beacon Hill zu frühstücken. Vermutlich reine Macht der Gewohnheit. Vielleicht war ihm die Gegend aber auch nur nicht fein genug. Sie kannte Mr. Loveday zwar nicht besonders gut, aber auf sie hatte er immer extrem pedantisch und pingelig gewirkt.
    Irgendwie merkwürdig, daß ausgerechnet ein Mann, der stets davor zurückgeschreckt war, mit dem sogenannten Pöbel in Berührung zu kommen, sein Leben lang für karitative Organisationen tätig war. Aber wenn man es recht bedachte, arbeitete er gar nicht für Wohltätigkeitsorganisationen, sondern für die Familie Kelling. Wahr-scheinlich erklärte sich der Widerspruch aus dieser Tatsache.

Kapitel 4

    Als sie im Center eintrafen, war Loveday bereits da und saß allein in seiner durch Glaswände abgetrennten Nische. Sie konnten ihn durch das große Fenster von der Straße aus genau sehen. Früher hatte sich in dem Haus anscheinend ein Laden befunden, doch inzwischen hatten Marys Geschmack und Dolphs Scheckbuch das langweilige, düstere Gebäude in ein gemütliches Zentrum für Senioren verwandelt, in dem sich die SCRC-Mitglieder treffen, von ihren Strapazen erholen und gemeinsam essen konnten.
    Der Fußboden war bunt gekachelt. Zahlreiche Sessel mit Bezügen in verschiedenen Blau-, Grün- und Orangetönen waren einladend um Tische mit gelben Plastikdecken gruppiert. Auf einer langen Theke an der hinteren Wand, die ebenfalls mit einer Pla-stikdecke versehen war, standen große Kannen und genügend Tassen und Untertassen, um eine ganze Teestube zu bestücken. Das Geschirr war aus dünnem Porzellan, wie Sarah bemerkte, anders als die häßlichen dicken Henkelbecher, die man normalerweise in den meisten Einrichtungen dieser Art fand. Mary hatte bei der Dekoration schon mehr Kunststoff verwenden müssen, als ihr lieb war, weil es sich leichter sauberhalten und abwaschen ließ, doch bei dem typischen Anstaltsgeschirr war ihre Schmerzgrenze erreicht.
    Hübsche grüne Vorhänge flankierten die frisch geputzten Fenster. Dazwischen prangte eine große Vase mit Chrysanthemen aus dem Kelling-Garten, direkt daneben verkündete ein diskretes grünes Schild mit goldenen Lettern, daß es sich bei diesem Gebäude in der Tat um das Senior Citizens' Recycling Center handelte. Eine SCRC-Tragetasche mit leeren Dosen und Flaschen, die höchst dekorativ darin und davor drapiert waren, ergänzte die Schaufensterdekoration und diente denjenigen als optisches Signal, die nicht in der Lage waren, das Schild zu lesen. Mary dachte wirklich an alles.
    An den Tischen saßen zahlreiche Mitglieder, die Tee und Kaffee tranken und sich unterhielten. Andere spielten Dame oder Domino und bekamen von interessierten Zuschauern mehr Tips zugerufen, als ihnen lieb war. Ein Mann saß allein in einer Ecke, die Brille vorn auf der Nasenspitze, und las in einem Kirchenblättchen. Möglicherweise handelte es sich dabei um den Mann, der bei Chet Arthurs Trauerfeier predigen sollte. Vielleicht suchte er noch nach ein paar Inspirationen.
    Obwohl es noch früh am Tag war, trudelten bereits Mitglieder mit vollen Taschen ein. Sie wurden in die hinteren Räume geführt, allerdings nicht von Osmond Loveday, sondern von einer freundlichen Dame, die ein Kleid trug, das Sarah mit einiger Verblüffung als ein Gewand identifizierte, das früher ihrer eigenen Mutter gehört hatte. Als sie das Center eröffnete, hatte Mary überall in der Familie abgelegte, gut erhaltene Kleidungsstücke gesammelt, und Sarah hatte bereitwillig und großzügig gespendet. Wie schön, daß die alten Sachen immer noch getragen wurden.
    Die Frau war sicher keine bezahlte Angestellte, sondern gehörte zu den SCRC-Mitgliedern, die hier abwechselnd ehrenamtlich tätig waren. Für ihre Unterstützung entschädigte man sie auf diskrete Weise mit Strumpfwaren, Unterwäsche, Secondhand-Kleidungs-stücken, einem heißen Bad, einem

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