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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Blick zu. »Ach ja? Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Mr. Bittersohn. Sie sind sicher hier, um sich anzusehen, wie die andere Hälfte der Menschheit ihr Leben fristet, nicht wahr? Was können wir Ihnen denn Schönes über das Center erzählen?«
    »Nicht allzuviel, denke ich«, sagte Max. »Wir waren nämlich beide am Aufbau des Centers beteiligt. Wie lange arbeiten Sie schon hier, Mr. Loveday?«
    »Erst seit Juni diesen Jahres, nachdem wir die letzten Wohltätigkeitsfonds von Mr. Frederick Kelling aufgelöst hatten. Dolph beschloß, das Büro in der Bowdoin Street aufzugeben, das siebenunddreißig Jahre lang mein Reich war. Hier ist alles noch ein wenig neu für mich, man könnte meine Tätigkeit sozusagen als Feldforschung bezeichnen, nachdem ich so lange einen rein administrativen Posten bekleidet habe. Aber es war sicher auch an der Zeit, einen kleinen Tapetenwechsel vorzunehmen. Womit ich natürlich nicht sagen will, daß die Arbeit für Frederick Kelling je langweilig gewesen wäre.«
    »Das kann ich mir auch nicht vorstellen«, stimmte Sarah zu. »Immerhin hat Großonkel Frederick jeden Monat mindestens eine neue Stiftung gegründet und ebenso schnell wieder aufgelöst. Oder vergessen, sie aufzulösen und sich in einen seiner üblichen idiotischen Prozesse verstrickt, weil er wieder einmal ein Heidenchaos angerichtet hatte. Die Arbeit für das SCRC ist sicher bedeutend erholsamer für Sie.«
    »Ich muß gestehen, daß ich noch keine Zeit hatte, mir über diesen Aspekt meiner neuen Tätigkeit Gedanken zu machen«, erwiderte Osmond Loveday mit einem gequälten Lächeln. »Ah, da kommt ja schon Ihr Kaffee. Stellen Sie das Tablett einfach auf den Tisch -eh - Annie. Darf ich Ihnen einen Stuhl anbieten, Sarah? Oder soll ich Sie lieber Mrs. Bittersohn nennen, jetzt wo Sie erwachsen sind?«
    »Das überlasse ich ganz Ihnen«, antwortete Sarah mit zuckersüßer Stimme. »Wir sind eigentlich hier, um einen kleinen Auftrag für Dolph zu erledigen. Max, was solltest du Mr. Loveday noch fragen?«
    »Ich sollte die Adresse von Mr. Arthur in Erfahrung bringen, das ist der Mann, der gestern abend ums Leben gekommen ist, und mich erkundigen, ob Sie in Ihren Unterlagen noch andere Informationen über ihn haben. Ich nehme an, daß Chet die Kurzform für ehester Alan ist?«
    Loveday zuckte mit den Achseln. »Es könnte für alles mögliche stehen, wenn Sie mich fragen. Wir tun zwar unser Bestes, um alles peinlich genau zu registrieren, aber
    es ist die reinste Sisyphosarbeit, wenn man bedenkt, mit welchem Personenkreis man es hier zu tun hat. Dolph benötigt die Information für den Bestatter, nehme ich an?«
    »Nein, wohl eher für die Polizei.«
    »Die Polizei?« Loveday vergaß sich so weit, daß er Max entgeistert anstarrte. Dann zuckte er mit den Achseln. »Ach ja, selbstverständlich. Wahrscheinlich wird in solchen Fällen alles Überprüft, egal ob etwas dabei herauskommt oder nicht. Bitte entschuldigen Sie mich einen Augenblick.«
    Er begab sich in sein Büro, blätterte in einem Ordner, notierte sich ein paar Worte auf ein Blatt Papier und kehrte zu ihnen zurück.
    »Bitte sehr, Mr. Bittersohn. Das ist alles, was wir haben. Arthur hat keine nächsten Angehörigen genannt, was auch kaum zu erwarten war. Als letzte Tätigkeit hat er >Vorarbeiter< angegeben, aber leider nicht hinzugefügt, in welchem Beruf und bei welcher Firma. Diese Ungenauigkeit ist recht typisch für unsere Mitglieder, wie ich zu meinem Leidwesen gestehen muß.«
    Der Mann klang gleichzeitig verärgert und ein wenig überheblich, was Chet Arthurs unvollständige Unterlagen betraf. Er gab ein hervorragendes Beispiel für das ab, was der verstorbene Henry Adams als »eine gewisse Gereiztheit, eine Art Bostonitis« bezeichnet hätte, »die in ihrer primitiven puritanischen Form offenbar darauf beruhte, daß man zuviel über seinen Nächsten wußte und sich selbst zu wichtig nahm«.
    Schade, daß Dolph sich immer noch dem alten Feudalsystem verpflichtet fühlte, dachte Sarah. Wenn er es nicht lassen konnte, sich um Onkel Freds altes Faktotum zu kümmern, hätte er dem Mann bestimmt einen größeren Gefallen damit getan, ihn in Pension zu schicken, selbst wenn Loveday noch rüstig genug zum Arbeiten war, als ihn hier einzusetzen, wo er sich sichtlich unwohl fühlte. Sarah war sicher, daß Loveday sich in Marys oder Dolphs Gegenwart weniger herablassend verhalten hätte, und ärgerte sich über sein Benehmen. Max ging es genauso, das sah sie an der Art, wie

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