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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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er das Stück Papier in Empfang nahm, einen Blick darauf warf und es mit einem übertrieben höflichen »Vielen herzlichen Dank« einsteckte.
    Sogar die freundliche Dame war peinlich berührt. Als sie Max und Sarah zur Tür begleitete, machte sie ihrem Herzen Luft.
    »Ich heiße übrigens Joan, nicht Annie. Annie ist noch gar nicht hier.«
    Sarah schüttelte ihr erneut die Hand. »Auf Wiedersehen, Joan. Vielen Dank für die nette Bewirtung.«
    Draußen auf der Straße fragte sie Max: »Meinst du nicht, wir hätten Joan und ein paar andere Mitglieder fragen sollen, was sie über Chet Arthur wissen?«
    »In Lovedays Beisein? Das kannst du vergessen. Der Mann läßt keinen anderen zu Wort kommen. Mary hat doch erzählt, daß er immer ein kleines Mittagsschläfchen hält. Wenn wir Lust haben, kommen wir einfach später wieder. Was hältst du davon, wenn wir uns in der Zwischenzeit Chet Arthurs Wohnung ansehen?«
    »Glaubst du, der Hausmeister läßt uns rein?«
    »Wir können es zumindest versuchen. Die Straße liegt doch sozusagen auf dem Weg. Es sei denn, du möchtest lieber ein Taxi nehmen und nach Hause fahren.«
    »Ich fühle mich hervorragend, Liebling. Ehrlich gesagt, habe ich mich noch nie besser gefühlt. Sieht man das etwa nicht?«
    Max mußte zugeben, daß man es sah, und begann sich stattdessen mit der Frage zu beschäftigen, ob das Haus in Ireson's Landing wohl rechtzeitig für die Geburtstagsparty fertig sein würde. Das Baby würde natürlich hier in Boston zur Welt kommen, in Philipps House, wo auch Sarah geboren war. Tante Appie hatte sich schrecklich aufgeregt, als sie von ihrem Plan erfahren hatte, sofort nach der Geburt nach Ireson's Landing zu ziehen.
    »Sie hatte sich schon darauf eingestellt, jeden Tag auf der Matte zu stehen und Babysitter zu spielen«, erklärte Sarah.
    »Hast du ihr gesagt, daß wir genau deshalb wegziehen?« erkundigte sich Max.
    »Natürlich nicht, Schatz. Ich habe lediglich gesagt, wir könnten es uns nicht leisten, das Grundstück brach liegen zu lassen, ohne es zu nutzen. Das hat ihr natürlich eingeleuchtet, obwohl sie immer noch nicht begreifen kann, warum in aller Welt wir das entzückende alte Haus haben abreißen lassen.«
    Das entzückende alte Haus war ein häßliches, verfallenes, schlecht isoliertes, grauenhaftes Gebäude gewesen, das neun von zwölf Monaten eiskalt und vollkommen unbewohnbar gewesen war. Selbst während der Sommermonate hatte man es darin kaum aushalten können, es sei denn, man gehörte zu dem erlauchten Personenkreis, der ein spartanisches Dasein bevorzugte, in höheren Sphären schwebte und über rein körperliche Bedürfnisse erhaben war. Es war ein Gebäude, in dem höchstens Bronson Aleott freiwillig mit seiner Familie gehaust hätte.
    Max Bittersohns Vorstellungen von einem gemütlichen Heim waren profanerer Natur. Er glaubte an sanitäre Anlagen, die funktionierten, an Heizkörper, die heizten, an zugfreie Fenster, die Licht hereinließen, an vernünftig geschnittene Zimmer und an eine Architektur, die das Auge erfreute. Als Sarah zu ihrem großen Entzücken bewußt wurde, daß derlei Luxus auch ihr zuteil werden konnte, hatte sie das Abrißkommando mit Begeisterungsrufen angefeuert und konnte nun kaum erwarten, ihr neues Heim endlich zu beziehen.
    Vor einiger Zeit hatten sie die Wohnung in dem alten Kutscherhaus für viel Geld renovieren lassen und daher beschlossen, das Gebäude stehen zu lassen und als separates Gästehaus zu nutzen. Hier konnte Tante Appie wohnen, für den unglückseligen Fall, daß sich ihr Besuch partout nicht abwenden ließ. Appies Gegenwart war zwar erträglich, solange ihre Besuche kurz waren und nur äußerst selten stattfanden, doch leider konnte man bei ihr nie sicher sein, ob sie sich nicht als trojanisches Pferd tarnte und einem klammheimlich ihren Sohn Lionel, seine abscheuliche Frau Vare und deren grauenhafte Sprößlinge Jesse, Woodson, James und Frank unterjubelte. Sarah hätte ihr zukünftiges Baby eher einem wilden Wolfsrudel anvertraut als Lionels kleine Ungeheuer auch nur in seine Nähe gelassen.
    Während sie die engen, steilen Straßen auf der Nordseite des Beacon Hill hochstiegen, erörterten Max und Sarah ausgiebig die diversen Vorteile von Burggräben und Fallgittern, vertagten das Befestigungsproblem jedoch notgedrungen, weil sie das Gebäude suchen mußten, das Loveday ihnen als Chet Arthurs Adresse angegeben hatte. Das Haus mit der Nummer 47 B war wirklich schwer zu finden. Schließlich

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