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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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sauberes Hemd trug, löste sich aus der Schlange. Es war derselbe Mann, der heute morgen in dem Kirchenblatt gelesen hatte, stellte Sarah fest, und er bildete einen beinahe grotesken Kontrast zu dem Mann, der unmittelbar hinter ihm stand. Während Harry frisch rasiert und ge-pflegt aussah, schien der andere Mann den Schmutz zur Kunstform erhoben zu haben. Seine Haare sahen aus, als habe er sie mit Schmieröl gewaschen, mit Dreck eingerieben und dann in alle Richtungen gebürstet, um sie möglichst wirr und struppig aussehen zu lassen. Sein Gesicht und seine Hände waren so schmutzig, daß die blauen Augen darin beinahe wie ein Schock auf den Betrachter wirkten. Und seine Kleidung erst - Sarah beschloß, sich seine Kleidung lieber nicht näher anzusehen, richtete stattdessen ihren Blick auf Mary und ließ ihn nicht mehr abschweifen.
    Mary lächelte dem sauberen Mann zu, bedankte sich mit einem Nicken für seine Hilfsbereitschaft, kam hinter dem Tisch hervor und rollte die Ärmel ihres hübschen grünen Kleides herunter. Dolph folgte ihr auf dem Fuße.
    »Das hätten wir«, sagte Mary. »Am besten, wir gehen in die Küche. Momentan sind wir da ungestört. Geht es um Chet?«
    Sie waren noch nicht weit genug von der Warteschlange entfernt, um ungezwungen reden zu können.
    »Um die Beerdigung«, sagte Sarah schnell. »Theonia möchte gern wissen, was sie backen soll.«
    Mary führte sie in das hintere Zimmer und von dort aus in einen von der Speisekammer abgetrennten Bereich, in dem sich ein Herd und eine Spüle befanden. »Da habe ich mich wohl verplappert«, meinte sie entschuldigend. »Ich hätte besser den Mund gehalten, statt wieder einmal ins Fettnäpfchen zu treten. Was ist denn pas-siert?«
    »Mach dir bloß keine Sorgen, Liebes«, sagte Dolph. »Was immer es auch ist, Max und ich werden die Sache schon schaukeln. Warum gehst du nicht wieder nach vorn und rufst Theonia an?«
    »Mit Theonia habe ich längst gesprochen, sie macht Schokoladenplätzchen, und du brauchst dich wirklich nicht wie Tarzan aufzuführen und auf deiner haarigen Brust herumzutrommeln, Dolph. Nun mach schon, Max, heraus mit der Sprache.«
    »Okay, Mary. Chet Arthur hat dir Geld hinterlassen.«
    »Das soll wohl ein Witz sein!«
    Dolph starrte seine Frau entgeistert an. Es war ihm noch nie in den Sinn gekommen, daß jemand über Geld Witze machen könnte. »Wieviel?« fragte er einfach.
    »Über vierzigtausend Dollar.«
    Max zeigte ihnen das Testament, die Bankbelege und das Geldbündel. Dolph schnappte nach Luft.
    »Gütiger Herrgott! Wo hatte Chet denn das viele Geld her?« »Gute Frage.«
    Mary, die schneller schaltete als ihr Mann, begriff sofort, worauf Max hinauswollte. »Habt ihr das Pulver analysiert, das wir in der Tasche gefunden haben?«
    Max berichtete, was der Chemiker gesagt hatte. Mary faßte sich als erste.
    »Ihr glaubt also, daß Chet unser Center als Tarnung für seine Drogengeschäfte mißbraucht hat?«
    »Das hat Max nicht gesagt, Liebes«, protestierte Dolph.
    »Nein, gesagt hat er es nicht. Aber gedacht. Stimmt's, Max?«
    Er schüttelte den Kopf. »Beim momentanen Stand der Dinge denke ich nur, wir sollten die Dokumente so schnell wie möglich Redfern übergeben.«
    »Dürfen wir das denn?«
    »Warum nicht? Chet hat Dolph ausdrücklich als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Ich würde mich übrigens vorher gern noch mit den beiden Frauen unterhalten, die das Testament unterschrieben haben. Joan Sitty und Anne - sieht aus wie Bzkmz oder so ähnlich. Kennt ihr die beiden?«
    »Natürlich. Die zweite Frau heißt Annie Bickens. Aber das hätte euch Osmond Loveday doch schon heute morgen sagen können.«
    »Da hatten wir das Testament noch nicht«, erklärte Sarah. »Außerdem hat Mr. Loveday sie nicht mal erkannt. Er hat sie mit Joan verwechselt.«
    »Kann ich verstehen«, erwiderte Mary. »Die beiden sind sozusagen unzertrennlich. Außerdem hat Osmond ein schlechtes Namensgedächtnis.«
    »Hängt ganz davon ab, um wessen Namen es sich handelt«, knurrte Dolph. »Wenn es Leute sind, mit denen er Eindruck schinden kann, erinnert er sich hervorragend.«
    »Ich würde Loveday gern aus der Sache heraushalten«, sagte Max. »Je weniger Leute eingeweiht sind, desto besser für euch. Ich sage es nur ungern, aber ich muß euch darauf aufmerksam machen, daß es nicht nur um das SCRC, sondern auch um euch beide geht. Die Situation ist mehr als brenzlig. Das Heroin bei der Leiche war schon schlimm genug, aber das Testament ist eine echte

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