Teeblätter und Taschendiebe
Dollar.« Max stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Nicht schlecht für jemanden, der in einem Kellerloch haust.« »Hältst du es für möglich, daß Chet die Sparbriefe von seiner Rente kaufen konnte?« erkundigte sich Sarah.
»Möglich wäre es. Kommt darauf an, wo er gearbeitet und wieviel er verdient hat. Und wann er mit Sparen angefangen hat. Die Gutschriften wurden im Laufe der letzten zwei Jahre ausgestellt, aber es ist natürlich möglich, daß er sie über einen längeren Zeitraum immer wieder erneuert hat. Beispielsweise hätte er von den Zinsen leben können, obwohl mir nicht ganz klar ist, was zum Teufel er mit dem ganzen Geld gemacht hat.«
»Vielleicht war er ein notorischer Glücksspieler.« »Oder hatte eine Schwäche für leichte Mädchen. Oder hat es den Armen und Notleidenden gespendet - wie dieser Onkel von dir, der ein Vermögen geerbt hat und trotzdem wie ein armer Schlucker lebte.«
»Aber Chet Arthur hat doch selbst zu den Armen und Notleidenden gehört. Das hat er zumindest Dolph und Mary vorgespielt.«
»Da hast du recht. Schauen wir uns den Spiegel mal etwas genauer an.«
Mit Hilfe seines nützlichen Taschenmessers suchte Max vorsichtig weiter und zog schließlich einen zweiten Umschlag hervor. »Na also! Sieh dir das an, Kätzele.«
Es war ein Testament, wie man sie vorgedruckt in jedem Schreibwarengeschäft kaufen konnte, sorgfältig ausgefüllt in einer nicht sehr schönen, aber gut lesbaren Schrift, unterzeichnet von ehester Alan Arthur. Er vermachte darin alles, was er besaß, Mrs. Mary Kelling, wohnhaft Chestnut Hill in Boston, und dem Senior Citizens' Recycling Center.
»Mary hat verdammt Glück, daß sie ein Alibi für gestern nacht hat«, knurrte Max. »Das hat uns gerade noch gefehlt. Wenn die Polizei das Testament sieht, könnte sie glatt auf die Idee kommen, Dolph und Mary hätten Arthur um die Ecke bringen lassen, um sein Geld für ihren Wohltätigkeitsfonds einzusacken.«
»Und wenn wir melden, daß wir in Chets Tasche Heroin gefunden haben, werden sie behaupten, Dolph hätte ihn als Drogenkurier eingesetzt, um illegal Geld zu scheffeln. Max, was sollen wir bloß tun?«
Sarah schien zunächst bedrückt, dann zunehmend hoffnungsvoller. »Vielleicht ist das Testament ungültig.«
»Das würde leider nicht viel nutzen, denn an seiner Absicht würde es schließlich nichts ändern. Außerdem scheint mir das Testament völlig in Ordnung zu sein. Arthur hat es von zwei Zeugen unterschreiben lassen, einer Joan Sitty und einer Anne irgendwas.«
»Joan Sitty? Was für ein lustiger Name. Schatz, könnte das nicht die Frau sein, die uns im Center den Kaffee gebracht hat? Mr. Loveday hat sie Annie genannt, erinnerst du dich, aber sie hat gesagt, ihr Name sei Joan. Die Anne, deren Namen wie nicht lesen können, ist vielleicht die Annie, die noch nicht da war.«
»Schaden kann es nicht, wenn wir der Sache nachgehen«, stimmte Max zu. »Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß Arthur jemanden vom Center gebeten hat, seinen letzten Willen zu unterschreiben, anscheinend hat er sonst kaum jemanden gekannt. Außer seinem Vermieter, aber bestimmt war er klug genug, El Putzo gegenüber mit keinem Wort zu erwähnen, daß er etwas zu vererben hatte. Am besten, wir machen uns aus dem Staub, bevor der Kerl zurückkommt und anfängt, Fragen zu stellen.«
Max leerte noch schnell die Schubladen aus, nahm die Kleidungsstücke von den Haken und deponierte alles auf dem Bett. »Hast du zufällig einen Stift dabei? Wir könnten ihm mitteilen, daß wir nichts Brauchbares gefunden haben, aber daß er sich die Sachen noch einmal ansehen soll, vielleicht kann er ja das eine oder andere noch verwenden. Wenn du dem Center unbedingt etwas stiften willst, nimmst du einfach ein paar von meinen Sachen. Beispielsweise die Krawatte, die Tante Appie für mich gestrickt hat.«
»Oder die rosa Seidenhemden, die dir die üppige Witwe in New York verehrt hat?«
»Vergiß endlich die blöden Hemden. Mrs. Vanderschlep wollte sich lediglich erkenntlich zeigen, weil ich ihr unzüchtiges Jan-Steen-Gemälde wieder aufgetrieben habe.«
»Und sie verfügt in der Tat über viel, womit sie ihre Dankbarkeit angemessen ausdrücken kann«, murmelte Sarah. »Woher kennt sie eigentlich deine Größe?«
»Kennt sie gar nicht. Die Dinger haben viel zu lange Ärmel und kneifen am Hals. Weißt du was? Wenn die Leute von der Mafia das nächste Mal eine Kleidersammlung veranstalten, schenken wir ihnen einfach die Hemden, und ich
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