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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Fenster. Tatsächlich, da marschierte ein Fuchs durch den Garten. Ohne Eile, ohne Angst, am helllichten Morgen.
    Â»Bernhard, da ist ein Fuchs im Garten.« Sie ging zu Bernhard und schüttelte ihn am Arm.
    Â»Na und«, meinte dieser nur schläfrig.
    Â»Aber der hat vielleicht die Tollwut, das ist doch nicht normal, dass ein Fuchs so nah zu Menschen geht!«
    Â»Tollwut gibt’s nicht mehr bei uns. Die Füchse kriegen jetzt im Frühling Junge, da haben die einen hohen Nahrungsbedarf, da sind die nicht so vorsichtig, ach, lasst mich jetzt bitte schlafen, ich will heute noch ein bisschen an meiner Arbeit schreiben.«
    Anne stand am Fenster und kämpfte mit ihrer schlechten Laune. Na klar: Sie hatte Lisa gewollt. Sie hatte die Beziehung zu Lisas Vater in den Sand gesetzt. Sie hatte die Verantwortung. Lisa war nicht Bernhards Tochter. Sie, Anne, musste jetzt aufstehen und sich um Lisa kümmern. So war das, und so würde das auch bleiben.
    Eine halbe Stunde später standen die beiden am Seeufer und warfen Steine ins Wasser.
    Â»Frau Loop!« Anne drehte sich um, es war Herr Schimmler. Er stand bereits mitten im Garten. »Grüß Gott, Frau Loop.«
    Â»Guten Morgen, Herr Schimmler, was kann ich zu dieser frühen Sonntagsstunde für Sie tun?«
    Schimmler, in schwarzer Lederhose, Hemd und Haferlschuhen, antwortete noch ganz außer Atem: »Haben Sie’s schon g’hört?«
    Â»Was denn?«
    Â»Der Milliardär ist ermordet worden«, raunte Schimmler geheimnisvoll.
    Anne beschloss, sich dumm zu stellen. »Wie bitte?«
    Â»Gestern ist der Kürschner ermordet worden, der Bonzenbankier aus München-Grünwald! Haben’s von dem noch nie gehört? Der hat in Gmund ein großes Anwesen. Und jetzt ist er tot.«
    Â»Woher wissen Sie das?«
    Â»Ich habe meine Quellen«, sagte Schimmler jetzt wichtig und in normaler Lautstärke. »Aber ganz unter uns: Letztlich hat es schon seine Ordnung, dass er tot ist.«
    Anne sah ihn fragend an.
    Â»Ganz unter uns«, so Schimmler abermals, jetzt allerdings wieder in verschwörerischem Tonfall, »an der Finanzkrise sind doch ganz klar die Bankmanager schuld. Und der kleine Mann darf’s ausbaden. Zuerst haben mir denen ihre Luxusautos und Prunkvillen bezahlt, und jetzt, wo sie pleite sind, jetzt dürfen wir – das ist der gemeine Steuerzahler! – ihnen ihre Scheißbanken retten, damit sie dann wieder ihre Bonzenautos kaufen und Schampus saufen können. Ich sag’ Ihnen eins, Frau Loop, wenn das so weitergeht, dann wünsch’ ich mir die RAF zurück!« Anne nickte reflexartig. »Aber immerhin ist’s jetzt einer weniger von den Geldhaien.«
    Schimmler dachte kurz nach, dann fuhr er fort: »Auf die Beerdigung vom Kürschner will ich natürlich schon gehen. Also, wenn sie hier am See ist und nicht in München. Ich sammle nämlich Sterbebildchen.« Ehe Anne etwas erwidern konnte, zog Schimmler aus seinem Trachtenjanker ein Gotteslob und blätterte es auf. Beinahe zwischen jeder Seite des Gesangsbuchs steckte ein Totenzettel. »Schauen Sie, das ist meine Sammlung. Das hier zum Beispiel, das war der alte Herr Geiger, der hat hier gewohnt, bevor Ihre Schwieger … äh … also die Eltern vom Herrn von Rothbach, das Haus gekauft haben. Das war ein Hundling, sag’ ich Ihnen! Der ist jeden Tag im Schandl droben gesessen, unter acht Halben Bier ist der nicht nach Haus, und eine Freundin hat er auch gehabt, also zusätzlich zu seiner angetrauten Frau! Ich sag’s Ihnen, ein echter Hund war das!« Schimmler blätterte weiter: »Und das – kennen Sie diese Frau hier?« Anne schüttelte den Kopf. »Das ist die Frau Hedwig Courths-Mahler. Das war eine berühmte Schriftstellerin. Und obwohl sie ein uneheliches Kind war, hat sie trotzdem später viel Geld verdient. Für die SS hat sie sich auch eingesetzt, andererseits hat sie sich geweigert, Nazis als Helden in ihre Romane hineinzuschreiben, obwohl der Hitler das von ihr verlangt hat. Da hat der Führer ihr ganz schön Ärger gemacht, das sag’ ich Ihnen!« Schimmler überzeugte sich kurz davon, dass Anne ihm noch folgte, und schob dann hinterher: »Das war eine Beerdigung in Rottach-Egern, von der Frau Hedwig Courths-Mahler! Das kann ich Ihnen sagen. Aber falls der Kürschner hier beerdigt wird, dann wird das auch ein großes Aufgebot. Vielleicht

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