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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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herunterfahren und winkte Anne heran: »Wie war Ihr Name doch gleich?«
    Â»Anne Loop.«
    Â»Neu hier?«
    Anne nickte.
    Â»Wir sollten mal einen Kaffee miteinander trinken.«
    Als Anne nach Hause kam, war sie überrascht, denn Bernhard war noch wach. Er umarmte sie. »Und?«
    Â»Das war ein bizarrer Abend«, sagte Anne.
    Â»Wieso bizarr?«
    Während Bernhard für sie die Pfannkuchensuppe aufwärmte, die er mit Lisa abends gegessen hatte, stand sie neben ihm und erzählte: von der blutigen Leiche in der Milch, von Nonnenmachers Schweigen und von Schönwetter, diesem jungen Kripobeamten aus Miesbach, der sie, obwohl er sich etwas unpassend benommen hatte, auch irgendwie beeindruckt hatte. Als Anne dann saß und ihre Suppe löffelte, fragte Bernhard: »Meinst du auch, dass es kein Mord war?«
    Â»Das ist für mich erst mal gar nicht das Merkwürdigste. Komisch ist doch vielmehr, dass da Milch im Schwimmbecken war. Ich frage mich: Was soll das – und: Wie kommt die Milch da rein?«
    Â»Jemand muss sie hertransportiert haben.«
    Â»Genau. Aber erstens wie und zweitens warum? Die Haushälterin sagt, dass Kürschner nie in Milch gebadet hat.«
    Â»Also hat sie ein anderer da hineingeschüttet«, sinnierte Bernhard.
    Â»Aber vorher hat dieser Jemand das Wasser ablaufen lassen.« Anne dachte kurz nach und sagte dann: »Mensch, jetzt fällt mir was auf: Im Haus wurde das Wasser abgestellt. Womöglich hat das etwas mit der Milch zu tun.«
    Â»Dass die Milch durch die Wasserleitung kam?«
    Â»Das wäre eine Möglichkeit«, sagte Anne und gähnte.
    Â»Aber wozu?«
    Â»Mein erster Gedanke war, dass das wie Kunst aussieht: eine Art surrealistisches Gemälde.«
    Â»Kunst mit Leiche?«
    Â»Sozusagen.«
    Die beiden gingen schlafen.
    Als der Bootsführer Klaus Amend am Sonntagmorgen kurz vor dem Gottesdienst in der Klosterkirche auf seine Stammtischkameraden, den Fischer Wastl Hörwangl und den Bauern Pius Nagel, traf, wurde ihm ziemlich schnell ziemlich heiß in seinem weißen Hemd mit den Stickereien, den Wadlwärmern und der schwarzen kurzen Lederhose mit den grünen Verzierungen. Der plötzliche Hitzeschub lag weniger an den sommerlichen Temperaturen dieses Frühlingstags als vielmehr an der Tatsache, dass der Fischer Hörwangl von seiner Frau, die mal wieder im Hotel Bayern Zimmerdienst gehabt hatte, erfahren hatte, dass man munkle, der Milliardär Kürschner sei in der letzten Nacht verstorben. Doch damit nicht genug: es gehe das Gerücht um, dass der Mäzen vom Tegernsee einem Mord zum Opfer gefallen sei.
    Man konnte nun nicht behaupten, dass die drei Tegernseer Kammerjäger an anderen Tagen mit besonders großer Aufmerksamkeit der Messe gefolgt wären, aber heute rauschte die Predigt komplett an ihnen vorbei. Jeder für sich grübelte darüber nach, was es zu bedeuten hatte, dass der Kürschner, dem sie nur das Wasser hatten abstellen und mit der Milch einen deutlichen Wink mit dem Zaunpfahl »in Sachen Million« hatten geben wollen, nun tot war und man in wohlunterrichteten Hotelierskreisen sogar einen Mord vermutete. Es waren vor allem drei Fragen, die die drei Freunde des verstorbenen Ferdinand Fichtner quälten. Erstens: War nach ihnen etwa noch ein echter Verbrecher am Werk gewesen? Zweitens: Würden sie nun, obwohl total unschuldig und nur an ihrer eigenen Million interessiert, in diesen Mordfall hineingezogen werden? Und drittens: Wie sollten sie jetzt, wenn es stimmte, dass der Kürschner sich gen Himmel verabschiedet hatte, ihr Geld zurückholen?
    Das ungute Gefühl wurde noch durch das Gerücht verstärkt, dass eigens ein auf Spurensicherung spezialisierter Trupp aus Miesbach im Grundnerhof gewesen sei, der, so wurde es kolportiert, Fingerabdrücke, Fuß- und sogar Gipsabdrücke von vorgefundenen Traktorspuren genommen hatte.
    Â»Mir sollten am besten gleich zur Polizei und alles zugegeben«, zischelte Hörwangl dem neben ihm sitzenden Amend ins Ohr. »Das junge Polizeifräulein, das schon vormittags Bier trinkt, hat vielleicht Verständnis für unsere Aktion.«
    Doch Amend fand diese Idee vollkommen wahnsinnig. Man würde ihnen doch sowieso nicht glauben. Außerdem seien sie durch Ferdls saudummen Selbstmord schon zur Genüge ins Visier der Polizeikräfte geraten. Wenn da jetzt noch ein Milliardär hinzukäme, so vermutete

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