Tegernseer Seilschaften
begrabenâs ihn auch nur in Grünwald. Bei den Reichen weià man ja nie, woâs hingehören, heutzutage. Bei unsereins ist das ja klar, aber ein Reicher hat ja keine Zeit zum Wurzeln schlagen, gell â er muss ja immerzu seinem Geld hinterherrennen. Das ist die Kehrseite vom Globalismus, ja, so ist das.«
»Und wer soll den Herrn Kürschner ermordet haben?« Anne schaute Schimmler fragend an.
»Russen-Mafia, die sind heut weltweit aktiv.«
Sie nickte, und der Alte fügte hastig hinzu: »So, ja, dann habâ ichâs wieder, also, nix für ungut, Frau Loop, gell, und das liebe Mädel«, er versuchte, Lisa übers Haar zu streichen, aber die zog schnell ihren Kopf weg.
Was war nur wieder mit dem Magen los? Es war Montag, und Kurt Nonnenmacher war so verzweifelt, dass er sogar die von seiner Frau eingepackten Karotten gegessen hatte. Nicht nur, dass das Verdauungsorgan sich zu den unmöglichsten Momenten lautstark zu Wort meldete, immer häufiger verspürte er auch kolikartige Schmerzen im Bauch. Die Situation war bereits so unerträglich geworden, dass der Chef der Wiesseer Polizei tatsächlich mit dem Gedanken spielte, einen Arzt aufzusuchen. Und dies, obwohl er jetzt bereits vierzehn Jahre gut ohne Arzt ausgekommen war! Das letzte Mal hatte ihn seine Frau zur Prostatauntersuchung geschickt, doch dieses Erlebnis war für Nonnenmacher derart einschneidend gewesen, dass er in den Folgejahren alle Gebrechen und Schmerzen so gut wie möglich vor der Gattin verheimlicht und mit der Heilkraft des Tegernseer Biers behandelt hatte. Das wollte er nie wieder erleben! Als ob es nicht schon genug der Peinlichkeit gewesen wäre, dass der Doktor sich vor den Augen einer jungen Hilfsärztin an Nonnenmachers Hodensack zu schaffen gemacht hatte, war diese von dem Urologen dann während der Untersuchung doch glatt noch dazu aufgefordert worden, auch ihrerseits und eigenhändig â natürlich mit Handschuhen â an Nonnenmachers empfindlichster Stelle herumzutasten. Eine, wie Nonnenmacher fand, für einen Polizeibeamten in leitender Stellung unmögliche Situation! Natürlich war dabei überhaupt nichts herausgekommen. Vielmehr hatte der Doktor seinem Patienten beste Prostatagesundheit attestiert, und Nonnenmacher hatte beschlossen, sich erst wieder einem Quacksalber auszuliefern, wenn es darum ginge, seinen Tod festzustellen. Doch dieser Entschluss stand nun, auch angesichts der Entwicklungen in Nonnenmachers Berufsleben, auf immer wackeligeren Beinen. Ob er wollte oder nicht, einen Teil der Verantwortung für die ganzen Verwicklungen, in die die Polizeiinspektion Bad Wiessee geschlittert war, musste er schon der jungen Frau Loop zuschieben. Natürlich konnte die neue Kollegin nicht direkt etwas dafür, dass er sich auf einmal mit zwei merkwürdigen Todesfällen konfrontiert sah, aber wer weiÃ, vielleicht spielten da auch übersinnliche Strömungen eine gewisse Rolle. Vielleicht zog Frau Loop mit ihrem Astralkörper einfach Leichen an? Ehe Nonnenmacher diesen an sich nicht uninteressanten Gedanken weiterverfolgen konnte, stand Sepp Kastner bei ihm im Arbeitszimmer. »Und?«
»Was âºundâ¹?«, fragte Nonnenmacher aggressiv zurück. Sein Magen knurrte durch den Raum wie ein Dobermann.
»Aha, wieder Magenweh?«, kombinierte Kastner scharfsinnig. »Hast das gâlesen in der Zeitung, von dem Pferd auf der Autobahn am Irschenberg? Haben die Kollegen einen sauberen Einsatz gehabt. So ein Kindergeburtstag passiert anderswo. Und mir haben zwei Leichen. So schautâs nämlich aus.« Die letzten Sätze hatte Kastner nicht ohne Stolz ausgesprochen.
»Ist die Loop schon da?«, entgegnete Nonnenmacher giftig.
»Ja, die Frau Loop ist schon da. Sie hat heute einen Pferdeschwanz, schaut fesch aus, man könnte sagen, eine Augenweide.«
Nonnenmacher verdrehte die Augen, tippte Annes Kurzwahlnummer auf der Telefontastatur und bat sie zur Lagebesprechung in sein Dienstzimmer.
Als Anne und Kastner kurz danach mit ihm an dem kleinen runden Tisch saÃen, fragte er: »Wie gehen wir weiter vor?«
Kastner schlug vor, erst einmal abzuwarten, bis die Spurensicherung die Fingerabdrücke ausgewertet habe. Womöglich stimmten die mit irgendwelchen bekannten Verbrechern überein, dann könne man relativ schnell und ohne Aufwand zum Ziel kommen, Festnahme, Prozess et cetera.
»Das habe ich mir auch
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