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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Hörwangl, wäre die Schlinge in null Komma nix zugezogen.
    Das vom Pfarrer mit messweingestärkter Stimme eingeleitete Schuldbekenntnis sprach Hörwangl mit noch größerer Inbrunst als damals zu seiner Kommunion. Seinerzeit hatte er sich auch an einem Lebewesen versündigt, allerdings nicht an einem Milliardär, sondern an der Katze der Nachbarin. Hörwangl hatte versucht – dies übrigens in bester Absicht –, dem Kätzchen das Schwimmen beizubringen. Das Vieh war dabei jämmerlich ertrunken. Letztlich war vor dem lieben Herrgott ein Milliardär zwar auch nur ein Wesen und damit grundsätzlich allem anderen, was über den Erdball kroch, also auch jungen Katzen, gleichgestellt. Doch, so hatte Hörwangl im Laufe seines Lebens den Eindruck gewonnen, solche Milliardärswesen wurden wegen ihres Reichtums von der Polizei besonders geschützt. Obendrein war Kürschner natürlich auch ein Mensch. Es war eine missliche Lage, in die sich die vier Tegernseer Robin Hoods durch ihren mutigen und, wie sie fanden, von Gerechtigkeit in Reinstform getragenen Plan gebracht hatten.
    Beim anschließenden Frühschoppen im Bräustüberl saßen die drei zunächst schweigend an ihrem Tisch und beneideten fast ein wenig den Fichtner Ferdl, den dieses Problem, das sie nun hatten, nicht mehr zu beschäftigen brauchte. Hörwangl spielte sogar mit dem Gedanken, sich auch an einem Baum am Leeberg aufzuhängen, verwarf diesen aber nach einem Blick in Richtung des Zapfbereichs gleich wieder – denn seine Lieblingsbedienung, das Reserl mit den herrlich bayerischen Oberarmen, eilte gerade mit einem Tablett voller frisch gezapfter Biere durch den Schankraum. Als Leiche konnte man weder mit dem Reserl schäkern noch ein halbes Dutzend Tegernseer Helle trinken, und außerdem war, das sah man ja nun beim Ferdl, mit so einem Selbstmord, auch wenn man ihn in bester Absicht beging, gar niemandem geholfen. Bei Fichtners Frau war nun nicht einmal sicher, ob sie Geld von der Lebensversicherung bekommen würde, weil diese Saubande von Versicherungen natürlich auch dazu im Kleingedruckten irgendeine Passage versteckt hatte, die keiner verstand, aber jetzt, wo es bei der Fichtner Evi ums Eingemachte ging, plötzlich Wirkung entfaltete. Aber während Hörwangl so dasaß und mal sein Glas anschaute, mal die Waden vom Reserl und auch immer wieder einen Schluck von dem perlenden Getränk nahm, das da in sonnigem Gelb vor ihm stand, hellte sich seine Stimmung so sehr auf, dass er dem Nagel Pius und dem Amend Klaus, begleitet von einem lauten »Ich geb’ eine Runde aus«, auf die Schulter haute.
    Am selben Morgen, einige Stunden früher, stand Lisa neben Annes Bett und flüsterte: »Mama. Maamaa. Maaamaaa.« Anne fühlte sich wie gerädert und beschloss, sich schlafend zu stellen. Doch ihrer Tochter war dies völlig gleichgültig.
    Â»Mamma! Wach auf! Es ist schon hell.« Jetzt zog Lisa auch noch an ihrer Decke! Es gab nichts, was Anne, seit sie Mutter geworden war, als so einschneidend empfand wie die Tatsache, nicht mehr schlafen zu können, wann sie wollte. Seit Lisa auf der Welt war, fühlte sie sich permanent übermüdet. Anne hielt die Augen weiter geschlossen. Konnte sie nicht einmal richtig ausschlafen? Doch mittlerweile hatte Lisa die Decke über ihren Füßen hochgehoben und begann, ihre Fußsohlen zu kitzeln. Anne war furchtbar empfindlich an den Füßen und fuhr auf.
    Â»Lisa! Ich war die ganze Nacht im Einsatz. Ich bin müde. Lass mich bitte schlafen!«
    Â»Ich will aber raus, Mama, außerdem habe ich Hunger und will ein Buch mit dir anschauen«, quengelte Lisa.
    Â»Du willst raus und ein Buch anschauen?«, fragte Anne. »Wie soll das gehen?«
    Â»Na ja, halt entweder oder.« Lisa runzelte die Stirn.
    Â»Ich will aber noch schlafen.«
    Â»Och, Mama. Warum gehst du auch so spät ins Bett?«
    Â»Weil ich arbeiten musste.«
    Â»Immer dieses Arbeiten! Wieso müssen Eltern immer arbeiten?«
    Â»Bitte, Lisa, hör dir eine CD an, in deinem Zimmer. Ich kann jetzt wirklich nicht aufstehen, ich bin total k.   o.«
    Lisa ging zum Fenster und zog die Vorhänge auf. Da grunzte Bernhard: »Was soll denn das?«
    Â»Da ist ein Fuchs im Garten!«, rief Lisa.
    Â»Das glaubst du ja selbst nicht«, sagte Anne ungläubig.
    Â»Doch, da, schau!«
    Anne sprang auf und ging zum

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