Tegernseer Seilschaften
den Umweg über den Grundnerhof zu spät zum Dienst kommen würde, rief sie noch schnell vom Mountainbike aus in der Dienststelle an. Nonnenmacher ging ans Telefon und reagierte etwas unwirsch. Ihm wäre es lieber, wenn Anne gleich in die Dienststelle käme und mit Sepp Kastner nach Kreuth fahren könne, um sich dort die Ampel an der Kreuzung Wiesseer StraÃe und Ringbergweg anzusehen. Man habe sie als zuständige Polizei dazu aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. Viele Anwohner wünschten, dass dort eine Druckampel installiert würde.
»Das kann ich gerne machen«, antwortete Anne, vom Radfahren etwas auÃer Atem, »aber das können wir vielleicht eine Stunde später auch noch checken, oder?«
Nonnenmachers Entgegnung hörte sie nur noch halb, denn vor ihr hatte sich ein uniformierter Polizist mit Kelle aufgebaut. Anne musste anhalten. Sie kannte den Beamten nicht.
»So, dann machen wir mal ganz schnell das Handy aus«, verlangte der Beamte freundlich.
»Nein, das machen wir sicher nicht«, sagte Anne kess. »Was meinen Sie wohl, wen ich am Apparat habe?«
Der Beamte schaute verdutzt, fing sich dann aber und meinte: »Das ist mir eigentlich egal. Sie wissen schon, dass das Telefonieren auf dem Fahrrad verboten ist? Da gibtâs ein BuÃgeld, fünfundzwanzig Euro.«
Aus ihrem Hörer vernahm Anne, wie Nonnenmacher laut und wütend zu erfahren wünschte, was denn da los sei. Sie reichte dem Beamten ihr Handy mit den Worten: »Ich glaube, das ist für Sie.«
Widerwillig nahm der Beamte das Handy. »Ja?« Nach einer kurzen Pause war zu hören: »Ach so, Kurt, ach so, jaja, ach so. Jaja. Ich dachte ⦠ja, Servus.« Dann drückte er die Auflegetaste und sah Anne in die Augen. »Sie sind also die Neue. Schon viel von Ihnen gehört, kann ich nur sagen.« Sein Blick glitt von ihrem Gesicht über ihre Brüste und Beine, die wegen der sehr kurzen Hose, die Anne trug, noch länger aussahen als sonst, bis zu ihren FüÃen, die in Joggingschuhen steckten. »Aber eigentlich gilt das mit dem BuÃgeld auch für Polizeibeamte.«
»Aber das Telefonat diente den Ermittlungen in einem Mordfall«, erwiderte Anne mit gespieltem Ernst.
Wenig später stand sie vor dem Grundnerhof und stellte fest, dass das Haus verwaist war. Schnell rief sie Sepp Kastner an und lieà sich die Telefonnummer von Frau Gsell geben, die wenige Minuten später die Räder ihres Kleinwagens vor dem prächtigen Anwesen des verstorbenen Kürschner knirschend zum Stehen brachte.
Wie Anne befürchtet hatte, sah das Schwimmbad des Milliardärs aus, als hätten es Katzen leer geschleckt. Da war kein Tropfen Milch mehr, mit dem sich eine Analyse hätte vornehmen lassen. Anne war enttäuscht.
Auch noch eine Stunde später, als sie längst neben Sepp Kastner in Uniform im Streifenwagen saÃ, ärgerte sie sich über sich selbst und ihre Unerfahrenheit. Warum hatte sie nicht sofort eine Milchprobe genommen?
»Was ist denn heut los mit dir?«, wollte ihr Kollege wissen, während er den Wagen in Richtung Kreuth steuerte. Anne erzählte ihm von den Hindernissen auf ihrem Weg, über die Milch den Herkunftsbauernhof zu ermitteln. »Warum rufst du nicht den Nasswetter von der Kripo an und fragst, ob die dir eine Probe geben können?«
»Schönwetter«, verbesserte Anne ihn.
»Dann halt Schönwetter, aber die haben doch sicher eine Probe genommen, oder?«
»Da bin ich mir nicht so sicher, weil die ja schon am Tatort festgestellt haben, dass der Tod vermutlich durch einen Sturz eingetreten ist und mit der Milch nichts zu tun hat. Warum hätten die dann eine Milchprobe mitnehmen sollen?«
»Na ja, probieren kostâ ja nix«, meinte Kastner.
Und dann waren sie schon an der Ampel im Kreuther Ortsteil WeiÃach, und ihr Kollege regte sich darüber auf, um was für einen Scheià man sich als Polizist kümmern müsse. Sie machten Fotos und Notizen und fuhren zurück zur Dienststelle. Dort verfasste Kastner einen Bericht über die Ampelsituation, und seine Kollegin setzte sich ans Telefon.
»Hallo, hier spricht Anne Loop von der Polizeiinspektion Bad Wiessee. Ich weià nicht, ob Sie sich an mich erinnern, ich war eine der Beamtinnen vor Ort, als Sie mit Ihrem Team die Spuren in dem Fall um den toten Milliardär am Tegernsee sicherten.«
»Na klar erinnere ich
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