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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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hatte Anne völlig vergessen, dass die ganze Lösung darauf basierte, dass sie dem Labor nicht nur die Probe aus dem Pool schickten, sondern auch noch ein Dutzend Vergleichsproben verschiedener Bauernhöfe, die infrage kamen. Und rund um den Tegernsee gab es weit mehr als ein Dutzend Landwirte.
    Â»Auf diese Frage hätte ich sehr gerne noch eine Antwort, bevor hier teure Analysen in Auftrag gegeben werden. Gerade in diesen Zeiten müssen mir auch an den Steuerzahler denken. Da haben wir eine Verantwortung, dass wisst’s ihr ganz genau. Und außerdem …«, Nonnenmacher machte eine Kunstpause, in der auch sein Magen ausnahmsweise schwieg, »… habe ich noch einen Auftrag: Was mir nämlich in dem ganzen Millionärstheater vergessen haben, ist die Sache mit dem Hosenträger vom Ferdl. Ich habe mir das alles noch einmal von vorn bis hinten durch den Kopf gehen lassen und habe jetzt einen Auftrag zum vergeben: Sie, Frau Loop«, er sah Anne scharf an, »Sie werden noch einmal die Familie vernehmen und herausfinden, ob der Ferdl irgendwelche … äh … sexuellen Dinge gemacht hat, die wo sich außerhalb der Norm bewegen, wenn man das so sagen kann. Das werden Sie mir jetzt bitte schnellstmöglich herausfinden, weil eine Spur ist eine Spur, noch immer.«
    Dann machte er auf dem Absatz kehrt, und das Letzte, was Anne und Kastner von ihrem Chef hörten, war sein johlender Magen. Was die beiden nicht wussten, war, dass Nonnenmacher zurück in seinem Zimmer entgegen seiner sonstigen Gewohnheit die Tür schloss und dann heimlich aus seinem Schreibtisch eine Tupperwarendose hervorzauberte, um anschließend mit einem kleinen hellblauen Plastiklöffel daraus gekochten Reis zu löffeln. Seine Frau hatte lange auf ihn eingeredet, um ihn zu dieser neuartigen Methode der Bekämpfung seiner Magenprobleme zu bewegen. Sie hatte davon in einer Frauenzeitschrift gelesen.
    Â»Na, dann mal los«, sagte Anne, worauf sie lediglich einen verständnislosen Blick Kastners erntete.
    Â»Wohin?«
    Â»Na, zur Evi Fichtner, Vernehmung zu sexuellen Dingen, die wo sich außerhalb der Norm bewegen«, äffte Anne die gestelzte Formulierung des magenkranken Chefs nach.
    Evi Fichtner sah besser aus als beim letzten Mal, als Anne bei ihr gewesen war. Die Frau wirkte jedoch wenig erfreut, als sie die beiden Polizisten – in Zivil – den schmalen Weg zu ihrem Haus heraufkommen sah. Sie trug Gartenhandschuhe und schien Unkraut zu jäten.
    Â»Guten Tag, Frau Fichtner«, grüßte Anne und streckte der Bäuerin die Hand hin.
    Diese antwortete mit einem »Grüß Gott« und bot ihr nur das Handgelenk. »Ich bring gerade den Garten in Ordnung«, merkte sie als Entschuldigung an, dass sie die Handschuhe nicht auszog. Auch Kastner bekam das starke Handgelenk der Bäuerin entgegengestreckt.
    Â»Mein Kollege, Herr Kastner, auch aus Wiessee«, erklärte Anne mit Blick auf Sepp. »Wir hätten da noch ein paar Fragen zu Ihrem Mann.«
    Â»Ja?«, fragte Evi Fichtner zweifelnd. »Können wir’s jetzt nicht bei dem Unglück belassen, das meine Familie dadurch hat? Muss man da noch mehr herumstochern?«
    Â»Ja, schon«, meinte Anne, bevor sie in eindringlichem Ton fortfuhr: »Wir sehen nach wie vor kein rechtes Motiv für einen Freitod Ihres Mannes.« Die Bäuerin zuckte gleichgültig mit den Schultern.
    Doch Anne gab nicht auf. »Können wir reingehen?«
    Wie beim letzten Mal lief im Haus leise Volksmusik. Wieder setzten sie sich in die Stube mit der Eckbank. Doch Anne spürte, dass im Vergleich zu ihrem vorigen Besuch etwas fehlte. Sie brauchte eine Weile, bis sie wusste, was verändert worden war. »Wo ist denn das Kruzifix, das Sie hier im Eck hängen hatten?«
    Â»Ach ja, fällt Ihnen das auf, dass es weg ist?«, fragte die Bäuerin. Anne wartete auf eine Erklärung, doch da kam nichts. Vielmehr sagte die Frau des Toten: »Und, was wollen’s jetzt noch wissen?«
    Â»Warum haben Sie das Kruzifix abgehängt, Frau Fichtner?« Anne blickte die Bäuerin fragend an.
    Â»Ach, das hab’ ich nimmer anschau’n woll’n.«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Weil’s mich an meinen Mann, an den Tod erinnert. Letztlich hat er sich ja auch geopfert.«
    Anne sah Evi Fichtner irritiert an. »Wie meinen Sie das?«
    Â»Na ja, letztlich hat er sich ja wohl wegen uns … ist er

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