Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
Deutschen über die Schulter zu.
Samira lachte ebenfalls und widmete sich wieder ihrer Arbeit, doch sie war nicht mehr richtig bei der Sache. Neidvoll sah sie auf die Sedfotos des Supermodels, das sie betreuen sollte. Das Mädchen war jünger als sie, aber es konnte bereits auf eine ruhmreiche Karriere verweisen. Es war schon bei allen großen Modenschauen dabei gewesen, auf den Laufstegen in Mailand, New York und Paris gelaufen, besaß Apartments in New York, Miami und London. Ein berühmter Filmschauspieler war ihr Freund. Den Namen des Mädchens hatte Samira vorher noch nie gehört, und dennoch schien das Model eine Berühmtheit in der Branche zu sein. Samira wäre so gerne ebenfalls in dieser Situation! Je mehr sie mit den Supermodels zu tun hatte, desto mehr sehnte sie sich danach, zu ihnen zu gehören.
Sie musste unbedingt noch einmal bei Diana Washington anfragen. Die befand sich zwar gerade in einer Besprechung, aber sobald sie damit fertig war, würde sie ihr Anliegen vortragen.
Samira kam allerdings erst am Nachmittag dazu, mit der Chefin zu sprechen. Die Frau betrat das Großraumbüro, um die nächsten wichtigen Termine zu verkünden. Auf dem Rückweg in ihr eigenes Büro fing Samira sie an der Tür ab.
„Diana, darf ich Sie kurz sprechen?“, fragte sie die Geschäftsfrau,
„Gerne, Worum handelt es sich?“
Samira spürte, dass sie errötete, noch bevor sie das erste Wort herausgebracht hatte.
„Ich möchte Sie fragen, ob es nicht vielleicht doch eine Möglichkeit für mich gibt, als Model zu arbeiten. Ich sehe hier bei der Arbeit, dass immer neue Gesichter gesucht werden. Können Sie mir nicht eine Chance geben?“
Diana Washington runzelte die Stirn. „Samira, ich dachte, du hättest inzwischen gemerkt, dass zu dem Job eine Menge mehr dazugehört, als hübsch zu sein. Es kommt nicht nur auf bestimmte Maße und Schönheit an. Ein gutes Model benötigt neben den passenden Äußerlichkeiten auch ein hohes Maß an Disziplin, Wandlungsfähigkeit, ein starkes Selbstbewusstsein, eine ausdrucksvolle Körpersprache und vor allen Dingen Beständigkeit. Ich habe keine Ahnung, ob du das mitbringst, Samira. Und du hast selbst gesagt, dass du erst eine Ausbildung brauchst. Also kann ich dich nicht auf die Laufstege oder zu den Shootings schicken.“
„Ich weiß“, erwiderte Samira unbeirrt. Ihre Röte vertiefte sich, aber sie wollte sich nicht so schnell geschlagen geben. „Ich kann Ihnen gern eine Probe meines Könnens geben. Lassen Sie mich vor Ihnen laufen, dann zeige ich Ihnen, was ich kann.“
Die Falten des Zweifels auf Diana Washingtons Stirn blieben. „Soll ich dich auf dem Catwalk laufen oder ein Shooting extra nur für dich organisieren lassen, damit du mir zeigen kannst, was du drauf hast? Das geht nicht.“
Sie wollte sich abwenden, doch Samira hielt sie zurück. „Wir brauchen keinen Laufsteg, Ihr Büro tut es auch. Es wird nur fünf Minuten dauern, das verspreche ich Ihnen!“
Diana Washington zögerte. Doch dann nickte sie. „Also gut. Komm mit.“
Gemeinsam gingen die beiden in das großzügige Büro der Chefin, aus dessen Fenster der Besucher auf den Sunset Boulevard blickte. Die Sonne lachte hinein, doch es blieb angenehm kühl in dem Raum. Es roch nach Vanille und Veilchen.
Diana setzte sich erwartungsvoll auf die Kante ihres Schreibtischs.
Samira schluckte schnell den Kloß hinunter, der sich vor Aufregung in ihrer Kehle gebildet hatte, und versuchte, sich ins Gedächtnis zu rufen, was sie sich im Laufe des Tages ausgedacht hatte. Sie würde der Chefin ein paar Posen zeigen, ihren Gang und auch ihre Beweglichkeit.
Zuerst wollte sie ein natürliches, fröhliches Lächeln aufsetzen. Dafür dachte sie an ihren letzten Einsatz als Berliner Sehenswürdigkeit auf der Internationalen Tourismusbörse zurück. An das empörte Gesicht von Wally, dem Mann, der sie angeheuert hatte, als sie früher ging, um rechtzeitig zum Modelwettbewerb im „Pour Elles“ zu kommen. Und an den Moment, als ihr verkündet wurde, dass sie den Modelwettbewerb gewonnen hatte.
Es funktionierte. Sie konnte ihr Lächeln in den Augen von Diana Washington gespiegelt sehen, die sie immer noch erwartungsvoll betrachtete.
Dazu drehte sie sich um sich selbst. „Ich zeige Ihnen heute die schönste Mode der Welt. Betrachten Sie die feschen Rüschen und schicken Falten, die eleganten Säume und teuren Bordüren“, sagte sie, als würde sie tatsächlich wertvolle Stoffe anpreisen.
Ein amüsiertes
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