Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
wünscht? Sie haben sogar selbst zugegeben, dass Sie den Mann verprügelt haben.“ Sie stand an dem großen Fenster, das einen grandiosen Blick auf Downtown New York zeigte. Allerdings interessierte sich in diesem Moment niemand für die Aussicht, erst recht nicht Jack Logan, der neben seinem Anwalt wie ein Häufchen Elend an dem runden Tisch im Büro saß und sich in Schweigen hüllte.
Edvard Franzens, sein Anwalt, beugte sich zu ihm und flüsterte: „Ich hatte Ihnen doch gesagt, Sie sollen auf keinen Fall etwas sagen. Und dann ausgerechnet vor dem Detective! Ein Geständnis fällt Ihnen immer auf die Füße.“
Jack knurrte, ohne richtig zu antworten.
Dafür räusperte sich Franzens, als hätte er einen Frosch im Hals, und sprach laut zur Staatsanwältin. „Mein Mandant ist bisher strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten. Er steht unter enormem Stress, weil er gerade erfahren hat, dass er vermutlich nie wieder Sport treiben kann. Er war in dem Augenblick im Sportstadion, umgeben von Sportlern und aufgebrachten Fans, nicht Herr seiner Sinne.“
„Sie wollen auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren?“, fragte die Staatsanwältin erstaunt und ging einen Schritt vom Fenster weg auf die beiden zu, als wolle sie besser hören, was gesagt wurde. Oder es besser verstehen. „Damit kommen Sie niemals durch.“
„Nein, keine Unzurechnungsfähigkeit, es ist mir klar, dass das unsinnig wäre. Ich meine damit, dass der Vorfall ein einmaliger Ausraster war, der meinem Mandanten nie wieder passieren wird. Ihn deshalb vor Gericht zu schleifen, wäre der Sache nicht angemessen. Damit würde nur unnötig das Geld der Amerikaner zum Fenster hinausgeworfen.“
Die Staatsanwältin runzelte unwillig die Stirn. „Einen Straftäter zu verurteilen, würde ich kein herausgeworfenes Geld nennen. Und schwere Körperverletzung ist nun mal eine Straftat.“
„Ich weißt, Frau Staatsanwältin“, warf der Anwalt einlenkend ein. „Ich meine damit, dass wir die Anklage vielleicht auf eine minderschwere Tat abändern könnten, zum Beispiel Belästigung. Mein Mandant würde dann dem Opfer eine reichliche Entschädigung zahlen, ohne dass der Mann eine Zivilklage anstrengen muss. Mein Mandant würde seinen guten Ruf nicht durch eine Gerichtsverhandlung riskieren, das Opfer müsste nicht durch den langwierigen Prozess der Klage gehen und kann Anwaltskosten sparen. Man würde dem armen Mann ersparen, immer wieder erneut aussagen und sich an die schrecklichen Minuten erinnern zu müssen. Gleichzeitig wäre aber dem Gesetz Genüge getan. Was meinen Sie dazu, Frau Staatsanwältin?“
Sie zog nachdenklich ihre Augenbrauen nach oben und wiegte den Kopf. „Sie haben sich da eine schöne Strategie ausgedacht, Herr Anwalt. Sie klingt relativ einleuchtend, nur dass es sich nicht um Belästigung handelte, sondern um schwere Körperverletzung. Und die reine Weste Ihres Mandanten ist mir ziemlich egal. Wenn jeder mit diesem Argument kommen würde, wären die Gefängnisse nicht mal zur Hälfte gefüllt.“
„Sie wissen, dass das nicht stimmt. Die Gefängnisse sind voll von Wiederholungstätern. Mein Mandant dagegen ist ein unbeschriebenes Blatt.“
„Ist das so?“ Die Frau ging zu ihrem Schreibtisch und holte ein Blatt hervor, das sie in die Höhe hielt. Jetzt sah sie aus, als würde sie Jack einen vergifteten Apfel reichen wollen. „Ich habe in Deutschland angefragt, mit wem ich es hier zu tun habe. Man teilte mir mit, dass Ihr Mandant bereits gerichtlich belangt wurde. Wegen Verführung einer Minderjährigen.“
„Das Verfahren wurde eingestellt!“, brauste da auf einmal Jack auf. „Ich war unschuldig. Sie hat es nur behauptet.“
„Natürlich“, erwiderte die Staatsanwältin süffisant. „Auch das sagen alle.“
Der Anwalt legte beruhigend seine Hand auf Jacks Arm und ergriff wieder das Wort. „Das Verfahren tut nichts zur Sache, weil es eingestellt wurde. Rein rechtlich ist mein Mandant unbescholten. Und selbst wenn: Verführung einer Minderjährigen ist ein völlig anderer Strafbestand als schwere Körperverletzung. Sie werden wohl einsehen, dass das meinem Mandanten in diesem Fall nicht als einschlägig vorgeworfen werden kann.“
„Ich habe sie nicht verführt!“, protestierte Jack erneut, doch die Staatsanwältin ignorierte ihn.
„Was meinen Sie, Herr Anwalt, sollen wir das Opfer zu unserer kleinen Diskussion hinzuziehen? Wenn sich der Mann mit Ihrem Vorschlag einverstanden erklärt, denke ich vielleicht darüber
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