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Tempel der Unsterblichen

Tempel der Unsterblichen

Titel: Tempel der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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konnte den Blick nicht vom Gesicht ihres fast noch knabenhaften Vampirs wenden. Seine Augen . Seltsam, sie schienen Lilith vertraut .
    Der Jaguar von vorhin tauchte unvermittelt in ihren Gedankenbildern auf. Der Jaguar mit diesen eigenartigen Augen, die ihr auf geradezu unheimliche Weise menschlich vorgekommen waren - - und in die sie nun, indem sie Chiquel anschaute, ein zweites Mal sah?
    Unmöglich!
    Oder nicht?
    Das Flackern in Chiquels Blick verstärkte sich. Seine Züge schien er kaum noch im Zaum halten zu können. Fast weinerlich sah er drein, in jedem Falle aber verzweifelt. Und Landru entließ ihn nicht aus seinem Bann.
    Aus den Augenwinkeln registrierte Lilith, daß die anderen dieses merkwürdige stumme Duell sehr aufmerksam verfolgten, ohne ihr Interesse freilich offen zu zeigen. Sie beobachteten es nur mit verstohlenen Blicken.
    Die Stille, in der es vonstatten ging, lastete wie ein tatsächliches Gewicht über ihnen allen, und als es fast unerträglich wurde, brach Landru endlich das Schweigen.
    »Du warst dumm und dreist«, sagte er, leise und knurrend wie ein Tier, »und mehr noch: du hast dich versündigt, Chiquel - gegen deinen Vater!«
    Der Angesprochene rang sichtlich nach Worten, und es dauerte Sekunden, bis er endlich entgegnen konnte: »Aber, Vater, laßt Euch erklären . Ich wollte doch nie .«
    »Aber du hast es getan!« Landrus Stimme war Donner.
    »Ja, aber .«
    »Schweig!«
    Chiquel nickte stumm, am ganzen Leibe bebend.
    »Du weißt, daß solcher Frevel nicht ungesühnt bleiben kann«, erklärte Landru.
    »Ja, Vater.«
    Chiquel senkte das Haupt, demutsvoll, schicksalsergeben.
    Atemlose Stille kehrte ein. Überlaut klang darin das Rascheln von Landrus Kleidung, als er den Arm ausstreckte und die Hand auf Chiquels Scheitel legte - ganz so, als wollte er ihn segnen.
    Aber das lag keineswegs in seiner Absicht. Ganz und gar nicht.
    Im Gegenteil -
    Es gab kaum ein äußeres Anzeichen dafür, was Landru tat. Allenfalls ein kaum sichtbares purpurfarbenes Flimmern, das seine Hand wie ein feiner Gazehandschuh umhüllte, für einen so kurzen Moment nur, daß es ebensogut eine Täuschung sein konnte.
    Aber etwas geschah. Etwas Fürchterliches, kaum zu Beschreibendes.
    Ein Vater strafte seinen Sohn. Auf eine Weise, die nicht zu verstehen war, nur - zu sehen. Und zugleich war allen, die es mit ansahen, als müßten sie Chiquels Leiden selbst erdulden.
    Kräfte flossen, von denen nur Landru wußte, daß Hütermagie ihre Quelle war. Noch immer bescherte es ihm ein Hochgefühl, endlich wieder daraus schöpfen zu dürfen, und fast war er Chiquel dankbar dafür, daß er ihm neuerlichen Anlaß dazu gab.
    Chiquel schrie auf und sank in die Knie, als drücke Landrus Hand ihn nieder. Tatsächlich aber war seine eigene Kraft ihm nicht länger nutzbar. Zwar war sie noch in ihm, aber sie wandte sich gegen ihn, wütete in ihm und vergewaltigte sein Fleisch, seinen ganzen Leib.
    Unter der mit Glyphen und Figuren bemalten Haut zuckte es, als wüchsen dort mit einemmal Geschwüre zu Dutzenden, die obendrein noch ein unmögliches Eigenleben führten und hin und her zuckten. Chiquels Knochen verformten sich mit mahlendem Knirschen. Die Adern schwollen ihm an, als tobe das schwarze Blut darin, und zogen sich als fette dunkle Stränge über seinen Körper.
    Chiquel mußte Höllenqualen erleiden. Und der Moment, da er daran zerbrechen mußte, war spürbar nahe.
    Doch Landru ließ nicht nach.
    Wie bleiche Spinnenbeine lagen seine Finger mittlerweile um Chi-quels Schädeldecke, entließen das kreischende Etwas, in das Chiquel sich längst verwandelt hatte, nicht aus ihrem Griff.
    Bis plötzlich - »Hör auf!«
    Liliths Hand drosch Landrus Arm beiseite! Seine Finger lösten sich. Chiquel, kaum noch zu identifizieren, fiel zur Seite, blieb wimmernd und sich windend liegen, und noch immer tobte die entfesselte Kraft in ihm.
    Landru fuhr herum. Sein Blick brannte, sein Gesicht war eine Maske des Zorns, und für einen Moment befiel Lilith der Gedanke, daß dies das wirkliche Gesicht des Vampirs sein könnte.
    »Du wagst es ...?« geiferte er.
    Lilith trotzte seinem Blick mit eisiger Miene. In ihren Augen jedoch lag ein Funkeln, das von Energien gespeist wurde, deren Vorhandensein sie selbst überraschte.
    »Du hättest ihn umgebracht!« fuhr sie Landru an.
    »Und? Er hatte jeden Tod verdient«, behauptete er.
    »Kein Kind hat den Tod durch seines Vaters Hand verdient«, erwiderte sie kalt - und ergänzte dann mit einem kleinen,

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