Tempelhyänen
In der Nachricht, die sie hinterlassen hatte, schrieb sie, die Sachen, die die Söhne Hammons haben wollten, wären in Sicherheit. Es gab keinen sichereren Platz als beim Toten Mann. Also glaubte ich nicht, daß sie die Sache aus dem Haus entfernt hatte.
Ob sie es später wieder abholen wollte? Und was konnte es sein? Die verschwundenen Reliquien von Terrell, die ich für Peridont hatte wiederbeschaffen sollen? Möglich. Aber nicht sehr wahrscheinlich. Die Reliquien würden einen ketzerischen Kult nicht so in Wallung bringen, daß er seine eigene Vernichtung riskierte, um sie in die Finger zu kriegen.
Ich mußte mal wieder recherchieren. Dank Dean und dem Toten Mann wußte ich, was der Kult war und was er vorhatte. Aber die Informationen waren ziemlich kärglich. Ich mußte mehr darüber erfahren, was sie glaubten und warum sie es taten. Viel mehr.
Wenn ich allerdings Jill in die Finger bekam, wäre das vielleicht nicht nötig.
»Sieh mal, ich habe Wein gefunden«, sagte Maya. Sie wirkte hocherfreut, also freute ich mich für sie. Mich selbst haute diese Entdeckung nicht gerade um.
»Gut. Stell ihn auf den Tisch.« Ich dachte an den Oberboß. Seine Leute hatten sich seit einiger Zeit ruhig verhalten. Wahrscheinlich waren sie in Deckung gegangen, bis die Aufregung sich gelegt hatte. Und das würde nicht mehr lange dauern. In TunFaire legt sich die Aufregung immer. Warum sollte man sich auch so lange über den Tod einer Bande von Fremden aufregen?
Der Wein war gar nicht mal so schlecht. Wer auch immer die Vorräte angelegt hatte, besaß einen ziemlich teuren Geschmack. Der Sprit half dabei, den Rest der merkwürdigen Mahlzeit mit weniger Schwierigkeiten runterzuwürgen.
»Dean hat mich verdorben«, sagte ich. »Ich bin einfach an vernünftiges Essen gewöhnt.«
»Wir könnten ja zum Essen ausgehen«.
Ich sah sie scharf an. Sie hatte nur einen Scherz gemacht. »Du hast es mir versprochen«, fügte sie dann jedoch hinzu.
Hatte ich das? Ich erinnerte mich anders daran. »Vielleicht, wenn das hier alles vorbei ist. Wenn du es ertragen kannst, dich aufzurüschen.« Es war schon eine Weile her, daß sich Deans Nichte um sie gekümmert hatte. Sie sah schon wieder etwas schlampig aus. Aber das tat ich doch auch, oder? »Ich bin völlig erschossen. Ich leg mich ein bißchen aufs Ohr. Nach dem Frühstück sehen wir uns noch mal im Pfuhl um.«
Ich nahm die Lampe mit, um mir die Örtlichkeiten anzusehen. Ich konnte es mir im Wohnzimmer gemütlich machen. Die Fenster waren verhängt, also konnte niemand das Licht der Laterne sehen. Ich zog die Schuhe aus und baute mir einen Platz zum Schlafen. Plötzlich hatte ich soviel Energie wie ein Vampir um zwölf Uhr mittags.
Maya kam herein. »Nimm du das Bett, Garrett. Ich kann hier schlafen.«
Der Edelmann in mir regte sich. »Nein. Das geht schon.«
»Garrett, du brauchst Bequemlichkeiten mehr als ich.«
O Junge, kam jetzt die ›Du-armer-alter-Knacker-Masche‹? »Ich spiele keine Höflichkeitsspielchen, Maya. Wenn mir jemand ein gutes Angebot macht, dann lehne ich es nur einmal ab. Beim zweiten Mal nehme ich an.«
»Nun reg dich nicht gleich auf. Ich habe es so gemeint. Du bist viel erschöpfter als ich. Und ich bin daran gewöhnt, auf Böden und Bürgersteigen zu schlafen. Das hier ist der reine Luxus für mich.« Aber irgendwas war da noch. Ihre Augen funkelten, als hätte sie irgendwas vor.
»Du hast danach geschrien, jetzt hast du es.« Ich ging ins Schlafzimmer. Vielleicht lag es daran, daß ich so müde war, aber ich kam einfach nicht darauf, was sie im Sinn hatte.
Das fand ich erst sechs Stunden später heraus.
Normalerweise schlafe ich nackt. Da diesmal jemand reinkommen konnte, haute ich mich in Unterwäsche hin. Ich wälzte mich auf dem Bett hin und her und machte mir Gedanken über den Fall. Etwa fünf Sekunden lang. Dann war ich weg. Und wurde wieder wach, als ich merkte, daß ich nicht allein war. Neben mir lag jemand sehr Warmes, sehr Nacktes und sehr Weibliches. Und sehr Entschlossenes. Und ich hatte nur noch sehr wenig Willenskraft.
Es gibt Grenzen, was den Edelmut angeht, selbst bei den besten Jungs. Und wenn sie mir einheizte, hatte Maya nicht die geringsten Probleme, meine Grenzen zu überwinden.
Es wurde ein wirklich erstaunlicher Morgen.
43. Kapitel
Maya hatte sich geschminkt und aufgerüscht und trug jetzt ein paar Klamotten, die ich aus Jills Wohnung geholt hatte. Das Mädchen wurde von Minute zu Minute hübscher – die
Weitere Kostenlose Bücher