Tempus (German Edition)
Haus meines Vaters wohnst.«
»Was heißt das, ›ein Mädchen wie du‹?«, fragte ich entrüstet.
»Du bist fremd hier, Elina. Das birgt Gefahren. Das hast du selbst gemerkt. Außerdem bist du«, er zögerte, »du bist schön, Elina. Sehr schön sogar. Du machst alle Männer verrückt. Es ist gut, wenn die Leute wissen, dass du zu jemandem gehörst. Einer wie Verus kann auf dich aufpassen. Er wird allseits respektiert, von manch einem sogar gefürchtet.«
»Ich will Verus nicht heiraten.«
»Warum nicht? Er ist ein guter Mann. Ein bisschen raubeinig vielleicht, aber gut. Ich könnte mir vorstellen, dass ihr ganz gut zueinander passt.«
»Aber ich habe ihn nicht gern«, sagte ich mit Nachdruck. Ich fand es schwierig, darüber mit Marcius zu reden. Außerdem hing ich noch seinen letzten Worten nach. Er hatte gesagt, ich sei sehr schön. Hatte er das wirklich gesagt????
»Ich dachte – also neulich im Garten – ich hatte den Eindruck, ihr wärt einander zugetan.« Marcius schien das Thema auch nicht angenehm zu sein.
»Das war alles nur ein Missverständnis. Quintus war mir in den Garten nachgelaufen und hatte mich bedrängt.« Ich erzählte Marcius in möglichst knappen Worten, was an jenem Abend vorgefallen war. Er hörte mir aufmerksam zu, ohne mich auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen.
»Es hatte nichts zu bedeuten?«, fragte er mich, nachdem ich geendet hatte.
»Nein, gar nichts«, antwortete ich.
Marcius dachte abermals nach. »Willst du Verus nicht wegen dieses Mannes in Afrika heiraten? Liegt es daran?«
»Nein, es ist nicht wegen Harry. Das ist vorbei. Das hat auch mit Verus nichts zu tun. Ich will ihn einfach nicht heiraten. Kannst du das nicht verstehen? Ich will ...« Ich merkte, wie ich mich um Kopf und Kragen redete. »Ich möchte, dass du, … dass du …« Ich konnte nicht weiter sprechen. Ich hatte ohnehin schon mehr als genug gesagt.
Marcius schaute mich mit großen Augen an. Gleichzeitig hob er die Hand und machte Anstalten, mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Dieses Mal war ich klüger und hielt still. Trotzdem zog er in letzter Sekunde seine Hand zurück und biss sich auf die Lippen. Mein Herz bewegte sich immer schneller in einem fremden Takt. Marcius sah so unglaublich schön aus, und ein bisschen traurig. Er stand vor mir im glitzernden Morgenlicht, die Schultern weniger gerade als sonst und den Kopf leicht gesenkt – wie ein tragischer Held aus der römischen Mythologie.
»Ich werde nicht immer da sein. Unabhängig davon ...«, Marcius stockte, »unabhängig davon kann ich mein Herz nicht an ein Mädchen verschenken, das mir nicht traut – und dem auch ich nicht traue.«
»Aber ich vertraue dir doch, Marcius. Wirklich, das tue ich. Kannst du mir nicht auch vertrauen? Zumindest ein wenig?« In meiner Stimme lag ein mir unbekanntes Flehen.
In seinem Gesicht zuckte es. »Du weißt, was du tun musst, um mein Vertrauen zu gewinnen. Ich muss wissen, wer du bist. Das habe ich dir bereits gesagt, und daran hat sich nichts geändert. Es liegt allein bei dir.«
»Aber ...«
»Kein aber!«
Ich überlegte, während er mich beobachtete. »Wie kommt es, dass du vorhin bei den Bäumen warst?« Die Frage hatte mich schon die ganze Zeit beschäftigt.
»Ich bin deiner Spur gefolgt«, er zeigte auf meinen noch immer blutenden Zeh. »Dann habe ich deinen Schrei gehört. Wie ich schon sagte: Ich lasse dich nicht aus den Augen. Jedenfalls nicht so lange, bis ich weiß, wer du bist.«
»Elina, was machst du ...?«, Filippa war vor die Haustür getreten. Als sie Marcius bemerkte, hielt sie mitten im Satz inne und begrüßte ihn mit höflich gesenktem Kopf. »Guten Morgen, Marcius.«
»Guten Morgen, Filippa. Bitte kümmere dich um Elina. Sie hat sich verletzt. Ich muss für ein paar Tage fort. Pass in der Zwischenzeit gut auf sie auf. Sie hat leider ein Talent dafür, sich in Gefahr zu bringen«, sagte Marcius ganz ohne Ironie. Sein Blick streifte mich flüchtig. Ich meinte, darin einen Anflug von Zärtlichkeit zu entdecken.
»Sehr wohl, Herr, das werde ich.« Diskret zog sich Filippa ins Haus zurück.
»Falls es etwas gibt, das du mir doch erzählen möchtest: Ich bin in drei Tagen zurück«, raunte er mir zu. Ich hätte schwören können, dass seine Lippen dabei mein Ohr berührten.
Geheimnisvolle Sklavin
Marcius hatte mich gern. Daran gab es keinen Zweifel mehr. Ich hätte glücklich sein müssen, war es aber nicht. Denn er stellte eine Bedingung. Er wollte
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