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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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und Gestik nach zu urteilen, schimpfte sie mit ihr. Die junge Sklavin machte eine wegwerfende Handbewegung und wollte fortgehen. Die ältere hielt sie jedoch fest und gab ihr eine Ohrfeige. Ich konnte das klatschende Geräusch bis in mein Zimmer hören. Das Mädchen heulte auf, riss sich los und stolperte davon. Erst jetzt bemerkte ich den runden Bauch, der sich unter seiner Tunika wölbte. Die junge Sklavin war hochschwanger. Wie konnte man sie in diesem Zustand nur so behandeln? Ich war empört. Zu gern hätte ich gewusst, was da vor sich ging. Ich beschloss, Filippa später danach zu fragen. Oder besser noch, ich ging einfach wieder nach draußen, um die junge Sklavin zu suchen. Vielleicht konnte ich ihr helfen. Sie war in Richtung Pferdestall gelaufen. Es konnte also nicht so schwierig sein, sie zu finden.
    Ich schnappte mir ein Tuch, legte es mir um die Schultern und rannte los. Auf dem Weg zum Stall begegnete ich mehreren Sklaven, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Wieder einmal wunderte ich mich darüber, wie viele Menschen für Lucius arbeiteten. Sie alle hatten spezielle Aufgaben. Einige von ihnen waren nur für die Wäsche zuständig, andere ausschließlich für die Küche, den Wein, das Bad oder den Garten. Darüber hinaus besaß Lucius einen Sklaven, der ihm als Sekretär diente. Die Sklaven, die mich jetzt anstarrten, kümmerten sich vermutlich einzig und allein um die Pferde, was erklären würde, warum ich sie nicht kannte. Ihre Blicke folgten mir, als ich den Stall betrat, in dem ich vorher noch nie gewesen war. Pferde- und Heugeruch schlugen mir entgegen. Ich brauchte einen Augenblick, bis sich meine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Selbst dann konnte ich das Mädchen nicht sehen, sondern nur hören. Ich ging in die Richtung, aus der das Schluchzen kam. In einer dunklen Ecke, versteckt hinter einer Futterkiste, entdeckte ich die schwangere Sklavin. Ich überlegte, wie ich sie ansprechen sollte. Wir waren uns bislang noch nicht begegnet und ich wollte nicht zu neugierig erscheinen.
    »Kann ich dir helfen?«, fragte ich vorsichtig.
    Die Sklavin schrak auf. Sie hatte lange dunkle Locken und, soweit ich das in dem Licht erkennen konnte, bräunlich gelbe Augen.
    »Verschwinde, ich kann deine Hilfe nicht gebrauchen.« Sie blitzte mich feindselig an. Für eine Sklavin hatte sie Mut. Und Stolz.
    »Ich hörte dich weinen, da dachte ich ...«, versuchte ich es noch einmal.
    »Los, verschwinde«, zischte das Mädchen. Schwerfällig stand es auf und hielt sich mit der rechten Hand den stark gewölbten Bauch. »Geh endlich!« Ihr Zischen erinnerte mich an die Schlange von heute Morgen.
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht belästigen.« Ich drehte mich um und ging die Stallgasse zurück. Warum war das Mädchen so unfreundlich zu mir? Fast schon hasserfüllt. Die meisten Sklaven begegneten mir zwar mit Misstrauen, Hass hatte ich hingegen noch nicht zu spüren bekommen. Dafür musste es einen besonderen Grund geben und den konnte mir, wenn überhaupt, nur Filippa verraten. Bestimmt würde sie wenig begeistert sein, wenn ich ihr nachher wieder so viele Fragen stellte, vor allem weil ich ihren immer auswich. Nachdenklich trat ich ins Freie. Die Sklaven auf dem Vorplatz starrten mich erneut an. Dieses Mal meinte ich in ihren Augen nicht nur Misstrauen zu sehen.

Gerüchte

    Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt am Himmel erreicht. Ich lief zur Terrasse, wo Filippa bereits auf unserer Lieblingsbank saß und auf mich wartete. Unverzüglich erzählte ich ihr von meiner Begegnung mit der schwangeren Sklavin.
    »Ach, du meinst bestimmt Cornelia«, meinte sie schmallippig.
    »Was ist mit ihr?«
    »Das hast du doch gesehen. Sie ist schwanger und ihre Mutter ist ärgerlich.«
    »Warum? Ist sie nicht verheiratet?«
    »Ja.«
    »Was ja?«
    »Sie ist nicht verheiratet.« Aus irgendeinem Grund war Filippa das Thema unangenehm.
    »Ist ihre Mutter deshalb ärgerlich auf sie?«
    »Glaube ich nicht ...«, Filippa zögerte, »... eher umgekehrt.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Sklaven dürfen üblicherweise nicht heiraten. Da Cornelia glaubt, sie sei etwas Besseres, könnte es gut sein, dass sie genau das aber möchte.«
    »Wieso glaubt Cornelia, etwas Besseres zu sein?« Jetzt war ich richtig neugierig geworden.
    Filippa zögerte wieder. Sie schien zu überlegen, was sie mir erzählen sollte und was nicht. »Immer fragst du mir ein Loch in den Bauch, Elina. Und wenn ich etwas von dir wissen möchte, weichst du mir

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