Tempus (German Edition)
aus.«
»Nun sag schon!« Ich puffte ihr mit dem Ellenbogen auffordernd in die Rippen.
Sie seufzte. »Es geht das Gerücht, Cornelia sei die Tochter von Lucius.«
»Lucius hat eine Tochter?« Ich hielt die Luft an. »Wieso ist sie dann eine Sklavin?«
»Elina, stell dich nicht so dumm an«, schimpfte Filippa. »Ihre Mutter ist eine Sklavin. Sie ist nur eine uneheliche Tochter von Lucius.«
»Na und? Wenn Lucius ein Kind in die Welt setzt, muss er sich auch drum kümmern.«
»Psst, nicht so laut! – Er kümmert sich doch um Cornelia! Nach meinem Geschmack sogar zu sehr. Er lässt ihr viel zu viele Frechheiten durchgehen. Sie kann sich Dinge erlauben, die andere Sklaven niemals machen dürften.«
»Und wer ist der Vater von Cornelias Baby?«, bohrte ich weiter.
»Keine Ahnung.«
Ich war mir sicher, dass Filippa log. Sie wich meinem Blick aus und knetete ihre Finger. Warum nur? Mit einem Mal wusste ich wieso. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Deshalb hatte sich Cornelia mir gegenüber so feindselig verhalten.
»Das Baby ist von Marcius, stimmt’s?«, flüsterte ich mit tonloser Stimme. Ich starrte auf ein einsames Blatt, das in dem Zierbrunnen mit dem wasserspeienden Löwenkopf gleich rechts von uns seinem Unglück entgegentrieb. Es kam dem Wasserstrahl aus dem Maul des Löwen näher und näher, bis es von ihm getroffen und ertränkt wurde.
»Bist du verrückt? Natürlich ist Marcius NICHT der Vater. So etwas würde er niemals tun. Außerdem ist er, wenn das Gerücht stimmt, Cornelias Stiefbruder. Auf welche Gedanken du nur kommst?!« Sie schüttelte missbilligend den Kopf.
»Ach ja, natürlich, er ist ihr Stiefbruder«, murmelte ich erleichtert. Irrte ich mich oder war das kleine Blatt wieder an der Wasseroberfläche aufgetaucht? »Aber wer ist dann der Vater?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Filippa mit Nachdruck.
Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie mir die Wahrheit vorenthielt. Wir schwiegen eine Weile.
»Was habt ihr heute morgen so früh dort draußen gemacht?« Jetzt war Filippa mit Fragen an der Reihe. Ich erzählte ihr von der Schlange und wie Marcius sie getötet hatte. Den Rest behielt ich für mich.
»Darf ich dir einen Rat geben?«, fragte Filippa, als ich zu Ende geredet hatte.
»Ja, natürlich!«
»Auch wenn du Marcius gern hast und er dich vielleicht auch mag, solltest du nicht dein Herz an ihn hängen.«
Fragend zog ich die Augenbrauen hoch. »Wie kommst du darauf, dass wir uns mögen?«
Filippa ging gar nicht auf meine Bemerkung ein. »Soweit ich es beurteilen kann, wird er sich niemals für dich entscheiden«, sagte sie, wobei sie die Worte sehr vorsichtig wählte. »Er ist der Sohn eines Senators und wie du weißt, sind es unruhige Zeiten. Wen auch immer Marcius einmal heiratet, es wird eine politische Verbindung sein. Eine, die Lucius bestimmt. Marcius kann nicht einfach so heiraten.«
Ich stand von der Bank auf. Wo war das Blatt hin? Eben war es doch wieder auf der Wasseroberfläche geschwommen? »So ein Quatsch. Als ob ich irgendjemanden heiraten wollte«, sagte ich eine Spur zu laut und zu schrill.
»Sei mir nicht böse, Elina. Es ist besser, wenn du dir keine Hoffnungen machst.«
»Ich mache mir keine Hoffnung! Du bildest dir da was ein!«
Filippa war ebenfalls aufgestanden und legte mir beruhigend die Hand auf den Arm. Ich schüttelte sie ab. Schreckliches Heimweh überkam mich plötzlich. So heftig, dass es fast schon körperlich wehtat. Ich wollte nach Hause. Aber wo war das? In Schweden? Oder in Afrika? Ich wusste es nicht. Es spielte auch keine Rolle. Hauptsache fort von hier. Doch das ging nicht. Nichts ging mehr.
Hoffen und Bangen
Ich musste ständig an das denken, was Filippa zu mir gesagt hatte. Auch an die Worte, die Marcius mir beim Abschied zugeraunt hatte. Ich war hin- und hergerissen zwischen Hoffen und Bangen. Ruhelos wanderte ich durch die Gärten und das Haus oder lag grübelnd auf meinem Bett, was Filippa nicht gern sah. Für sie waren das die Allüren einer reichen Römerin. Wenn ich mich von ihr frisieren ließ, machte sie mir diesen Vorwurf allerdings nicht.
Die Tage schlichen eintönig dahin. Ich hatte keine Aufgabe, nichts, was mich ablenkte. Mir fehlten mein Computer, meine Bücher. Noch nicht einmal Papier und Stift gab es, sonst hätte ich geschrieben. Doch so? Die Zeit wollte einfach nicht vergehen. Sie hatte sich gegen mich verschworen.
Am Morgen des dritten Tages wachte ich mit einem Kribbeln im Magen auf. Für meine
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