Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
Vom Netzwerk:
Zeitreise hatte ich nichts mehr gehört und gespürt. Ich vermisste sie – wie ich nahezu alles aus meinem früheren Leben vermisste. Ganz besonders fehlte mir die Heizung in meinem Zimmer in Helsingborg. Ich hätte mich gern auf die Erde gesetzt, den Rücken an sie gelehnt und die Vorhänge vor dem Fenster zugezogen. Aber es gab keine Heizung. Und keinen Arm. Und keine Stimme.

Dunkelgrau

    Irgendwann Ende Oktober. Irgendwann vor mehr als zweitausend Jahren. Immer noch kein Arm. Immer noch keine Stimme. In Filippas Zimmer war es kalt. Mir war kalt. Ich kannte mittlerweile sämtliche Flecken an der Decke über mir und jede Gestalt oder Figur, die man in sie hineindichten konnte und in die sie sich verwandeln konnten.

Der Plan

    Warum konnte sie mich nicht endlich in Ruhe lassen? Wie oft musste ich ihr noch sagen, dass ich keine Lust hatte aufzustehen?! Jemand war zu mir ins Zimmer gehuscht und räusperte sich leise. Als hätte man mir einen elektrischen Schlag verpasst, setzte ich mich abrupt in meinem Bett auf. Das war nicht Filippas Stimme. Tatsächlich! Vor mir stand niemand anderes als Verus, und zwar so nah, dass ich zu ihm hinaufschauen musste. Aus der Froschperspektive wirkte er besonders groß und breit. Mir fiel auf, wie ungepflegt er aussah. Seine Haare waren für römische Verhältnisse lang und zottelig, und auf seinen Wangen und seinem Kinn sprossen jede Menge rötliche Stoppeln. Er musste dringend zum Friseur. Wieder einmal wunderte ich mich, dass Verus und Marcius enge Freunde waren. Die beiden passten überhaupt nicht zusammen. Auf den ersten Blick hatten sie nichts, aber auch rein gar nichts gemeinsam.
    »Was machst du hier?«, fragte ich Verus und fuhr mir mit der Hand durch meine ebenfalls ungekämmten Haare.
    »Psst, ich muss mit dir sprechen.« Verus legte den Zeigefinger auf die Lippen. »Darf ich reinkommen?«
    »Die Frage kommt etwas spät. Ich weiß nicht, ob das klug ist. Wenn uns jemand sieht ...«
    »Keine Sorge. Kleon hat Lucius zum Senat begleitet. Filippa ist unten in der Stadt und Marcius ist im Auftrag seines Vaters unterwegs. Wir sind ungestört.«
    »Und die anderen Sklaven? Sie werden Kleon erzählen, dass du bei mir warst«, gab ich zu bedenken.
    »Außer Neilos hat mich niemand gesehen. Du weißt schon, der große, dünne Sklave, der immer so düster guckt. Der wird sich hüten, etwas zu sagen.«
    »Wieso?«, fragte ich misstrauisch.
    »Sagen wir mal so: Er weiß, dass sein Schicksal in meiner Hand liegt. Ein Wort von mir genügt, und er wird den Löwen im Zirkus zum Fraß vorgeworfen.«
    »Was redest du da?!«
    »Mir ist es auch lieber, wenn es niemals so weit kommt. Lebend nützt Neilos mir mehr als tot.« Verus zog eine Grimasse. Er schien das, was er eben gesagt hatte, tatsächlich ernst zu meinen. »Es ist immer hilfreich, die dunklen Geheimnisse der anderen zu kennen«, fügte er hinzu.
    »Du erpresst ihn?! – Du bist widerlich!« Ich schüttelte mich. Verus benahm sich wie ein Barbar. Wie hatte ich nur meinen Kopf an seine Brust lehnen können? Ich musste neulich von allen guten Geistern verlassen gewesen sein. Vor allem begriff ich Marcius nicht. Wie konnte er nur mit so jemandem befreundet sein?
    »Ach, nun hab dich nicht so. Jeder andere an meiner Stelle würde das auch machen«, meinte Verus leichthin.
    »Ich nicht! Und nun verschwinde aus meinem Zimmer.«
    »Elina, ich bin nicht gekommen, um mit dir zu streiten. Ich wollte wissen, ob du mit Marcius gesprochen hast.« Verus hob besänftigend die Hände in die Luft.
    Als ich Marcius’ Namen hörte, horchte ich auf. »Nein, er geht mir aus dem Weg. Und du?«
    »Er empfängt mich nicht. Sein Sklave sagt, er hätte keine Zeit. Oder er behauptet, Marcius sei unterwegs. – Verdammt, Elina, du musst mit ihm reden und ihm sagen, wie harmlos das mit uns im Garten war.«
    »Wie denn, wenn ich ihn nie sehe?«
    Verus überlegte einen Augenblick. Seine Stirn legte sich in drei tiefe Falten. »Bitte doch Filippa, Kleon alles zu erklären. Der erzählt es Lucius, und so würde es letztlich Marcius erfahren. Marcius wird seinem Vater eher glauben, als einem von uns beiden. Ja, so müsste es gehen«, meinte er.
    Die Idee war zwar clever, aber nicht nach meinem Geschmack. »Das werde ich bestimmt nicht machen. Das ist doch, das ist – einfach peinlich!«
    »Das ist mir gleichgültig, rede mit Filippa!«
    »Rede doch selbst mit ihr – oder gleich mit Kleon!« Mein Ton wurde genau wie seiner schärfer.
    »Wie sieht das denn aus?

Weitere Kostenlose Bücher