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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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Dies war kein Albtraum, sondern Realität. Ich hielt die Luft an, das Blut dröhnte in meinem Kopf. Völlig außer mir schaute ich nach rechts und links. Ich wollte fliehen, aber meine Beine waren wie angewurzelt.
    Bitte nicht, dachte ich verzweifelt. Ich wollte nicht sterben. Nicht so. Und auch sonst nicht … Das also war mein Ende! Ich wartete auf den grauenvollen Schmerz, der einsetzte, wenn sich das Gift im Körper ausbreitete.
    »Bleib stehen! Beweg dich nicht«, hörte ich eine Stimme ganz in meiner Nähe. »So ist es gut, nicht bewegen und ja nicht vorbeugen. Sonst glaubt sie, du greifst sie an.«
    Halb wahnsinnig vor Angst sah ich aus dem Augenwinkel, wie er einen großen Stein aufhob und nach der Schlange zielte. Im Zeitlupentempo flog der Stein durch die Luft in Richtung Schlange. Genau auf ihren Kopf zu. Er traf sie mit voller Wucht. Er zerschmetterte ihren Kopf. Regungslos blieb sie liegen. Nur das Schwanzende zuckte. Sekundenlang starrte ich gebannt auf das tote Reptil, dann ging ich in die Knie.
    Marcius half mir auf. »Gut, dass es noch so kühl ist. Schlangen sind bei diesen Temperaturen eher langsam. Sonst hätte ich sie unter Umständen nicht getroffen«, hörte ich ihn sagen.
    »Danke.« Mehr als dieses eine Wort brachte ich nicht heraus.
    »Was hast du da?«
    Von meiner rechten Hand, die ich zu einer Faust geballt hatte, tropfte Blut. Vorsichtig bog Marcius meine verkrampften Finger auseinander. Die Tonscherbe kam zum Vorschein. Fragend blickte er erst sie und dann mich an. Ich konnte noch immer keinen Ton über die Lippen bringen. Die Bäume fingen an, um mich herum zu schwanken. Erneut gaben meine Knie nach. Ehe ich mich versah, hatte mich Marcius auf den Arm genommen und zwängte sich mit mir durch das Gebüsch zurück zum Sandweg. Obwohl er nach wie vor humpelte, schien es ihm nichts weiter auszumachen, mich zu tragen. Schritt für Schritt bewegten wir uns auf das Haus zu. Sein Gesicht war ernst, die Augen starr geradeaus gerichtet. Doch er wirkte nicht wie sonst abweisend, sondern eher besorgt. Noch nie war ich ihm so nahe gewesen wie in diesem Moment. Ich spürte seine Arme, seine Brust, jede Bewegung, die er machte. Der Duft seines Körpers drang in meine Nase und vermischte sich mit dem Geruch des frühen Morgens. Es hätte keinen schöneren Platz auf der Welt für mich geben können. Umso erstaunter war ich, als ich mich auf einmal sagen hörte: »Ich glaube, ich kann jetzt wieder selbst gehen.«
    Augenblicklich setzte er mich ab. »Fühlst du dich besser?«
    »Ja. Danke für deine Hilfe.«
    »Keine Ursache. Aber was um Himmels willen hast du um diese Zeit hier draußen zu suchen?«
    »Ich konnte nicht mehr schlafen.« Ich senkte die Lider.
    Er machte einen Schritt auf mich zu und hob mein Kinn an. Unwillkürlich zuckte ich zurück und bereute es sofort. Marcius zog seine Hand so rasch zurück, als hätte er einen Stromschlag bekommen. Das hatte ich nicht gewollt. Im Gegenteil.
    »Entschuldige ... ich wollte nicht ... ich dachte ...,« völlig durcheinander brach ich mitten im Satz ab.
    Marcius musterte mich. »Warum läufst du, wenn du nicht schlafen kannst, ausgerechnet in dem Dickicht dort drüben herum?«
    Ich hatte ihm gar nicht richtig zugehört, sondern fragte ohne nachzudenken: »Bist du noch böse auf mich?«
    »Böse?« Ich sah, wie es in seinem Kopf arbeitete. »Nein, ich bin nicht böse auf dich«, antwortete er langsam.
    »Ich dachte nur, weil du mir ständig aus dem Weg gehst.« Was redete ich da bloß? Ich musste noch unter Schock stehen. Anders war mein Verhalten nicht zu erklären.
    »Das Thema hatten wir doch schon.« Er lächelte, wobei sich der linke Mundwinkel mehr nach oben zog als der rechte. »Wenn ich mich richtig erinnere, sprachen wir darüber, als du die Fäden zogst.«
    »Ja, ich weiß. Aber du hast in letzter Zeit irgendwie, … irgendwie verärgert gewirkt, seit ...« Ich war mir unsicher, wie ich es am besten ausdrücken sollte. »... seit du mich und Verus im Garten gesehen hast.«
    Marcius schwieg und blickte in die Ferne. Etwas am Horizont schien seinen Blick zu fesseln. »Ich wollte dir und Verus nicht im Weg stehen«, sagte er endlich.
    »Wieso ...«, setzte ich an.
    »Ich denke, es ist das Klügste, wenn ihr heiratet«, redete er unbeirrt weiter. »Die Zeiten sind unruhig, du bist eine Frau und du brauchst unbedingt jemanden, der dich beschützt. Besonders ein Mädchen wie du darf nicht allein bleiben. Es ist keine Dauerlösung, dass du im

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