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Tender Bar

Tender Bar

Titel: Tender Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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Softballschläger, den er über der Schulter trug, eine M60. Als ich ihm die Hand schüttelte, fuhr mir ein Testosteronschub durch den Arm. »Darf ich dir ein Bier spendieren?«, sagte ich.
    »Das nennt man an deiner Edeluni wahrscheinlich eine rhetorische Frage, oder?«, gab er zurück.
    Er erkundigte sich nach meinem neuen Job, und ich erzählte ihm von meinem gemeldeten Brezelbrand. Ich wusste nicht, warum ich es ihm erzählte. Vielleicht wollte ich Mitgefühl. Allerdings hätte ich wissen müssen, dass Mitgefühl Lagers Sache nicht war. »Guillermo Winger?«, rief er lachend und hieb mit seinem Schläger auf den Boden. »Mr Salty? Oh, das ist gut! Mann, ist das köstlich!« Er musste so lachen, dass ich dachte, er kriegt gleich einen Asthmaanfall. »Mann, wahrscheinlich warst du völlig – angespannt und verknotet – wegen diesem Brezelbrand!« Ich musste ebenfalls lachen. Ich hatte also einen Brezelbrand gemeldet! Na und! Ein totales Desaster war es wohl nicht, wenn ein Prachtkerl wie Lager lauthals darüber lachen konnte. Mittlerweile hielten wir uns beide den Bauch vor Lachen, schlugen mit der Faust auf die Theke, hauten uns auf die Schultern, und als ich Lagers Rücken traf, spürte ich keinen Unterschied zur Holztheke. Solide Eiche. Nichts gab nach.
    Als Lager wieder Luft bekam, er sich die Augen trocken gewischt und einen Schluck Bier getrunken hatte, empfahl er mir, die Sache locker zu nehmen. Nimm es locker, Kleiner. Es gibt Fehler, und es gibt richtige Fehler. Als Soldat hatte er einmal versehentlich einen Helikopter in die Luft gejagt. Ach komm, sagte ich. Das ist die heilige Wahrheit, sagte er. Beim Übungsschießen hatte er Granatwerfer abgefeuert, aber etwas war schief gelaufen. Ein Granatwerfer klemmte. Er löste ihn, und es gab ein zischendes Geräusch – das Ding ging los. Ein unbemannter Chinook-Transporthubschrauber stand nicht weit entfernt auf einem Landeplatz. »Rumms«, sagte Lager. »Noch heute schulde ich Uncle Sam sechs Mille dafür.«
    Dann war es Zeit, all diese banalen Themen beiseite zu schieben und über das einzig Wichtige, das tragende Ereignis des Abends zu reden – Softball. Einige seiner Teamkameraden kamen dazu, und wir hingen an Lager wie Zierstücke an einem Christbaum, während er die entscheidenden Szenen zum Besten gab. Jemand lobte seine erstklassigen Fangleistungen an der dritten Base. Der wiedergeborene Brooks Robinson, sagte ein anderer. Quatsch, sagte Lager und spielte den Bescheidenen. Auf seine Balgerei mit Steve sei er viel stolzer. Mehrere Home Runs waren geschlagen worden, sagte Cager, und alle platschten in den Teich hinterm Zaun. Lager rief Steve zu: »Uns gehen die Bälle aus, wir müssen ein paar aus dem Wasser holen – hast du einen Stock dabei?«
    »Nee«, sagte Steve, »aber an den Bäumen sind doch genug.« Worauf Gager erwiderte: »Na, dann hol dir mal einen runter« Lager musste eine Auszeit nehmen, bis Steve und er die Fassung wiedergewonnen hatten.
    Ich ließ Cager allein und schlenderte zu General Grant zurück. Mittlerweile war er in ein Gespräch mit einem Investmentbanker im blauen Nadelstreifenanzug vertieft, einem wohlhabend aussehenden Herrn in den Fünfzigern, dessen graumelierter Schnurrbart die schwarzweiße Krawatte optimal ergänzte. Beide rauchten sie Zigarren und diskutierten über den Bürgerkrieg; ich überlegte, ob die Unterhaltung vielleicht durch die Ähnlichkeit von Generel Grant mit General Grant ausgelöst worden sein könnte. Doch es stellte sich heraus, dass Banker ein hartgesottener Bürgerkriegsfan war. Er erzählte mir und General Grant einige wenig bekannte Fakten über Shiloh, Antietam und Gettysburg. Außerdem erzählte er uns, dass Lincoln als junger Mann eine Kneipe geführt und im Hinterzimmer geschlafen hatte.
    »Hast du das gewusst?«, fragte ich General Grant.
    »Das weiß doch jeder«, entgegnete General Grant. »Lincoln war auch im Brennereigeschäft. Soll einen sehr weichen Kentucky Bourbon gemacht haben.«
    Colt zog mich plötzlich beiseite. »Du hältst dich doch immer für so schlau«, sagte er. »Dann beiß dir mal da dran die Zähne aus. Wie viele Batman-Bösewichter kannst du aufzählen? Angeblich gibt es drei Dutzend, aber mir fallen nur zehn ein.« Er drückte mir ein Stück Papier in die Hand.
    Fast wäre mir eine Bemerkung herausgerutscht, wie absurd ich es fand, dass Yogi Bär eine Liste von Batman-Schurken aufstellen wollte, doch Colt war so ernsthaft und beflissen auf meine Hilfe bedacht, dass

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