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Tender Bar

Tender Bar

Titel: Tender Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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als meine Calvin Kleins? Ich gehe mit und erhöhe um – Junior!«
    Mein Vater verlor. Unter johlendem Lachen sprangen seine Freunde von den Stühlen, und es folgte eine hitzige Debatte, wer meine Ausbildung bezahlen und wer meiner Mutter alles erklären würde, wenn mein Vater mich nicht nach Hause brächte.
    Ich erinnere mich an nichts mehr, nachdem mein Vater mich als Pfand eingesetzt hatte, was ich noch schlimmer fand als eine Tracht Prügel. Ich erinnere mich nicht mehr, wann er nüchtern wurde, sich wieder anzog oder mich nach Hause fuhr, und ich erinnere mich auch nicht mehr, was ich meiner Mutter über den Besuch erzählte. Ich weiß nur, die Wahrheit war es nicht.
    Ein paar Wochen später ließ ich das Radio warm laufen und wartete auf den Beginn der Sendung meines Vater. Ich hatte vor, mit der Stimme ein beunruhigendes Gerücht zu besprechen, nämlich dass die Mets mein großes Idol Tom Seaver verkaufen wollten. Seaver war gut aussehend, gepflegt, ein Ex-Marine und der beste Werfer der Mets. Er begann seinen ausholenden Armschwung mit den Händen unterm Kinn, als würde er beten, dann warf er seinen Körper vor und kniete sich auf sein rechtes Knie, als wollte er dem Schlagmann einen Heiratsantrag machen. Dass die Mets ihn abstoßen wollten, war einfach zu schrecklich um wahr zu sein. Ich fragte mich, was die Stimme wohl dazu sagen würde. Doch als es Zeit für die Stimme wurde, war die Stimme nicht da. Mein Vater hatte wieder mal die Schicht getauscht oder den Sender gewechselt. Ich ging mit dem Radio auf die Veranda und drehte langsam am Senderknopf. Nichts. Ich ging zu meiner Mutter und fragte sie, ob sie wisse, was mit der Stimme passiert sei. Keine Antwort. Ausdruckslose Miene. Ich fragte bestimmter. Sie stieß einen Seufzer aus und blickte zum Himmel.
    »Wie du weißt, bitte ich deinen Vater seit Jahren, uns zu helfen«, sagte sie. »Stimmt’s?«
    Ich nickte.
    Sie hatte Anwälte engagiert, Akten abgeheftet, war vor Richtern erschienen, und dennoch hatte mein Vater nie gezahlt. Also hatte sie einen letzten Versuch unternommen und einen Haftbefehl gegen ihn erwirkt. Am nächsten Tag legten zwei Polizisten meinem Vater während der Sendung Handschellen an und zerrten ihn live vor dem Mikrofon weg, während ein schockiertes Publikum mithörte. Als mein Vater am nächsten Tag aus dem Gefängnis entlassen wurde, schäumte er vor Wut. Er zahlte einen Bruchteil von dem, was er uns schuldete und erschien eine Woche später nicht vor Gericht. Sein Anwalt sagte dem Richter, mein Vater sei aus dem Bundesstaat geflohen.
    Meine Mutter wartete, bis alles zu mir durchgedrungen war. Dann erzählte sie mir, dass sie nach vierundzwanzig Stunden einen Anruf von meinem Vater erhalten hatte. Er wollte ihr nicht sagen, wo er war und drohte, wenn sie nicht aufhörte, ihn um Geld anzuhauen, lasse er mich entführen. Jahre später erfuhr ich, dass er ihr auch gedroht hatte, einen Killer auf sie anzusetzen, und seine Stimme klang dabei so drohend, dass sie es nicht darauf ankommen lassen wollte. Wochenlang konnte sie den T-Bird nicht anlassen, ohne dass ihr die Hände zitterten.
    Mein Vater wollte mich nicht sehen, aber möglicherweise entführen? Das ergab keinen Sinn. Ich schielte zu meiner Mutter.
    »Wahrscheinlich will er mir nur Angst einjagen«, sagte sie. »Aber wenn dein Vater in Shelter Rock auftaucht oder jemand zu dir sagt, er will dich zu deinem Vater bringen, darfst du nicht mitgehen.« Sie packte mich an den Schultern und drehte mich zu sich. »Hast du verstanden?«
    »Ja.«
    Ich löste mich von ihr und ging zurück auf die Veranda zu meinem Radio. Vielleicht irrte sie sich. Vielleicht arbeitete mein Vater bei einem neuen Sender und redete mit einer seiner lustigen Stimmen, damit man ihn nicht erkannte. Ich drehte am Senderknopf, wackelte an der Antenne, analysierte jede Stimme, aber keine war so lustig wie die meines Vaters und tief genug, dass sie meine Rippen vibrieren oder meine Genitalien zittern ließ. Meine Mutter kam und setzte sich zu mir.
    »Wollen wir reden?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Du sagst mir nie, was du denkst.«
    »Du auch nicht.«
    Sie wurde bleich. Ich hatte nicht vorgehabt, so unwirsch zu sein. Tränen liefen mir über die Wangen. Ich hatte immer geglaubt, meine Mutter würde mir die ganze Wahrheit über meinen Vater sagen, aber natürlich verschwieg sie manches und hielt das Schlimmste zurück. Im Laufe der nächsten Jahre erzählte sie mir peu a peu alles und ließ die Illusion, die ich

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