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Tender Bar

Tender Bar

Titel: Tender Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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zeigen, dass du versichert bist.‹« Verlegen senkte ich den Kopf. »Meine Mom macht sich irgendwie immer Sorgen«, murmelte ich.
    Im selben Brief berichtete meine Mutter, sie hatte eine neue Stelle bei einer Versicherungsgesellschaft gefunden, die ihr gut gefiel. »Der Druck und die Arbeitslast sind nicht so groß, dass ich todmüde nach Hause komme«, schrieb sie. »Du wirst eine große Veränderung bei mir feststellen, wenn du wieder hier bist, und zwar insofern, als ich am Ende des Tages zwar müde bin, aber nicht völlig ausgebrannt, wenn ich nach Hause komme.«
    Während ich den Brief zusammenfaltete und in meine Tasche steckte, erzählte ich Sheryl von der alten Mühle, die meine Mutter mir gekauft hatte, einen AMC Hornet, Baujahr 1974, mit einem rötlichen Rennstreifen, für vierhundert Dollar. Ich erzählte Sheryl allerdings nicht, dass mir meine Mutter nach diesem Brief fehlte oder ich mich auf das Wiedersehen mit ihr in zwei Wochen freute oder ich mir ständig Sorgen um sie machte. Ich gestand ihr nicht, dass mich manchmal, wenn wir morgens im Zug saßen, die Vorstellung nicht losließ, ihr könnte etwas Schlimmes zustoßen, und dass ich diese Ängste durch mein altes Mantra zu ersetzen versuchte und mir dann Vorwürfe machte, weil ich immer noch an den abergläubischen Ideen aus meiner Kindheit festhielt, mir dann aber sagte, Vorsicht ist besser als Nachsicht, denn vielleicht wohnte dem Mantra ja noch ein letzter Zauber inne, und wenn ich es völlig aufgäbe, könnte meiner Mutter etwas Schlimmes widerfahren. Ich wusste, Sheryl würde dann sagen, echte Männer würden nicht so denken. Echte Männer hätten keine Mantras, und echte Männer vermissten schon gar nicht ihre Mütter.
    Später am Morgen kam Sheryl zu mir in den Aktenraum. Sie hatte einen verstimmten Ausdruck im Gesicht, und ich schob es auf die Tatsache, dass ich kein Geld fürs Mittagessen und sie deshalb gefragt hatte, ob sie mir etwas pumpen könnte. »Es geht um deine Mom«, sagte sie. »Sie hatte einen Unfall. Wir sollen nach Hause kommen.«
    Wir rannten zur Penn Station. Sheryl kaufte einen Sixpack, den wir noch austranken, bevor wir Bayside erreichten. »Ich bin sicher, alles wird gut«, sagte Sheryl. Aber schon jetzt war nichts gut. Mein Mantra hatte versagt, und ich hatte meine Mutter im Stich gelassen.
    Als wir am Publicans vorbeigingen, schaute ich ins Fenster, hörte das Lachen, sah die fröhlichen Gesichter an der Theke und hätte Sheryl beinahe vorgeschlagen, auf einen schnellen Drink einzukehren. Onkel Charlie hätte sicherlich Verständnis dafür. Ich hasste mich für diese spontane Regung, dafür, dass ich meine Gedanken auch nur eine Sekunde von meiner Mutter abschweifen ließ, aber ich hatte Angst und hielt das Publicans für das beste verfügbare Gegenmittel gegen Angst. Ich sehnte mich auf eine neue und verzweifelte Weise, auf eine unheilschwangere Weise nach der Bar.
    Bei Opa packte ich ein paar Sachen in eine Tasche, und Sheryl küsste mich zum Abschied. »Sei ein Mann«, sagte sie, allerdings nicht in ihrer typischen Art, sondern zärtlich und ermutigend, als traue sie es mir durchaus zu.
    Opa kaufte mir ein Flugticket, und Onkel Charlie fuhr mich zum Flughafen. Unterwegs erzählte er mir, was er wusste. Meine Mutter war auf dem Heimweg von der Arbeit, als ein betrunkener, ohne Licht fahrender Geisterfahrer sie frontal erwischte. Sie hatte einen gebrochenen Arm und eine Gehirnerschütterung. Die Ärzte fürchteten, sie könnte einen Gehirnschaden davongetragen haben. »Sie leidet unter Gedächtnisschwund«, sagte Onkel Charlie.
    Ich fragte ihn, was wäre, wenn meine Mutter sich nicht mehr an mich erinnern könnte. Er sagte, er sei nicht sicher, was ich meinte. Ich wusste es selbst nicht. Vermutlich wollte ich einfach nur wissen, wer ich war, wenn meine Mutter mich nicht mehr erkennen würde.
     
     
     
18 | LANA
     
    Auf ihrem Gesicht waren schartige Schnittwunden, die Haare waren von Blut verfilzt. Ihre Augen standen halb offen, eine neue und schreckliche Variante ihrer ausdruckslosen Miene. »Mom?«, sagte ich. Irgendwo hinter mir sagte eine Schwester, man habe meiner Mutter starke Schmerzmittel verabreicht und sie werde einige Zeit in der»Schwebe« sein.
    »Für einen Zehnjährigen bist du ziemlich groß«, sagte der Arzt.
    »Wie bitte?«
    »Deine Mom meinte, sie hätte einen zehnjährigen Sohn.«
    »Oh.«
    »Und als ich sie fragte, ob sie wisse, wo sie ist, sagte sie New York.«
    »Wir sind von New York hierher

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