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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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im Obergeschoss greifen und sich hinaufziehen konnte. Dann, indem man sich an einer Wäscheleine festhielt und ein Bein über das vorragende Dach schwang, konnte man auf dieses klettern und das Nachbarhaus erreichen. Ich hoffte, Silvus würde durchhalten, während ich dies alles bewerkstelligte, nicht ohne das Gesicht wegen meines schmerzenden Beines zu verzerren. Immerhin dauerte die Kesselflickerei an. Ungesehen konnte ich die Gasse überqueren und zum Sims emporklettern. Die Überwindung des Dachüberhangs war der schwierigste Teil und erforderte alle Kraft und Gelenkigkeit, über die ich verfügte. Dann krabbelte ich über das Dach und zum Nebenhaus, spähte hinab und sah, dass der Aufpasser seinen Standort vor der Tür nicht verändert hatte.
    Ich ließ mich über die Dachkante, bis ich an den Fingerspitzen hing, dann ließ ich mich auf ihn fallen. Beide Füße trafen seinen Kopf und er brach unter mir zusammen und dämpfte meinen Aufprall auf das Kopfsteinpflaster. Ich glaube, ich brach ihm auf Anhieb das Genick, vergewisserte mich aber, bevor ich mit gezogenem Schwert durch die offene Tür ins Haus stürmte.
    Silvus hatte ein Zimmer und eine Dachkammer. Zwischen beiden gab es eine schmale hölzerne Treppe, die an der rechten Mauer hinaufführte. Zwei Angreifer versuchten sich den Weg hinauf freizukämpfen, aber nur jeweils einer konnte Silvus auf der Treppe gegenüberstehen. Wenigstens dachte ich, es sei Silvus. Ich sah nur seine Füße am oberen Treppenabsatz, und immer wieder die Stöße und Hiebe seines Schwertes. Die Füße waren bloß; er war im Bett gewesen, das bedeutete, dass er ohne Panzer und improvisiert gegen Männer in Rüstungen focht - Nachteile, die seine vorteilhaftere Stellung beinahe zunichte machten. Schlimmer noch war, dass ein dritter Mann mit einer Armbrust in der Diele stand. Wenn er ein freies Schussfeld bekommen konnte…
    Offenbar dachte der Armbrustschütze, ich sei sein Freund von draußen. Er sah sich nicht um, bis ich ihn mit einem Schwerthieb niederstreckte, zu sehr in Eile, um sorgfältig zu sein, und der zweite auf der Treppe wandte sich um, als der Getroffene aufschrie. Einen Augenblick starrten wir einander an, der Mann auf der Treppe und ich, dann sprang er herunter und griff an. Ich begegnete ihm am Fuß der Treppe, nachdem ich den sterbenden Armbrustschützen aus dem Weg gestoßen hatte.
    Es war eine Dummheit. Ich hätte ihn durch die Diele herankommen lassen sollen, um ihm unter gleichen Bedingungen zu begegnen. Sein erster Hieb kam von oben, weil er noch auf einer der unteren Stufen stand, und ich konnte ihn nur parieren und zurückweichen. Er drängte nach und schwang das Schwert wie ein Berserker.
    Mann, war er schnell! Das war ein Vorteil, den Sandast ihm verschaffte. Aber was man an Schnelligkeit gewann, verlor man an Urteilsvermögen. Man fühlte sich unbesiegbar, gottähnlich; und dieser war von dem Stoff voll bis über die Ohren. Zwanzig Sekunden lang konnte ich nichts tun als die wirbelnde Klinge zu parieren, die im Licht einer flackernden Öllampe schlecht zu sehen war.
    Während ich seine Hiebe parierte, hakte ich einen Fuß unter ein Stuhlbein und stieß ihm den Stuhl vor die Beine. Er verlor eine Sekunde lang das Gleichgewicht, und meine Schwertspitze fasste ihn nahe dem Ellbogen am Schwertarm, als er ein wenig ruderte. Gleichzeitig aber wurde mir eine warme Klebrigkeit über meinem linken Knie bewusst. Der bandagierte Schnitt hatte sich wieder geöffnet. Ich blutete.
    Wie schlimm? Schlimmer als er? Vielleicht nicht. Sandast befördert alle Körperfunktionen und erhöht den Puls, sodass man mehr blutet, wenn man davon genommen hat. Blut rann ihm bereits den Arm herab und auf den Schwertgriff - gut. Aber er grinste, fühlte keinen Schmerz. Er hieb und stieß über den liegenden Stuhl hinweg und grinste wie ein Kobold - und die ganze Zeit über hielt Silvus oben auf dem Treppenabsatz aus.
    Aber wenn man blutet, spielt es keine Rolle, wie tapfer oder aufgeputscht man ist. Es kommt ein Augenblick, wenn der Muskel nicht mehr gehorchen kann, weil er Blut verloren hat. Schon fühlten seine Schwerthiebe sich schwächer an, und vielleicht war er auch langsamer geworden. Ich begann zwischen den Paraden Gegenstöße auszuteilen, hoffte auf eine vorübergehende Unachtsamkeit oder Schwäche. Zuerst sah er verdutzt drein, als könne er nicht an den Ungehorsam seines Körpers glauben, dann grinste er wieder und ging zurück. Ich stieß den Stuhl aus dem Weg und drängte

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