Tenebra 3 - Dunkle Burg
hinter ihr, der Türhüter folgte mit der Lampe. Es war verrückt. Sie sollte hier schließlich die Geisel sein, nicht? Und ich sollte das Sagen haben. Oder?
WILL
Allmählich wurde ich der ständigen Fehlschläge überdrüssig. In letzter Zeit schien mir nichts gelingen zu wollen, und andere Leute mussten eingreifen, wo ich nicht zurecht kam. Zuerst die Schwestern, dann Arienne. Man musste mir angesehen haben, wie sehr es mir zusetzte, denn Schwester Berichterstatterin und Silvus tauschten schnelle Blicke aus, als wir uns auf den Heimweg machten.
»Arienne wird schon zurechtkommen«, bemerkte die Schwester nach einer Weile. »Wir dürfen nicht vergessen, dass dieses junge Ding keine Ahnung vom Talent hat, weder von Ariennes noch von ihrem eigenen. Wenn alles andere versagt…«
Silvus nickte grimmig. Letzten Endes waren die einzigen Beschränkungen der Macht eines Magiers der Magier und die Macht selbst. Und notfalls ein Stück blanken Stahls, wo er am wirkungsvollsten sein würde.
»Niemand auf der Welt ist besser geeignet als Arienne, sich um sie zu kümmern«, stimmte Silvus zu. »Und niemandem ist eher zuzutrauen, dass er oder sie dieses Mädchen auf den rechten Weg zurückführt.«
Ich nickte. Es konnte aber nichts daran ändern, wie mir dabei zumute war.
Doch musste ich meine Gefühle hintanstellen, weil wir klaren Kopf bewahren und wachsam sein mussten. Wir befanden uns auf dem Rückweg, und um die Nachricht so rasch wie möglich zurückzubringen, riskierte Schwester Berichterstatterin Tagesmärsche. Wir hatten keine Kundschafter, keinen Voraustrupp, also auch keine Vorwarnung. Wenn Nathan den Fahrweg von Posten überwachen ließ, würden wir rasch in Schwierigkeiten kommen.
Beinahe war es schon geschehen. Ungefähr eine Stunde nach Mittag hörten wir Pferdegetrappel und suchten im Busch Deckung. Eine Streifabteilung passierte uns im Trab; sie folgte dem Fahrweg nach Norden.
»Das werden nicht die Letzten gewesen sein«, bemerkte Schwester Berichterstatterin, als wir aus dem Busch krochen und den sich entfernenden Hufschlägen lauschten. »Glücklicherweise haben unsere früheren Überfälle sie wahrscheinlich davon überzeugt, dass es eine gute Idee ist, beisammen zu bleiben. Trotzdem…«
»Ich werde die Spitze übernehmen«, erbot ich mich.
Sie nickte, und ich schritt voraus, achtete aber darauf, dass ich in Sichtweite blieb. Wir setzten den Marsch fort, langsamer und vorsichtiger. Im Laufe des Nachmittags wichen wir zwei weiteren Streifabteilungen aus, bevor wir die Stelle am Fahrweg fanden, wo wir auf ihn gestoßen waren, nachdem wir den Eingang zum Bau verlassen hatten und querfeldein gewandert waren.
Es war nicht schwierig, Verstecke zu finden, weil wir die Umhänge aus Tarnstoff verwenden konnten. Wir verwischten unsere Spuren mit aller gebotenen Sorgfalt und warteten. Unser Proviant aus Brot und Käse kam uns jetzt zustatten.
»Wie machen wir ihnen klar, dass wir hinein müssen?«, fragte ich.
»Sie werden es rechtzeitig wissen«, meinte Schwester Berichterstatterin. »Arienne sagte, sie würden diesen Eingang bewachen, also werden sie uns schon gesehen haben. Sie werden erst öffnen, wenn es ganz dunkel geworden ist, weil Nathans Leute das Land durchstreifen. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Dass Arienne nicht bei uns ist, wird sie nervös machen. Wir müssen es ihnen sehr freundlich und überzeugend beibringen.«
Langsam sank die Sonne tiefer. Der Frühling hatte längst das Land erobert, und die Heide stand in voller Blüte. Bienen arbeiteten geschäftig, um ihre Brut zu versorgen. Da ich im warmen Sonnenschein kaum etwas anderes zu tun hatte, sorgte ich mich.
Endlich wurden die Schatten länger. Als die Dunkelheit zunahm, stiegen wir zu der Stelle am Hang hinauf, wo wir gewesen waren, als Arienne uns das letzte Mal die Augenbinden abgenommen hatte. Wir stellten uns wieder so auf, dass wir hangabwärts das Tal überblickten, und ich hatte wenigstens einen geeigneten Stoffstreifen, um mir die Augen zu verbinden. Es war Ariennes Talisman. Silvus und Schwester Berichterstatterin begnügten sich damit, die Augen zu schließen.
Die Türen der Unterirdischen bewegen sich nahezu lautlos. Ich versuchte nicht zusammenzuschrecken, als eine kühle, harte kleine Hand meinen Unterarm berührte. Ich bewegte mich, wie sie mich dirigierte, und die Geräusche der Welt nahmen nach ein paar Schritten eine andere Qualität an. Nur ein Druck auf die Ohren verriet mir, dass die Tür hinter uns
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