Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
fortschicken musste, ohne selbst das Kommando zu führen, wurmte ihn ersichtlich.
»Befehlen Sie Capitaine Okefori, sofort mit voller Kraft auf die Brücke zuzulaufen und einen Transfer ins Arbedian-System durchzuführen. Er soll dort umgehend mit Esterhazy Kontakt aufnehmen und sich über die Lage informieren.«
»Ja, mon Commandant.«
»Dann geben Sie Bereitschaftsalarm für das Geschwader. Landurlauber sind zurückzurufen. Ich werde das Kommando an Bord der Flavius Aetius aufschlagen. Benachrichtigen Sie Capitaine Decroux, er soll meinen Leitstand vorbereiten.«
»Ja, mon Commandant. Weitere Befehle?«
Hogan seufzte. Er hasste rhetorische Fragen, vor allem aus dem Mund seines Flaggoffiziers. DeVries wusste exakt, was jetzt noch zu tun war.
»Stellen Sie eine Verbindung mit Gouverneur Fallada her. Und senden Sie eine Nachrichtensonde Richtung Terra. Je schneller wir die Verantwortung abwälzen können, desto besser.«
DeVries nickte und machte kehrt. Für einige Momente herrschte wieder Stille in Hogans Büro. Er starrte auf die Tischplatte und wünschte sich, an einem ganz anderen Ort zu sein. Seit dem letzten Kolonialkrieg hatte er seine Ruhe gehabt, soweit man das Leben als ranghoher Militär in diesem Sumpf, der sich Irdische Sphäre nannte, als ruhig bezeichnen konnte. Hogans Rolle im Kolonialkrieg war unspektakulär gewesen, und das in positiver wie negativer Hinsicht. Er hatte sich nicht an den unzähligen Grausamkeiten und sinnlosen Gemetzeln beteiligt, für die Admirale wie Sikorsky bekannt geworden und befördert worden sind. Das war gut, denn er gehörte damit zu jenen Männern, die noch ein gewisses Maß an Respekt vor sich selbst und ihrer Uniform bewahrt harrten. Negativ war dies deswegen, weil er dadurch trotz seiner Ausbildung und Intelligenz niemals eine Chance hatte, über seinen derzeitigen Dienstgrad hinaus zu gelangen – nicht zuletzt deswegen, weil die meisten der anderen Offiziere kein Interesse an Respekt, sondern mehr an Pfründen, politischem Einfluss, Sonderzuwendungen und einfachen, jedoch gut dotierten Posten hatten. Hogan gehörte nicht zu dieser Clique, hatte aber permanent mit ihr zu tun, und das war zwar einem sinnlosen und grausamen Krieg in jedem Falle vorzuziehen, aber nicht notwendigerweise »ruhig«. Vor allem trug es nicht zur individuellen Zufriedenheit des Offiziers bei. Seine Frau hatte ihm schon mehrmals damit in den Ohren gelegen, doch zu quittieren und in die Speditionsfirma ihres Bruders einzusteigen. Mit seinen Kontakten in der Flotte mochte das vielleicht sogar Sinn machen, aber seine Begeisterung für diesen Vorschlag hielt sich trotzdem in eng bemessenen Grenzen. Nicht von etwas ablassen wollen, was einem im Grunde ein Leben lang nur Frustrationen bereitet hatte, machte aus Hogan einen latent depressiven Charakter. Dass er immer noch bei geistiger Gesundheit war, hing vor allem damit zusammen, dass es auf Ambius III Kakaobohnen gab. Und dass hier aus diesen Bohnen die beste Schokolade der Sphäre hergestellt wurde.
Dennoch, in exakt diesem Moment wünschte er sich nichts mehr als eine Auseinandersetzung mit der Admiralität über eine Beförderung eines jungen Lieutenants, der aufgrund seiner Verwandtschaftsbeziehungen auf einen Posten jenseits seiner Fähigkeiten gehoben werden sollte. Wenn er dadurch das abwenden konnte, wovor ihn sein Instinkt nun warnte, war er zu jedem Opfer bereit.
Doch das war Wunschdenken. In wenigen Minuten würde Gouverneur Fallada sich melden, übellaunig wie immer, wenn man ihn von einer seiner Partys wegrief, auf denen er sich fast permanent befand. Hogan würde versuchen, ihn von einer Gefahr zu überzeugen, für die der Bürokrat kein Verständnis aufbringen konnte, da ihm jeder Referenzrahmen fehlte. Es würde eine heftige, aber extrem kühle Auseinandersetzung geben. Aber Hogan hatte eine Befehlskette einzuhalten, und in einem Knotensystem wie Ambius war der Gouverneur militärischer Oberbefehlshaber, wenn kein Offizier von Admiralsrang zugegen war. Zwar wurde ein solcher in den nächsten Tagen erwartet, doch so lange konnte Hogan nicht warten. Er würde Anweisungen geben müssen, mit oder ohne das Einverständnis Falladas. Im Zweifel musste er seinen Kopf dafür hinhalten.
Der Monitor der Kommunikationseinheit erhellte sich. Das Gesicht von de Vries erschien.
»Commandant, der Gouverneur ist nicht erreichbar. Sein Büro teilte mir mit, dass er derzeit in einer wichtigen Angelegenheit außer Haus sei.«
Hogan kannte
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