Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
diese »wichtigen Angelegenheiten«.
Fallada verbrachte Tage im Vergnügungsviertel von Ambius City und vertrieb sich die Zeit mit teuren Drogen und billigen Frauen, natürlich bezahlt von seinem Spesenkonto.
Die normalen Amtsgeschäfte führte dann sein Stellvertreter, der aber die chemischen Elemente nicht wert war, aus denen er bestand und vor allem niemals eine eigene Entscheidung treffen würde.
»Sie haben die Dringlichkeit meines Ansinnens deutlich gemacht?«, fragte Hogan unnötigerweise.
»Ja, Commandant. Mehrfach und nachdrücklich. Und noch etwas: Eine weitere Nachrichtensonde ist in der ER-Station angekommen. Die Transmission kam eben hier an.«
»Geben Sie mir die Kurzfassung.«
DeVries schaute an der Kamera vorbei auf einen ihrer Schirme.
»Eine Sonde wurde bei Annäherung auf den Bogey zerstört. Esterhazy geht davon aus, dass er jetzt eine militärische Gegenoperation durchführt.«
DeVries verwendete die Gegenwartsform, obgleich beide wussten, dass all das viele Stunden her war. So entstand immerhin die Illusion, als habe man noch irgendetwas unter Kontrolle.
»Kein Irrtum?«
»Wollen Sie doch die Langfassung?«, versetzte die Frau. Hogan grinste. DeVries mochte das Opfer seiner periodischen Wutausbrüche sein, aber sie konnte genauso gut austeilen wie einstecken.
»Der Gouverneur ist außer Haus, ja?«
»Exakt.«
»Wir haben einen Verteidigungsfall und der Mann ist nicht erreichbar.«
»Nun …«
Hogan seufzte. »Geben Sie mir Bersson.«
Das Gesicht von de Vries verschwand und wurde einen Augenblick später durch das von Marechal Bersson ersetzt. Er war der ranghöchste Unteroffizier der Truppe von Marinesoldaten, die die Leibgarde des Gouverneurs darstellte. Der eigentliche Kommandierende war ein junger Lieutenant, der über drei Ecken mit Fallada verwandt war und aller Wahrscheinlichkeit seine Vorlieben zur Freizeitgestaltung teilte.
»Commandant?«
Bersson war alt, stand zwei Jahre vor seinem Ruhestand. Er hatte, wie alle fähigen Unteroffizier, einen untrüglichen Instinkt dafür entwickelt, wenn seine Vorgesetzten wirklich etwas auf dem Herzen hatten. Hogan hatte ihm in den letzten zehn Jahren, die er auf Ambius stationiert war, gut ein Dutzend Mal ein Offizierspatent angeboten, doch der Marechal hatte abgelehnt. Hogan konnte es ihm nicht einmal übelnehmen. Jetzt war Bersson der Einzige, auf den er sich unten verlassen konnte. Er und eine kleine Truppe von Marinesoldaten, die der Marechal in den Jahren erfolgreich von der wachsenden Dekadenz und um sich greifenden Unfähigkeit in der Truppe hatte bewahren können.
»Carl, ich habe ein Problem.«
Bersson nickte. Er schien nichts anderes erwartet zu haben.
»Wo ist der Gouverneur?«
»Er ist im ›Kleine Dame‹ im Hafenviertel. Drei meiner Jungs stehen vor seiner Tür, der Lieutenant ist mit ihm drin.«
Berssons Gesicht war nicht anzusehen, was er damit genau meinte, und er musste auch nichts dazu sagen.
Hogan wusste Bescheid.
Und es war ein Hinweis auf die Zuverlässigkeit von Berssons Männern, dass sie vor der Tür standen und sich nicht dazu gesellt hatten.
»Bersson, wir haben eine kleine Krise, die sehr schnell eine große Krise werden kann. Ich benötige dringend die Bestätigung einiger Befehle durch den Gouverneur.«
»Soll ich ihn anpiepen?«
»Blödsinn. Sein eigenes Büro lässt mich nicht an ihn heran. Ich habe keine Zeit, um Fallada mit großer Überzeugungsarbeit zwischen den Beinen seiner aktuellen Gespielin hervorzuziehen und mit ihm zu diskutieren. Ich brauche seine Unterschrift schnell und ohne endlose Diskussionen.«
In Hogan arbeitete es und Wut staute sich auf. Die dadurch generierte Energie benötigte er jetzt auch, um die Angst zu überdecken, die er vor der nächsten Meldung aus Arbedian hatte. Er ahnte, dass sie nichts Besseres enthalten würde.
Bersson zeigte den Anflug eines Lächelns.
»Ihre Befehle, Commandant?«
War da Vorfreude in seinem Unterton? Hogan wollte es nicht glauben.
»Sie nehmen sich ein Dutzend Ihrer Männer, auf die Sie sich unbedingt verlassen können. Sergent Clopitzki und das Team von Caporal Makato würden mir da einfallen.«
»Die fallen mir auch ein.«
Es war Vorfreude.
»Sie fliegen ins Hafenviertel und holen den Gouverneur aus seiner Lusthöhle. Sie diskutieren nicht lange mit ihm und schleppen ihn in sein Büro. Keine Handgreiflichkeiten, aber resolut. Berufen Sie sich auf einen Notstand, Fallada kennt die entsprechenden Gesetze sowieso nicht. Ich nehme
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