Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum
vorhanden. Wir müssen üben und nochmals üben.«
»Der Admiral hat einen Manöverplan vorgeschlagen. Morgen gibt es eine Besprechung aller Kommandanten auf dem Flaggschiff. Wir werden dies in unseren eigenen Drill einarbeiten müssen.«
Lavalle zuckte mit den Achseln.
»Ich bin dafür. Während du beim Admiral auf dem Schoß hockst, empfange ich unser Kontingent an Marinesoldaten. Wir sollen zwölf Mann bekommen und ich weiß noch nicht, wo ich sie unterbringen soll.«
Jedes Schiff der neuen Flotte wurde mit Infanteristen ausgestattet. Es gehörte zur Doktrin der geplanten Invasion, havarierte Tentakelschiffe zu entern und als Prise heimführen zu können, um mehr über den Feind und seine Technologien zu erfahren. Das war mal ein Bestandteil der aktuellen Strategie, den Beck gutheißen konnte. Den Rest, den er kannte, fand er nicht sonderlich überzeugend. Andererseits, so musste er zugeben, fiel ihm auch keine allzu gute Alternative ein. Die Tentakel schienen, so zumindest die bisherigen Erkenntnisse, nicht viel von taktischer Raffinesse zu halten. Sie griffen mit einer überlegenen Übermacht an und schienen, was ihre Kampfeinheiten anging, auf Verluste nicht allzu schmerzhaft zu reagieren. Das machte es auf der einen Seite für die Sphärenflotte leicht: sie konnte versuchen, mit einer ausgeklügelten Taktik die eigenen Verluste zu minimieren. Auf der anderen Seite durfte sie nicht mit so etwas wie einer Kapitulation rechnen. Die Tentakel würden bis zum letzten Pseudopodium kämpfen. In den Schiffen würde das auch gelten – und daher die Marineinfanterie.
»Du machst das schon«, tröstete Beck und erhob sich. »Übernehme das Kommando bis zur kommenden Schicht. Ich will die ersten Drills persönlich überwachen, bis ich zum Flaggschiff muss. Bis dahin lege ich mich noch etwas hin.«
Lavalle deutete einen militärischen Gruß an und nahm Becks Platz auf dem Kommandosessel ein.
Es würde eine lange und anstrengende Wartezeit werden.
16 Lydos
»Und das Theater wiederholt sich wirklich jeden Tag?« Der leichte Unglaube in Dolcans Stimme war nicht zu überhören, und Rahel konnte es ihm kaum verübeln. Sie hockten alle zusammen in dem kleinen Unterstand unter einer photoaktiven Tarndecke, einer weitaus primitiveren Variante des Chamäleonüberzuges von Toomas Kampfrüstung. Dolcan, immer noch mit dem Kopf schüttelnd, Maschek, der sich in einen regenfesten Umhang gehüllt hatte sowie die beiden jungen Milizionäre, Janko Hafk und Didier Kuntz. Die wiederum glaubten Rahel jedes Wort, und das nicht nur, weil Maschek ihrer Darstellung nicht widersprach, sondern weil Tooma für sie mittlerweile offenbar den Rang einer Halbgöttin auf Landgang erreicht hatte. Tooma wollte gar nicht wissen, was ihnen die anderen Flüchtlinge alles erzählt hatten. Dolcans Zweifel waren angesichts dieser Heldenverehrung eine nahezu erfrischende Alternative, und so tat Rahel alles, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, als sei ihr die misstrauische Nachfrage des Piloten lästig.
»Ziemlich exakt, ja. Maschek und ich haben uns das lange genug angeschaut und wir konnten in der letzten Woche keine Veränderung im Verhalten feststellen.«
Alle beugten sich über den Plan des Tempels und seiner Umgebung, den sie auf der Basis ihrer Beobachtungen gezeichnet hatten. Rahel deutete auf einen Bereich im Nordwesten.
»Dort ist der Eingang, den die Menschen nehmen – die Transporte werden zwar durchaus abgefertigt, aber nur nachlässig kontrolliert. Wenn die Tentakel keine telepathischen Fähigkeiten haben – wovon ich nicht ausgehe – dann werden sie nicht herausfinden, wenn wir einen der Reisenden durch jemanden von uns ersetzen.«
»Aber …«
Rahel hob die Hand.
»Ich bin mir der Einwände durchaus bewusst, aber es gibt keine erkennbaren Identifikationskontrollen. Keine Ausweise, keine Scans, keine anderen Maßnahmen. Es wird offenbar nur kurz überprüft, ob der Gleiterbus voll besetzt ist. Dann wird er quasi hindurch gewunken.«
»Unser Überfall wird die Kontrollen aber sicher sofort verschärfen!«, wandte Dolcan ein. Die beiden Milizionäre sahen ihn an, als würde er durch seine zweifelnden Nachfragen so etwas wie Gotteslästerung betreiben, was den Piloten erkennbar nicht störte. Rahel hatte die Befürchtung, dass die kritiklose Akzeptanz all dessen, was sie zu sagen hatte, eher dazu führte, dass die beiden jungen Männer Fehler machen würden – fatale Fehler möglicherweise. Ein Grund mehr, für den
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