Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum
gab. Diejenigen, die die Flucht nach Terra geschafft hatten, waren sehr dünn über die beiden Angriffsflotten verteilt worden, alles in allem waren es keine dreißig in verantwortungsvoller Position, und ein weiteres Dutzend, das die Beförderungsleiter in Lichtgeschwindigkeit hinaufgefallen war, was nicht jedem gut tat.
Zu denen, die sich mit einer schnellen Beförderung ausgesprochen wohl fühlten, gehörte Lieutenant van Vickers. Der ehemalige »Chefmaschinist« der Admiral Malu war zum stellvertretenden Chefingenieur der Apostata ernannt worden, nachdem Beck ihn ausdrücklich angefordert hatte. Er war sich über die Tatsache bewusst, dass eine der ersten Amtshandlungen des plötzlich mit einem Offizierspatent versehenen ehemaligen Sergenten gewesen war, eine Destille in einer stillen Ecke des Maschinenraums zu errichten, um damit all jene Flottenvorschriften zu verletzen, wegen deren er ursprünglich auf die Malu strafversetzt und mehrfach degradiert worden war. Doch für Beck war van Vickers »Familie«, und angesichts der Endzeitstimmung, die sich auch in der Flotte zunehmend breit machte, suchte man die Gesellschaft jener, mit denen man sich verstand. Beck war immer noch der Inbegriff des korrekten Führungsoffiziers, seine Uniform makellos, sein Insistieren auf Formalitäten enervierend. Doch van Vickers war seine heimliche Sünde, und er fand zunehmend Gefallen daran, ohne es offen zu zeigen.
Ganz abgesehen davon tat der frischgebackene Lieutenant seine Arbeit ohne Fehl und Tadel, und er hatte Beck seine unbedingte Loyalität geschenkt, nachdem klar war, dass Haark mit anderen Aufgaben betraut worden war.
Van Vickers war nicht der einzige Malu -Veteran, der es auf die Apostata geschafft hatte. Simmons, befördert zum Sergent, und immer noch der ewig kränkliche, dürre Jüngling wie damals, saß in der Nachrichtenstation und sah aus, als würde er jeden Augenblick versterben. Doch auch er hatte seit seinem Dienstantritt keinen Grund zur Klage gegeben.
Er war Familie und Beck hatte sich vorgenommen, für die Familie zu sorgen.
Er führte eine Liste aller ehemaligen Besatzungsmitglieder und deren neue Positionen. Er verschickte hin und wieder E-Mails und sorgte dafür, dass Leute in Kontakt blieben. Ohne es zu wünschen, hatte das Oberkommando durch das Strafversetzen unerwünschten Personals auf die alte Malu dafür gesorgt, dass dort ein besonderer Corps d'Esprit entstanden war – und dieser war durch die Rettung von 40.000 Flüchtlingen aus Arbedian und den anschließenden Medienhype nur noch gesteigert worden. Sikorsky hatte das schließlich erkannt und die Malu -Veteranen so weit wie möglich über die Flotte verstreut. Aber Beck hatte sie alle gefunden, und sie blieben in Kontakt.
»Rufus, wir beginnen mit den Drills pünktlich zur nächsten Schicht!«, wandte sich Beck nun an seinen ersten Offizier, Rufus Lavalle, der zu den wenigen erfahrenen Offizieren an Bord gehörte. Vor seiner Versetzung hatte er zwei Jahre als Dritter Offizier auf einem Flottentender gedient und seine derzeitige Stellung entsprach damit tatsächlich in etwa seinem Dienstalter. Lavalle war ein uninspirierter Offizier, das hatte Beck feststellen können, aber offenbar zuverlässig und berechenbar. Angesichts der vorhandenen Personaldecke in der Flotte konnte Beck nicht viel mehr erwarten, und so hatte er sich, ganz im Kontrast zu seinem sonstigen Verhalten, schnell um ein freundschaftliches und vertrauliches Verhältnis zu seinem Stellvertreter bemüht. Er brauchte Leute, auf die er sich unbedingt verlassen konnte, und diese waren schwer zu finden. Für ihn war die Mannschaft der Apostata immer noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, egal, wie viele Akten er auch schon gewälzt hatte. Und der Zeitdruck bei der Indienststellung des Schiffes hatte ihn bisher an den persönlichen Gesprächen gehindert, die notwendig gewesen wären, um sich ein besseres Bild zu machen. Der Schwere Kreuzer hatte 167 Mann Besatzung, und es würde dauern, bis er sich mit jedem einmal in Ruhe zusammengesetzt hatte.
Falls er überhaupt dafür Zeit finden würde.
Rufus Lavalle bestätigte den Befehl Becks mit einem Kopfnicken. Er machte eine Handbewegung auf die taktische Darstellung.
»Und? Wann werden wir losschlagen?«
»Sobald Sikorsky es in seiner endlosen Weisheit beschlossen hat.«
»Je später, desto besser. Die beiden Flotten sind bisher nicht viel mehr als Ansammlungen von Schiffen. Koordination und Taktik sind faktisch nicht
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